Haben wir eben gerade aufmerksam zugehört oder besser noch mitgelesen, als das achte Kapitel des Hoheliedes vorgelesen wurde? Das junge Mädchen aus dem Hohelied sagt: Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme (Hld. 8,10). Sie spricht sehr offen über ihre Brüste. Ich habe meine Zweifel, ob in unserer Gemeinde alle Frauen, besonders die jungen Frauen und die jungen Mädchen das so tun würden. Und wenn die Jungen über die weiblichen Brüste sprechen, hat das häufig einen anzüglichen, schlüpfrigen Unterton. Aber dieses Mädchen singt darüber ganz offen. Wir werden noch sehen: Das, was sie zum Ausdruck bringt, ist keineswegs unanständig. Im Gegenteil.
Überhaupt spricht das Hohelied sehr unbefangen über das Thema Sexualität. Dieses Buch aus der Heiligen Schrift schildert sehr offen die Gefühle, die ein junger Mann und eine junge Frau zueinander haben. Wenn wir einmal darauf achten, wer von den beiden in den Dialogen mehr spricht, stellen wir fest, dass Salomo mehr als die Hälfte der Worte dem jungen Mädchen in den Mund legt…
Das Hohelied beginnt auch gleich mit dem, was sich die junge Frau sehnlich wünscht: Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes, denn deine Liebe ist besser als Wein (Hld. 1,2). Das, was die beiden füreinander empfinden, ist intensiv. Sie sind von einem tiefen Verlangen zueinander erfasst, nicht nur, aber auch nach dem Körper des bzw. der anderen. Sie singen übereinander, und das sehr offen. Umso erstaunlicher ist es, dass es bei aller Offenherzigkeit im Hohelied nirgendwo unschicklich zugeht.
Das Hohelied wurde in den Kanon der Heiligen Schriften aufgenommen, weil es zu den Büchern gehört, die der Heilige Geist eingegeben hat. Auch wenn das junge Mädchen ihre Brüste erwähnt, hören wir darin die Stimme des Heiligen Geistes.
Der Geist, der in uns wohnt, wie Paulus es in 1.Korinther 6,19 schreibt, bezeugt: Unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist als der Bewohner unserer Seele und unseres Leibes sagt im Hohelied viel über die Sexualität. Mehr noch: Er will mit diesem Buch unserem Liebesverlangen eine Stimme geben. Nicht zuletzt auf diese Weise will er darüber wachen, dass wir unsere Seele und unseren Leib rein und sauber bewahren.
Aber ist uns das heutzutage überhaupt noch möglich, „keusch“ im Blick auf die Sexualität zu denken, rein zu fühlen … angesichts all des Schmutzes, der tagtäglich in unsere Seele gespült wird? Gelingt es uns, während der Zeit des Kennenlernens, des Befreundetseins und dann auch in der Verlobungszeit und nicht zuletzt auch dann, wenn wir verheiratet sind, so zu leben, dass wir vor Gott bestehen können?
Wie verhält es sich, wenn wir alleinstehend sind? Denn zu einer heiligen Lebensführung sind auch diejenigen unter uns aufgerufen, die ledig sind. Der Apostel Paulus schreibt ausnahmslos an alle in der Gemeinde: Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr euch der Unzucht enthaltet (1Thess. 4,3). Noch einmal die Frage: Wie verhält es sich im Blick auf unsere Sexualität mit einem heiligen Leben?
Der Apostel Paulus schrieb den ersten Korintherbrief an eine Gemeinde in einer Hafenstadt. In dieser Hafenstadt war immer was los, nicht nur dann, aber auch, wenn die Seeleute Ausgang hatten. Der Brief ist in eine Situation hineingeschrieben, in der die Christen verwirrt waren im Blick auf ihre Geschlechtlichkeit. Sie waren verunsichert in zweierlei Hinsicht.
Einerseits stellte sich ihnen angesichts der tagtäglich erlebten sexuellen Verwahrlosung und Verwilderung die Frage: Ist es für uns Christen nicht moralisch geboten, sich von allem, was mit Sexualität zu tun hat, zu distanzieren? Paulus antwortet: Nein, es geht bei unserer Sexualität nicht um eine prinzipielle Ablehnung. Aber das Ausleben deiner Sexualität gehört in die Ehe: Deswegen habe jeder seine eigene Frau und die Frau ihren eigenen Mann, gerade angesichts der Hurerei um euch herum (1Kor. 7,2).
Selbstverständlich heißt das, dass es außerhalb der Ehe keine Geschlechtsgemeinschaft geben darf. Dies setzt die Heilige Schrift überall voraus. Denken wir an Joseph und Maria. Das war ja das Problem, dass die beiden noch nicht verheiratet waren, aber Maria ein Kind erwartete.
Sexualität ist nicht etwas Schlechtes. Aber sie gehört in die Ehe. Das ist die Botschaft nicht nur des Neuen, sondern auch des gesamten Alten Testamentes (zum Beispiel 5Mos. 22,13–19.28.29).
Dann aber kam bei den Korinthern die Überlegung auf, die in die genau entgegengesetzte Richtung zielte. Ich nenne es häufig die sogenannte Glas-Wasser-Theorie: Jeder Mensch hat leibliche Bedürfnisse. Dazu gehören Essen und Trinken und eben auch Sexualität. Wenn man Hunger hat, dann holt man sich etwas zu essen. Wenn man Durst hat, dann geht man zum Kühlschrank und trinkt etwas. Und wenn man sexuelle Bedürfnisse hat, dann – so die Gedankenführung weiter – besucht man das Rotlichtviertel, zumal, so die Rechtfertigung, der Leib doch sowieso vergeht.
