Mez McConnell und Mike McKinley, Gemeinde am Brennpunkt. Wie wir als Gemeinde den Bedürftigen und sozial Benachteiligten helfen können

Mez McConnell und Mike McKinley, Gemeinde am Brennpunkt. Wie wir als Gemeinde den Bedürftigen und sozial Benachteiligten helfen können

In letzter Zeit haben Christen ein starkes Anliegen dafür entwickelt, Armen und sozial Schwachen zu helfen und ganze Gesellschaften zu „transformieren“. Oft stehen dabei aber die zeitlichen Bedürfnisse im Fokus und die Botschaft tendiert zu einem „sozialen Evangelium“, das zwar Nächstenliebe predigt und praktiziert, dem aber oft das Herzstück des Wesens Gottes und seines Weges der Versöhnung mit ihm fehlt. Der ganze heilsbringende Ratschluss Gottes kann in eine Armutsgegend nur durch Gottes Mittel hineingetragen werden – und das ist die örtliche Gemeinde mit einem klaren Verständnis für biblische Evangelisation. Fürsorge für Bedürftige ist zum Scheitern verurteilt, wenn die Hilfe nicht in Gottes Konzept der örtlichen Gemeinde verwurzelt ist – denn die Gemeinde ist Gottes verordneter Ausgangs- und Zielpunkt aller Mission. Der Retter Jesus Christus ist in ihr gegenwärtig und sie ist in dieser Welt der Brückenkopf seines Reiches und seines Evangeliums.

Die Autoren dieses einzigartigen Buches, das zur Buchserie von 9Marks gehört („Neun Merkmale gesunder Gemeinden“ von Mark Dever & Co., 9merkmale.de), haben beide ausgiebig Erfahrung mit der Arbeit unter Armen und dienen als Pastoren in Gemeinden in sozialen Brennpunktvierteln. Mez McConnell wurde bereits mit zwei Jahren Waisenkind, wuchs in Heimen auf und landete mit 16 auf der Straße und schließlich im Gefängnis, wo er zum Glauben kam. Er wurde Pastor und arbeitete in Slums und unter Straßenkindern in Brasilien. Aktuell leitet er eine Gemeindeaufbauarbeit in einer schottischen Sozialbausiedlung. Auch Mike McKinley, Pastor einer US-amerikanischen Gemeinde, hat reichlich Erfahrung mit Armut. Teilweise berichten die Autoren von erschütternden Erfahrungen, bei denen man als Leser erstmal tief durchatmen muss. Solche unter die Haut gehenden Schilderungen sind aber nur sehr vereinzelte Zeugnisse ihrer Kompetenz und prägen das Buch keineswegs.

Das Autorenduo bietet in diesem Buch biblische Richtlinien, Korrektur falscher Vorstellungen und praktische Prinzipien und Strategien, um Gemeinden an schwierigen Orten zu gründen oder neu zu beleben. Das Buch gliedert sich in drei Teile mit den Schwerpunkten (1) das wahre, biblische Evangelium, (2) die Ortsgemeinde als von Gott verordnete und konzipierte Institution zur Verbreitung des Evangeliums und (3) die praktische Arbeit unter Armen. Es wird deutlich, dass Gott in seiner Vorsehung ganz besonders Arme und Unterprivilegierte erwählt hat. Wenn auch Reiche und sogar Regenten errettet werden können, scheint dies in der Bibel eher die Ausnahme zu sein. Das Evangelium Jesu Christi verbreitet sich meistens unter solchen Menschen, die nicht zur kulturellen Elite gehören (1Kor. 1,26–29). Hat nicht Gott die vor der Welt Armen auserwählt, reich im Glauben und Erben des Reiches zu sein …?“ (Jak. 2             ,5). Der Ruf Jesu richtet sich besonders an die Mühseligen und Beladenen, die Hungernden und Dürstenden. Aber letztlich an jene, die ihre Armut, Bedürftigkeit und Armseligkeit vor Gott eingestehen, und das sollten wir alle.