Genau auf diese Frage geht der Apostel Paulus in 1.Korinther 6,12–20 ein. Paulus macht hier nachdrücklich eine Unterscheidung: Im Blick auf Essen und Trinken gilt: Die Speisen sind für den Bauch und der Bauch für die Speisen. Gott aber wird diese und jene wegtun (1Kor. 6,13), also egal ob du dir Reformkost einverleibst, vegetarisch oder vegan lebst oder ob du dir gelegentlich ein Schnitzel schmecken lässt.
Daraus könnte man jetzt ableiten: Und Entsprechendes gilt dann auch für meine sexuellen Bedürfnisse: Dann hole ich mir das, wonach mein Verlangen ist, wo ich es herbekommen kann. Aber dazu schreibt Paulus völlig anders: Der Leib aber ist nicht für die Unzucht, sondern für den Herrn, und der Herr für den Leib. Gott hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft (1Kor. 6,13.14).
Mit anderen Worten: Wenn es um die Sexualität geht, hat Paulus nicht die Vergänglichkeit des Leibes im Auge, sondern er sieht unsere Geschlechtlichkeit im Horizont der Ewigkeit. Der Apostel sagt also nicht, dass unser Leib ja sowieso vergehen wird, sondern er schreibt: Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder des Christus sind? Soll ich nun die Glieder des Christus nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne!(1Kor. 6,15). Was wir mit unserer Sexualität anstellen, hat geistliche Konsequenzen. Denn unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes. Das heißt: Unsere Sexualität ist ein außerordentlich geistliches Thema.
Ich verrate niemandem ein Geheimnis: Unsere Gesellschaft ist durchsexualisiert. In nahezu jedem Reklame- oder Werbespot wird mit Sex geworben. Videoclips zielen auf unsere sexuellen Phantasien und Begierden. Filme und Bücher sind von dieser Thematik durchsetzt. Wenn man heute über Liebe spricht, dann geht es vielfach um nichts anderes als um: „Ich will mit dir ins Bett.“
In einer solchen Kultur, in der so platt, so kalt, so schäbig, so animalisch mit der menschlichen Sexualität umgegangen wird, sollen wir ein heiliges Leben führen?! Ich bin davon überzeugt, dass Gott der Herr gerade wegen solcher Fragen das Hohelied gegeben hat.
Als der König Salomo das Hohelied abfasste, lag die Richterzeit nur wenige Jahrzehnte zurück. Damals wüteten die sexualisierten Fruchtbarkeitskulte wie zum Beispiel der Baalismus. Diese Denkweise hatte sich in das Volk Gottes tief eingefressen. Eine der Hauptgöttinnen dieser kananäischen Religion war Aschera bzw. Astarte. Man stellte diese Göttin als Statue mit vielen Brüsten dar.
Nur wenige Jahre zuvor hatte David die Philister aus dem Land Kanaan vertrieben. Aber auch deren Religion war ein durchsexualisierter Fruchtbarkeitskult. Der Titel der Philisterkönige lautete: „Abimelech.“ Da stecken zwei Worte drin: „Ab“ das heißt „Vater“ (wir kennen es aus „Ab“-raham) und „Melech“ (das Wort kennen wir zum Beispiel aus Melchizedek: König der Gerechtigkeit). „Abimelech“ heißt also so viel wie „Vaterschaft ist Königschaft“, oder auf neudeutsch: Sexuelle Potenz ist Kingsein.
Dieser Kult rund um die Fruchtbarkeit hatte tiefe Spuren im Volk Gottes hinterlassen. In 1.Samuel 1 lesen wir, dass Elkana zwei Frauen hatte: Penina und Hanna. Die beiden Frauen überboten sich entsprechend der damaligen Werteskala: Wertvoll ist eine Frau nur, wenn sie Kinder hat.
Salomo weiß, dass innerhalb des Volkes Gottes auch zu seiner Zeit Prostitution noch vielfach vorkam. Er verweist nachdrücklich auf die Gefahren der fremden Frauen (Spr. 5,1–23; 6,20–7,27).
Nicht zuletzt gab es da auch noch Salomos eigene Familie, also sein engstes Umfeld, in dem er aufgewachsen war. Bei den Berichten über die Vorgänge in Davids Familie fühlt man sich heutzutage irgendwie an das britische Königshaus erinnert: Der Vater Salomos war ein Ehebrecher. Denken wir an die Sache mit Bathseba. Natürlich war dies ein Thema am Hof. Dann war da sein Bruder Amnon. Er vergewaltigte seine Halbschwester Tamar (2Sam. 13). Dafür brachte Absalom ihn wenig später um.
Es wird berichtet, wie Tamar, nachdem sie von ihrem Halbbruder missbraucht worden war, von ihrem Vergewaltiger kurz darauf verstoßen wurde. Bereits wenig später hasste Amnon sie und suchte sie gewissermaßen zu entsorgen. David, ihr eigener Vater, hörte davon. Aber er bekam seinen Mund nicht auf. Was hätte er angesichts seiner eigenen Vergangenheit auch sagen sollen?