Die besondere Stärke dieses Buches ist der Fokus auf die zumeist gravierend unterschätzte Rolle der Ortsgemeinde. Paragemeindliche Organisationen, die losgelöst von Ortsgemeinden arbeiten, und Einzelkämpfer, die meinen, ohne Gemeinde Gott dienen zu können, werden zurecht kritisiert. „Die Gemeinde ist das Herzstück des Rettungsplans Gottes. Seine Liebe gilt nicht einer Vielzahl voneinander isolierter Einzelpersonen, sondern er beruft und erschafft ein Volk, das jetzt „ein Volk Gottes“ genannt werden kann (1Petr. 2,9.10). Und wenn die Gemeinde im Zentrum der Absichten Gottes steht, dann muss die örtliche Versammlung im Zentrum missionarischer Praxis stehen. Das soll nicht heißen, dass Einzelpersonen das Evangelium nicht auch ohne Verbindung zu einer Ortsgemeinde verbreiten können. Wir wollen nur darauf hinweisen, dass eine solche Form von Evangelisation gelinde gesagt suboptimal ist. Gott hat die Gemeinde so entworfen, dass sie das Transportmittel für seine Heilsbotschaft in die Welt ist (S. 29). Es wird deutlich, dass die Gemeinde auch oder sogar gerade für sozial problematische und unterprivilegierte Menschen das genau richtige Konzept ist, um sie im Herzen dauerhaft zu Erlösten und Heiligen umzuwandeln. Anspruchsvolle biblische Auslegungspredigt, Gemeindemitgliedschaft, verbindliche Mitarbeit und Jüngerschaftsbeziehungen, Unterordnung unter die Gemeindeleitung bis hin zu Gemeindezucht sind auch in den problematischsten Umfeldern weder zu viel verlangt noch illusorisch, sondern der einzig gangbare Weg zu fruchtbarer Mission. Hierauf ruht Gottes Segens- und Wachstumsverheißung und die Praxis zeigt oft, wie überraschend bereitwillig sozial Randständige ihren Verstand gebrauchen, um biblische Unterweisung anzunehmen.

Im dritten Teil, in dem es um die praktische Umsetzung geht, gibt es nach den Kapiteln „Bereite dich vor“, „Bereite die Arbeit vor“ und „Sei bereit umzudenken“ auch ein Kapitel über materielle Wohltätigkeitsdienste wie Essenstafeln und Kleiderkammern. Die Autoren hatten erwogen, dieses Kapitel wegzulassen, weil das Evangelium und die Gemeinde im Fokus stehen sollen, aber auch die Barmherzigkeitsdienste gehören zu dieser Arbeit. Doch wird ihr Nutzen ambivalent bewertet, denn solche Angebote können ausgenutzt werden oder sogar das Verharren in Sünde fördern. Letztlich ermutigt aber auch dieses Kapitel, solche Dienste auszuüben, die den Armen im Sinne des bekannten Sprichworts sowohl zu „Fisch als auch zu einer Angel“ verhelfen.

Das Buch ist eine starke Motivation und Hilfe, um Gott und den Armen dieser Welt zu dienen – sei es vor der eigenen Haustür oder in fernen Ländern. Doch auch wenn der Leser nicht unmittelbar mit einem armen Umfeld zu tun hat, lernt er ungemein viel darüber, welche geniale Idee und praktische Kraft Gott in sein Konzept von der neutestamentlichen Ortsgemeinde hineingelegt hat.

Mez McConnell und Mike McKinley, Gemeinde am Brennpunkt. Wie wir als Gemeinde den Bedürftigen und sozial Benachteiligten helfen können. Betanien Verlag / cbuch.de 2022. [ISBN 978-3-945716-53-3]. Paperback. 210 Seiten. Preis: € 12,90.