Tamar selbst hielt die ihr zugefügte Schmach nicht mehr aus. Sie zerriss nach dem Missbrauch ihre Kleidung und warf Asche auf ihr Haupt. Mit anderen Worten: Wegen ihrer Herabwürdigung und ihrer inneren Zerrissenheit verunstaltete sich diese junge Frau selbst. Wir können ja einmal raten, warum heutzutage so viele junge Mädchen und Frauen so ungepflegt und geschmacklos herumlaufen. Schließlich lesen wir sogar von ihr: Tamar legte die Hand auf ihr Haupt und lief schreiend davon (2Sam. 13,19). Dass die junge Frau so brutal aufgerissen worden war, trieb sie in die Verzweiflung, sodass sie sich in ihrer Hilfslosigkeit die Hände über den Kopf hielt.
Nein, Sexualität ist keineswegs nur etwas, das mit unserem Äußerlichen, mit unserem Leib zu tun hat. Es betrifft uns ganz.
All das, was da so im Umfeld der königlichen Familie abging, bekam Salomo natürlich mit. Gegen Ende seines Lebens fiel er aufgrund seiner vielen götzendienerischen Frauen ebenfalls. Aber davor hielt es der Heilige Geist für sinnvoll, gerade ihm das Hohelied einzugeben.
Wir wollen heute auf drei Verse dieses Buches hören. Ich predige Ihnen das Wort Gottes aus dem Hohelied 8,8–10 unter dem Thema:
Tür oder Mauer – Unterweisung in einer geheiligten Sexualität
Wir achten auf drei Punkte:
1. Deine Berufung – eine Mauer zu sein
2. Deine Ehe – ein Bollwerk in dieser Welt
3. Dein Leben – in der Hand Gottes, ob verheiratet oder unverheiratet
1. Deine Berufung – eine Mauer zu sein
Meine Brüder und meine Schwestern, wir gehören Christus. Wir sind Glieder Christi. So schreibt es der Apostel Paulus in 1.Korinther 6,15. Der Apostel erinnert daran, dass der Sohn Gottes für uns bezahlt hat: Wir sind teuer erkauft (1Kor. 6,20). Weil wir Christus angehören, sind wir aufgerufen, sowohl mit unserer Seele als auch mit unserem Leib Gott zu verherrlichen.
Als Salomo das Hohelied schrieb, war der Herr Jesus noch nicht gekommen. Aber die Familie, die er uns hier vor Augen führt und in der manche Familienglieder das Wort ergreifen, steht unter Gott.
In der Schlachter 2000-Übersetzung wird durch die Überschrift die Vermutung geäußert, dass die Töchter Jerusalems hier sprechen. Meines Erachtens liegt es näher, an die älteren Brüder zu denken, die gegenüber ihrer kleinen Schwester das Wort ergreifen.
Im Hohelied kommen die Brüder mehrfach vor. Einmal sagt die Braut im Hohelied über sie: Seht mich nicht an, weil ich so schwärzlich bin, weil die Sonne mich verbrannt hat! Die Söhne meiner Mutter zürnten mir. Sie setzten mich zur Hüterin der Weinberge (Hld. 1,6). Offenbar gab es unter den Geschwistern Reibereien. Es waren nicht ernsthafte Konflikte. Aber im Kreis der Geschwister lief nicht alles rund. Im Grunde mochten sie sich. Das sehen wir an dem Wunsch des Mädchens: Ach, dass du mir wärst wie ein Bruder, der die Brüste meiner Mutter sog (Hld. 8,1). Aber so ist das eben unter Geschwistern: Man streitet sich, aber normalerweise hält man zusammen.
In Hohelied 8,8 hören wir, wie die Geschwister ihre jüngere Schwester ansprechen. Bei dem Mädchen, an das sie sich wenden, scheint es sich um einen Nachkömmling zu handeln. Es heißt: Wir haben eine kleine Schwester. Sie hat noch keine Brüste (Hld. 8,8a). Sie war also noch ein Kind. Folglich gab es noch keinen Jungen, der sich nach ihr interessiert umschaute. Für die gleichaltrigen Jungen war sie bedeutungslos – noch.
Ihre Brüder waren bereits älter. Denen war klar, was es heißt, wenn ihre Schwester bald in die Pubertät kommt. Das Mädchen selbst hatte noch kaum eine Ahnung davon, was sie erwartet, also wenn ein Junge einmal auf sie ein Auge werfen wird. Den Brüdern war das klar. In Hohelied 8,8b sagen sie: Der Tag wird kommen, an dem man um sie werben wird. Das werden dann turbulente Zeiten sein.
Wie geht es in solchen Zeiten in einer Familie zu, die zum Volk Gottes gehört und die gottgemäß leben möchte?
Das erste, was wir erfahren, ist, dass die anderen Familienmitglieder auf die kleine Schwester aufpassen. Auf keinen Fall sollte ihr Nesthäkchen in schlechte Gesellschaft geraten. Die älteren Geschwister spielen hier ein bisschen Vater und Mutter. Auch darin hat sich wohl bis zum heutigen Tag wenig geändert. Welche größeren Geschwister sind nicht zutiefst davon überzeugt, dass ihre Eltern ohne ihr aktives Mitwirken bei der Erziehung ihrer jüngeren Geschwister total scheitern würden?
Was sie so untereinander überlegen und beratschlagen, das bekommt natürlich auch ihre kleine Schwester mit. Sie sprechen über sie: Ist sie eine Mauer, so bauen wir eine silberne Zinne darauf. Ist sie aber eine Tür, so verschließen wir sie mit einem Zedernbrett (Hld. 8,9).
Wenn du eine Mauer bist, dann bauen wir darauf eine silberne Zinne. Zinnen befanden sich oben auf einer Stadtmauer. Dahinter pflegten sich die Soldaten zu verbergen, und von dort wehrten sie Angreifer ab. Den älteren Geschwistern stand also bei ihrer Schwester das Bild einer befestigten Stadt oder einer Burg vor Augen. Sie versprachen ihrer kleinen Schwester, ihr sozusagen eine silberne Zinne als Krönung draufzusetzen, wenn sie sich bewahrt. Dann soll sie wie eine Krone im Licht der Sonne glänzen und funkeln. Die Familienmitglieder versprechen ihrer kleinen Schwester: Wenn du eine Mauer bleibst, werden wir dich belohnen, so wie wenn man eine Mauer mit einer silbernen Zinne krönen würde.
Dann aber fügen sie hinzu: Ist sie aber eine Tür, so verschließen wir sie mit einem Zedernbrett. Mit anderen Worten: Wenn du dagegen jeden an dich herankommen lässt, werden wir eingreifen. Wir werden dich dann gleichsam verbarrikadieren, so wie man bei der Gefahr von Eindringlingen das Tor einer Stadt mit Brettern und Balken versperrt: Ist sie aber eine Tür, so verschließen wir sie mit einem Zedernbrett.
Auch wenn das sehr poetisch formuliert ist, ist die Lektion für das Mädchen deutlich: Wenn du in die Pubertät kommst, dann wirst du vor der Entscheidung stehen, wie du dich dann verhalten willst, wenn die Jungs ankommen und an dir Interesse bekunden. Wirst du dann eine Mauer sein oder eine Tür? Die Botschaft, die dem jungen Mädchen von zu Hause mitgegeben wurde, lautet also: Du stehst vor der Entscheidung: Mauer oder Tür. Sei eine Mauer! Bewahre dich rein! Wenn du diesen Weg einschlägst und beibehältst, dann wirst du belohnt werden.
Auch wenn das Hohelied dies aus der Perspektive eines jungen Mädchens schildert, hat das natürlich auch Bedeutung für die jungen Männer: Haltet euch zurück! Ich denke hier an den Rat eines weisen Vaters an seinen Sohn. „Sage niemals zu einer Frau ‚Ich liebe dich‘, solange du nicht bereit bist zu fragen: ‚Willst du mich heiraten?‘ Und frage niemals eine Frau: ‚Willst du mich heiraten?‘, wenn du nicht sagen kannst: ‚Ich liebe dich!‘ und das heißt: ‚Ich opfere mich für dich.‘“
Mit diesem Wort spricht natürlich das Wort Gottes auch das Urteil über die sogenannte neomarxistische Sexualaufklärung bzw. über die Schamlosigkeiten, die heute an öffentlichen Schulen unter dem Thema „Aufklärung“ verbreitet werden und in Teenager-Zeitschriften und sonstigen Medien zur Normalität erklärt werden. In ihnen wird das genaue Gegenteil propagiert: Wenn du nicht sexuell verklemmt sein willst, dann musst du eine Tür sein!
Wie geht ein reichlich ahnungsloses Mädchen, das das Leben weitgehend noch mit arglosen Augen wahrnimmt, mit solchen Belehrungen um? Bezeichnenderweise steht es nicht da. Aber es ist nicht schwer sich vorzustellen, was sie auf die Ratschläge ihrer älteren Geschwister spontan erwidert. Wenn es sich damals genauso verhielt, wie es heute meistens der Fall ist, dann reagierte die kleine Schwester folgendermaßen: „Das geht euch gar nichts an!“ „Mischt euch nicht in meine Angelegenheiten ein!“ „Von euch lasse ich mir nichts vorschreiben!“ „Ich bin schon selber groß!“ –
Aber dann, nach wenigen Jahren ist sie älter geworden. Sie hat bei sich Gefühle des Verliebtseins wahrgenommen, und sie hat auch bemerkt, was es heißt, dass Jungen an ihr Interesse bekunden, und natürlich hat sie auch gelernt, in einer Weise in Erscheinung zu treten, dass man von den Jungs nicht übersehen wird.
Wir alle sind von Geburt an geschlechtliche Wesen. Entweder bist du ein Junge oder ein Mädchen, entweder ein Mann oder eine Frau. Nun weiß ich auch, dass es seit dem Jahr 2018 möglich ist, sich auch noch das Geschlecht „d“ für „divers“ zuzueignen. Ich weiß auch, dass es möglich ist, wenn jemand, der mit männlichen Geschlechtsorganen zur Welt kommt, in seinem Teenageralter erklären kann: „Ich bin weiblich, und ihr alle müsst mich von nun an so ansprechen und behandeln.“
Aber in Wahrheit stellt eine solche Gesetzgebung nur unter Beweis, wie weit das Genderdenken von Gott, dem Schöpfer, und der Realität der Schöpfung entfernt ist. Normalerweise verhält es sich so, dass es bereits im Kindergarten ganz wichtig ist, ob man ein Junge oder ein Mädchen ist.
Nur eine vom Genderwahn besessene Gesellschaft steigert sich allen Ernstes in die Idee hinein, die Geschlechtlichkeit sei lediglich anerzogen. Nur eine Gesellschaft, die Gott den Schöpfer nicht erkennen will, ist dazu verflucht, einen solch absurden Gendermüll für bare Münze zu nehmen. In Wahrheit ist diese Ideologie nichts anderes als grober Unfug. Wir sind geschlechtliche Wesen. Gott schuf den Menschen als Mann und als Frau. So steht es bereits im ersten Kapitel der Bibel (1Mos. 1,27).
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem Jungen und Mädchen anfangen, sich durch die Augen des jeweils anderen Geschlechts zu sehen und zu begreifen zu suchen. Auf diese Weise versucht man zu verstehen, was es heißt, ein junges Mädchen bzw. ein junger Mann zu sein.
Dann kommt das Verliebtsein. Wenn das Interesse am anderen Geschlecht erwacht, erfährt man dies häufig als eine unerhörte Macht, und es nimmt das Denken und das Fühlen junger Leute massiv in Beschlag. Alles dreht sich dann um dieses eine Thema.
Das Hohelied schildert derartige Erfahrungen. Und was wir vielleicht gar nicht erwartet haben und mit einiger Verwunderung beim Lesen dieses biblischen Buches bemerken: Die Heilige Schrift berichtet das alles erstaunlich unbefangen. –
Die drei Verse, auf die wir heute hören, machen dann offenkundig einen zeitlichen Sprung. Das Mädchen ist inzwischen in die Pubertät gekommen. Auf einmal versteht sie, was ihr in ihrem Elternhaus vermittelt wurde. Sie begreift, was ihre Familie meinte, als sie über die Alternative sprach, entweder Tür oder Mauer zu sein. Nun steht sie selbst vor der Frage: Was will ich sein: Tür oder Mauer? Sie fasst den Entschluss: Ich bin eine Mauer. In diesem Zusammenhang fügt sie hinzu: und meine Brüste sind wie Türme (Hld. 8,10).
Gerade angesichts dessen, dass sie erkennt, dass sie eine Frau wird und den Prozess dankbar akzeptiert, in der sich ihre Brüste bilden, setzt sie in ihrem Herzen fest, sich selbst in Anstand zu bewahren: Ich bin eine Mauer (Hld. 8,10).
Von ihren Brüsten spricht sie in diesem Zusammenhang als von Türmen. Mit anderen Worten: Sie entschließt sich, eine rundum sichere und unerschütterliche Festung zu sein, vergleichbar mit einer Mauer, die sogar noch durch Türme befestigt wird. Sie will sich in ihren Wünschen, in ihren Sehnsüchten rein bewahren: Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme (Hld. 8,10a).
Warum fasst sie diesen Entschluss? Wofür will sie ihre Geschlechtlichkeit rein erhalten? Hören wir, was sie selbst dazu sagt, wobei die Heilige Schrift einen weiteren zeitlichen Sprung macht: Da wurde ich in seinen Augen wie eine, die Frieden findet (Hld. 8,10).
Es ist möglich diese Aussage in dieser Weise zu übersetzen, wie es die Schlachter 2000-Übersetzung macht. Aber es gibt noch andere Übersetzungsmöglichkeiten. Vom Zusammenhang her erscheinen mir diese naheliegender: Da wurde ich in seinen Augen wie eine, die sich hingibt. Oder: … die sich ausliefert. Oder auch: … die kapituliert. Frei übersetzt könnte man den Sinn des Satzes wiedergeben mit: … die „Ja“ sagt.
Stellen wir uns eine massive Festung vor. Sie wird belagert. Man rennt gegen sie an. Aber die Tore bleiben verschlossen, und die Mauern brechen nicht zusammen. Wann pflegt man normalerweise die Tore der Stadt wieder zu öffnen? In der Regel geschieht dies dann, wenn die Bewohner festgestellt haben, dass draußen keine Gefahr mehr lauert. Wenn sie erkannt haben: Wir brauchen uns nicht mehr zu verschanzen. Die Lage ist sicher. Ohne Bild gesprochen: Wenn die Braut merkt: Da sind keine Hände, die grob sind, die verletzen wollen, sondern die auf mich warten: gute Hände, vorsichtige Hände, sorgsame Hände, Hände, die nicht Schaden zufügen wollen, sondern liebende, mich bergende Hände.
Nein, dieses Mädchen hat nicht deswegen den Entschluss gefasst, wie eine Mauer mit Türmen zu sein, weil sie ihre Sexualität verneint oder gar verachtet. Das Gegenteil ist der Fall: Sie hat sich zu diesem Schritt entschlossen, gerade weil sie ihre Sexualität hochschätzt. Gerade deswegen öffnet sie sich nicht jedem. Schon gar nicht wirft sie sich leichtfertig weg. Vielmehr bewahrt sie sich für die Ehe.
Selbstverständlich ist das, was hier geschrieben steht, nicht nur eine Botschaft an die jungen Mädchen. Sie gilt gleicherweise für die jungen Männer: Weil du zu Christus gehörst, bewahre auch du dich für die wahre Liebe in der Ehe! Dann wirst du deine Phantasie nicht mit Pornofilmen oder entsprechenden Internetseiten beschmutzen. Die Pornografie vermittelt immer unterschwellig die Botschaft: Es gibt keinen Gott, es gibt keine Gebote, es gibt nur Genuss und Gier. Und wenn deine Kameraden in der Schulklasse mit ihren sexuellen Abenteuern protzen, dann wendest du dich ab, weil du bei deiner Entscheidung bleibst: Um Gottes willen, will ich bis zur Ehe ebenfalls eine Mauer sein.
Die Versuchungen um uns herum sind groß. Angesichts dessen, was wir tagtäglich sehen, können wir uns ihnen nicht völlig entziehen. Aber stürzen wir uns nicht absichtlich in Gefährdungen! Vielmehr wollen wir Gott suchen, damit er uns durch seinen Geist und sein heiliges Wort beschützt, sodass wir unserer Berufung nachkommen, und eine Mauer sind.
2. Deine Ehe – ein Bollwerk in dieser Welt
Eine Mauer zu sein, gilt auch für die Verlobungszeit, also wenn sich zwei entschlossen haben, den Weg gemeinsam zu gehen und bald in den Stand der Ehe zu treten. Die beiden sind im Gebet vor Gott zu der Überzeugung gelangt, dass sie füreinander bestimmt sind. Aber auch dann gilt bis zur Hochzeit: Wir beide vergessen nicht, was Gott uns hier sagt und wollen solange füreinander eine Mauer bleiben!
Die Botschaft dieser Verse aus dem Hohelied lautet nämlich nicht: Bewahrt euch für die wahre Liebe auf. Vielmehr lautet sie: Bewahrt euch für die Ehe auf.
Wir hatten bereits gehört: Geschlechtsgemeinschaft und Ehe gehören zusammen. Außereheliche Geschlechtsgemeinschaft ist gemäß der Heiligen Schrift nicht eine Eheschließung (wie ich es einmal hörte), sondern sie ist das Gegenteil. Sie ist Ehebruch bzw. Hurerei (Unzucht).
Warum ist es eigentlich auch für Verlobte sinnvoll und notwendig, bis zur Ehe eine Mauer zu sein? Warum ist es nicht möglich, bereits während der Verlobungszeit eine Tür zu werden?
Bedenken wir bitte, mit welcher Hauptabsicht Gott uns als geschlechtliche Wesen geschaffen hat. In und mit unserer Sexualität adelt Gott uns als Mann bzw. als Frau, indem er uns an seinem Schöpfungshandeln unmittelbar teilhaben lässt. Durch unsere Geschlechtlichkeit hat Gott uns dazu berufen, an der Entstehung von Wesen beteiligt zu sein, die eine unvergängliche Seele haben. Es ist Gott selbst, der auf unser Mann- bzw. Frausein eine unerhörte Würde und einen geheimnisvollen Glanz legt und damit auch auf die Geschlechtsgemeinschaft: Denn dazu hat Gott am Anfang die Sexualität bestimmt und gesegnet, dass aus eurer Zweisamkeit eine Familie wird (1Mos. 1,28).
Die Hoheit, mit der Gott in der Ehe unsere Sexualität adelt, hat allerdings als Kehrseite – wir brauchen uns nur umzuhören – abgrundtiefes Leid, und zwar dann wenn die Beziehung zwischen Mann und Frau schiefläuft. Und das passiert häufig dann, wenn wir meinen, wir könnten bei dem Thema unserer Geschlechtlichkeit Gott außen vor lassen. Tue es nicht! Spiel nicht mit deiner Geschlechtlichkeit! Mach aus deiner Sexualität kein Objekt deiner Experimentierfreudigkeit! Sei – bis zur Ehe – keine Tür, sondern eine Mauer! Sei in diesem Bereich – um deinetwillen, um euretwillen – achtsam!
Der Heilige Geist sagt es durch den Apostel Paulus unmissverständlich: Gerade mit unserer Sexualität gehören wir nicht uns selbst, sondern Christus, dem Herrn (1Kor. 6,19.20). Folglich gehören der dreieine Gott und unsere Sexualität aufs Engste zusammen.
Beim Thema Sexualität geht es also keineswegs um ein privates, zweiseitiges Stelldichein. Vielmehr hat in diesem Lebensbereich Christus ein gewichtiges Wörtlein mitzureden. Nein! Der Sohn Gottes hat nicht mitzureden, sondern er gibt die Normen vor. Es ist der Herr Jesus Christus, der auch im Bereich deiner Sexualität bestimmt, was zu laufen hat und was nicht. Wir sind von ihm zu kostbar erkauft worden, als dass wir meinen, mit unserem Körper das machen zu können, was uns beliebt. Das ist der Grund, warum der Apostel Paulus den Abschnitt in 1.Korinther 6 mit der Aufforderung abschließt: Ihr seid teuer erkauft, darum verherrlicht Gott in eurem Leib und in eurem Geist, die Gott gehören (1Kor. 6,20).
In der gegenwärtigen Zeit vermögen Christen nur dann ein Leben in Reinheit und Heiligkeit zu führen, und zwar nicht zuletzt im sexuellen Bereich, wenn uns das Eine klar vor Augen steht: Wir sind Christi Eigentum. Das ist der Kern für eine geheiligte Sexualität. Wir gehören nicht uns selbst. Sowohl unser Leib als auch unsere Seele gehören dem, der für uns am Kreuz sein Blut vergossen hat. Darum will Gott im Bereich unserer Sexualität niemals, auch nicht in der Verlobungszeit, dass wir die von ihm gesetzten Grenzen überschreiten oder dass wir uns zu früh wie eine Tür öffnen.
Gott will nicht, dass wir ein Leben in Unzucht führen (1Thess. 4,3). Der Apostel hätte auch schreiben können: Sei eine Mauer!
Das junge Mädchen, das hier das Lied über ihre Liebe singt, lässt sich nicht von den Impulsen eigener Sehnsüchte und Leidenschaften bestimmen. Die junge Frau versteht ihre Beziehung zu dem jungen Mann nicht getrennt von Gott. Deshalb bleibt sie solange eine Mauer bis sie sich dem Mann als Ehefrau hingibt.
Wir können es auch folgendermaßen sagen: Die beiden bewahren sich füreinander auf, bis sie sich bei ihrer Eheschließung einander aus der Hand Gottes empfangen und dann voreinander die Türen öffnen.
In der Ehe dürfen wir einander sexuell genießen. Sexuelles Genießen ist angesichts dessen, was das vom Geist Gottes inspirierte Hohelied uns mitteilt, wahrlich nicht verboten. Im Gegenteil: Gott der Schöpfer hat uns mit dem Verlangen geschaffen, dass Ehemann und Ehefrau sich in Schöpfungslust füreinander zur Verfügung stellen.
Darum genießt in der Ehe die Zeit zu zweit, und dankt Gott für eure Ehe. Wenn du jedoch deine sexuellen Erlebnisse von der Ehe abkoppelst, dann verherrlichst du Gott mit deinem Leib nicht. Und wenn du deiner Phantasie freien Lauf lässt, zum Beispiel durch Pornografie-Konsum, dann verherrlichst du ihn auch mit deiner Seele nicht.
Für die geschlechtliche Gemeinschaft hat Gott der Herr die Ehe geschaffen. Das heißt, die lebenslange Verbindung von einem Mann mit einer Frau.
Auf zahlreichen Hochzeitsanzeigen, die meiner Frau und mir zugesandt wurden und werden, steht häufig so oder so ähnlich: „Gott hat uns beide zusammengeführt“. Eine solche Aussage bringt die Dankbarkeit gegenüber Gott zum Ausdruck, dass man durch die Führung Gottes einander finden durfte. Gehe ich zu weit, wenn ich sage, dass in der Mitteilung, „Gott hat uns zusammengeführt“, auch die Aussage enthalten ist: Wir wissen uns füreinander verantwortlich!?
Johannes Calvin sagte einmal: „Die Ehe ist wie eine Herberge auf der Reise zur Ewigkeit.“ Das ist ein schöner Satz. Es lohnt sich, über diese Aussage nachzusinnen: Gott hat uns den Ehemann bzw. die Ehefrau auch deswegen gegeben, damit die Eheleute auf ihrem gemeinsamen Weg zur Ewigkeit füreinander eine Unterstützung sind.
Wenn wir das erkannt haben, dann blicken wir auf die Ehe mit anderen Augen. Dann wird das gemeinsame Beten in der Ehe nicht zu einer Formalität. Vielmehr erfolgt es aus der Überzeugung, dass meine Frau und ich füreinander vor Gott einstehen und wir uns geistlich beistehen. Selbstverständlich werden wir in der Fürbitte auch für andere eintreten, in erster Linie für die eigenen Kinder, Enkel, aber auch für die Gemeinde, für die Missionare, für die Ungläubigen, mit denen wir zu tun haben, für die Regierenden und für unser Volk, das sich in einem solchen Abfall befindet.
Tatsächlich hat Gott die Ehe mit der Absicht geschenkt, dass sie in dieser Welt ein Bollwerk ist.
3. Dein Leben – in der Hand Gottes, ob verheiratet oder unverheiratet
Bekanntlich verhält es sich nun aber so, dass nicht jeder die wahre Liebe findet, und zwar unfreiwillig. Für den Betreffenden oder für die Betreffende scheint sich die Frage Mauer oder Tür überhaupt nicht zu stellen.
Denken wir auch an die furchtbare Konstellation, dass man in der Kindheit Missbrauchserfahrungen machen musste, sodass man für den Rest seines Lebens die eigene Sexualität gar nicht mehr genießen kann. Nachdem Tamar von Amnon missbraucht worden war, kapselte sie sich von allen Menschen ab und verkroch sich (2Sam. 13,20b). So etwas ist furchtbar!
Aber tatsächlich führt Gott der Allmächtige nicht jeden in eine Ehe. Diejenigen unter uns, denen Gott diese Gabe vorenthalten hat, erfahren diesen Umstand nicht selten als einen tiefen Schmerz. Und gerade dann, wenn über die eheliche Liebe gepredigt wird, fühlen sie sich peinlich außen vor.
Wenn das auf dich zutrifft, dann möchte ich dir im Namen Gottes das Folgende sagen: Bleibe auch in deiner Situation dabei, dass es Gott ist, der dein Leben lenkt. Auf ihn zu vertrauen, kann dann sehr schwerfallen, zum Beispiel dann, wenn dir an den Wochenenden die Decke auf den Kopf zu fallen scheint. Du kannst deine Ehelosigkeit als Bürde erfahren. Aber wenn Gott der Herr sie dir auferlegt, dann nimm dieses Kreuz in Selbstverleugnung an, und trage es! Wenn du nachts vom Gefühl der Einsamkeit überfallen in deine Kissen weinst und dir dein Leben sinnlos vorkommt, vergiss gerade dann nicht, dich an zwei Beispiele zu erinnern:
Zum einen ist es unser Herr Jesus Christus selbst. Er war ebenfalls nie verheiratet. Er versteht dich. Denke in solchen Situationen an ihn!
Wenn dir das Beispiel des Sohnes Gottes zu abgehoben vorkommt, dann denke bitte an den Apostel Paulus. Auch er war nicht verheiratet. Was hat er im Dienst Gottes geleistet, ohne dass er eine eheliche Liebe genießen konnte. Paulus hatte verstanden, dass Gott ihm eine andere Aufgabe zugewiesen hatte. Und eine andere Aufgabe zu haben heißt nicht, dass es eine geringere Aufgabe ist, eher, wenn ich 1.Korinther 7 richtig verstehe, ist es eine sehr wichtige Aufgabe.
Und im Übrigen, selbst wenn es dir gelegentlich so vorkommt, es ist einfach nicht wahr: Du bist in deinem sogenannten „Single“-Dasein keineswegs allein! Vielmehr darfst du um die Kraft des Heiligen Geistes bitten, der in dir wohnt.
Auch wir Verheiratete sollten es nicht übersehen, dass manche von uns gar nicht vor der Frage stehen: Tür oder Mauer.
Aber gerade angesichts des Umstandes, dass unsere Sexualität und die eheliche Liebe so herrliche Geschenke von Gott dem Schöpfer sind, rufen uns der unverheiratete Bruder und die unverheiratete Schwester immer wieder ins Bewusstsein, dass die erotische Liebe nicht das Letzte ist.
An unseren unverheirateten Brüdern und Schwestern erkennen wir, die wir verheiratet sind, dass die Ehe nicht alles ist. Gerade durch sie wird klargemacht, dass die Sexualität uns für die irdische Zeit gegeben ist. Und schon aufgrund der Zeitlichkeit dieser Gabe sollten wir wissen, dass das sexuelle Erleben niemals der höchste Genuss sein kann. Der höchste Genuss ist ein ewiger. Es ist der dreieine Gott.
In der zurückliegenden Woche standen einige von uns am Grab eines Bruders, der nach einer Zeit des gemeinsamen Lebens von 55 Jahren nun seine Frau alleine zurücklässt. Wir lernen: Unsere Ehen sind zeitlich. Irgendwann bleibt einer der beiden zurück. Der Übriggebliebene wird seinen langjährigen Ehepartner auf den Friedhof geleiten. Er wird hinter dem Sarg hergehen, in dem der andere liegt, und er wird es aushalten müssen, in die kalte Gruft zu blicken, in die der Leib seines jahrzehntelangen Lebensgefährten versenkt wird.
Während unsere Ehe zeitlich ist, ist es in einer christlichen Ehe so, dass jeder der beiden für alle Ewigkeit zu Christus gehört. Bei aller Schönheit und allem Glück, das eine Ehe uns schenkt, wollen wir nicht vergessen, dass unsere Ehe – nur – eine Abspiegelung der ewigen Liebe von Christus zu seiner Gemeinde ist.
Unter diesem Blickwinkel, so hoffe ich, fasst es niemand als billigen Zynismus auf, wenn ich sage: Es ist gut, dass unter uns Brüder und Schwestern leben, die gerade dadurch, dass sie nicht verheiratet sind, uns alle immer wieder in Erinnerung rufen, dass der sexuelle Genuss nicht das Ein und Alles ist.
Wenn wir uns in unserer Gesellschaft umschauen, könnte wir ja diesen Eindruck bekommen, als ob sich das gesamte Leben um Sex dreht und dass es jenseits davon nichts gibt, das glücklich machen könnte. Das Wort Gottes lehrt anderes.
Ihr, die ihr jung seid und noch nicht verheiratet, sondern euch auf diesen Lebensabschnitt vorbereitet: Wenn ihr miteinander fest befreundet seid und es euch im Lauf der Kennenlernzeit schwierig erscheint, einen angemessenen Abstand zum anderen zu wahren, zumal das Verlangen zueinander so stark ist, nehmt euch beizeiten vor, euch bis zum Hochzeitstag füreinander aufzubewahren! Vereinbart dies rechtzeitig miteinander! Verhaltet euch dann auch so, dass ihr es einander nicht unnötig schwermacht!
Wenn das wirklich euer fester Entschluss ist, werdet ihr schon von selbst dahinterkommen, dass es keine Super-Idee ist, zu zweit in den Urlaub zu fahren und gemeinsam nachts in ein kleines Zelt zu krabbeln. Gerade wenn ihr euch liebt, sagt vor Gott „Ja“ zueinander. Aber wirkliche, wahre Liebe wird auch „Nein“ sagen. In diesem „Nein“ kann eine viel tiefere Liebe mitschwingen, als wenn man zu schnell zusammen zu weit geht. Jedenfalls, ich hoffe, es ist deutlich geworden: Derartiges entspricht nicht der Berufung, zu der Gott uns als Mann und als Frau berufen hat und für die er uns als sexuelle Wesen geschaffen hat: nämlich um ein heiliges Leben zu führen nach Geist, Seele und Leib.
Wenn man dies beachtet, wird man sich einmal auch nicht vor Gott seinem Richter zu schämen brauchen, übrigens auch nicht voreinander und auch nicht im Blick auf andere Menschen, denen man später bei ihrem Weg in die Ehe beratend zur Seite stehen kann. Darum setzt beide frühzeitig Grenzen! Übt euch im Bereich eurer Sexualität, heilig zu leben! Fasst den Entschluss, bis zur Ehe eine Mauer zu sein!
In unserer Gemeinde wollen wir auch in diesem Bereich einander vermehrt beistehen. Wir wollen einander helfen, egal in welchem Stand sich ein jeder von uns befindet, also ob er Single ist, ob verliebt, verlobt, verheiratet oder verwitwet. Helfen wir uns gegenseitig, um rein und heilig vor Gott dem Herrn unser Leben zu führen. Denn egal ob du verheiratet oder unverheiratet bist: Dein Leben ist in der Hand Gottes.
In dieser Zeit der postmodernen Entgrenzung heißt das: Wir lassen uns auch im Bereich unserer Sexualität von Gott die Maßstäbe vorgeben und halten die Grenzen aus Gottes Wort ein. Oder um es mit den Worten des Hohelieds zu sagen: Bis zur Ehe wollen wir eine Mauer sein, auf der eine silberne Zinne strahlt, um uns nach der Eheschließung in tiefer Liebe einander als Tür zu öffnen und zu schenken, das heißt füreinander zu kapitulieren.
Amen.