Gemeinde und Gemeindegründung (teil 13): Evangelisation, Mission und die Ortsgemeinde

Gemeinde und Gemeindegründung (teil 13): Evangelisation, Mission und die Ortsgemeinde

Zweifellos ist jeder einzelne Christ dazu aufgerufen, ein Zeuge Jesu zu sein. Aber der biblische Auftrag zu Mission und Evangelisation richtet sich nicht in erster Linie an den einzelnen Christen, sondern an die Gemeinde. Das bedeutet praktisch: Mission und Evangelisation soll von Gemeinden ausgehen und Menschen in Gemeinden führen. Das wird besonders deutlich bei der Aussendung von Paulus und Barnabas zur ersten Missionsreise (Apg 13,1-4).

Der Missionsauftrag ist ein Auftrag an die Gemeinde

Die Gemeinde in Antiochia war selbst noch sehr jung, als sie sich ihrer Verantwortung bewusst wurde, das Evangelium in die Welt zu tragen. Während sie Gottesdienst feierten, machte ihnen der Heilige Geiste deutlich, dass sie Barnabas und Paulus, zwei ihrer wichtigsten Leiter, zur Mission aussenden sollten.

Die Gemeinde in Antiochia hätte diese beiden Männer sicher auch vor Ort gut gebrauchen können. Mit ihrer Erfahrung hätten sie die wachsende Gemeinde definitiv bereichert. Paulus und Barnabas auszusenden, war ein Opfer. Aber es war auch von vornherein ein Zeugnis der Hingabe und Liebe zu den Verlorenen. Denn wir werden Frucht wirken, wenn wir bereit sind, uns selbst zu verleugnen, wenn wir bereit sind, Opfer zu bringen.

Die Gemeinde hat niemals Selbstzweck! Sie gehört Gott und soll ihm dienen. Wenn eine Gemeinde sich nur noch um sich selbst dreht, stimmt etwas nicht. Gemeinden dürfen nicht selbstzufrieden sein, sondern sollten das Verlangen haben, Gott zu dienen und darum nach seinem Reich zu streben.

Der Auftrag an die Ortsgemeinde ging von Anfang an über die Ortsgemeinde hinaus. In Apostelgeschichte 1,8 verheißt Jesus kurz vor seiner Himmelfahrt den Jüngern, dass sie in drei ‚Gebieten‘ Zeugen für ihn sein werden. Diese drei ‚Gebiete‘ oder ‚Ebenen‘ können wir auf jede Ortsgemeinde anwenden:

  1. Jerusalem/Judäa: Gemeint ist das direkte Umfeld der Gemeinden, ausgehend von ihrer Nachbarschaft, über den ganzen Ort bis hin zum Umland. Es geht hier um die Mission im kulturell bekannten Umfeld.
  2. Samaria: Samaria war nicht wesentlich weiter von den Jüngern entfernt als Judäa, aber der Unterschied war die Bevölkerungsgruppe. In Samaria lebten keine Juden, sondern die von den Juden verachteten Samariter. Angewandt auf heute steht diese Ebene für die Herausforderung bei der Mission kulturelle Grenzen im näheren Umfeld zu überschreiten. Das kann beispielsweise bedeuten, Flüchtlinge im eigenen Land, Menschen in Gefängnissen oder Randgruppen der Gesellschaft zu erreichen.
  3. Bis an das Ende der Erde: Hier geht es darum, das Evangelium in unerreichte Gebiete zu bringen – also das, was man klassisch unter (Welt-)Mission versteht.

Der Begriff Mission wird meistens auf die Verbreitung des Evangeliums in entfernteren Ländern, Evangelisation für die Verkündigung der Botschaft im näheren Umfeld verwendet. In beiden Fällen geht es aber um dasselbe: Menschen mit dem Evangelium zu erreichen.

Doch wie setzen wir diesen Auftrag konkret um? Bei dieser Frage denkt man vielleicht zuerst an evangelistische Straßeneinsätze und besondere evangelistische Gottesdienste oder Veranstaltungen, die man als Gemeinde regelmäßig durchführen sollte. Oder man überlegt, wie man Missionare in fernen Ländern unterstützen kann. Beides ist gut. Aber wir müssen das biblisch vorgegebene Ziel der Evangelisation und Mission im Auge behalten: Gemeindegründungen!

Der Missionsauftrag ist ein Auftrag, Gemeinden zu gründen

Paulus und Barnabas verkündeten nicht einfach nur das Evangelium, damit Menschen zum rettenden Glauben kamen und zogen dann weiter. Sie gründeten Gemeinden und sorgten dafür, dass sich die neuen Christen zu Gemeinden zusammenschlossen. Sie sorgten dafür, dass die Gemeinden treue Älteste bekamen, die das Wort Gottes verkündeten. Nachdem sie ihnen aber in jeder Gemeinde Älteste bestimmt hatten, befahlen sie sie unter Gebet und Fasten dem Herrn an, an den sie gläubig geworden waren (Apg 14,23). Die Apostel waren also darum bemüht, Verhältnisse wie in Antiochia zu schaffen und somit den ‚Kreislauf‘ der biblischen Mission in Schwung zu halten. Denn von diesen neuentstandenen Gemeinden konnten wiederum Missionare ausgesandt werden, um weitere Gemeinden zu gründen.

Peter Schild weist in seinem Büchlein „Gemeinde und Mission“ deshalb zu Recht darauf hin, dass es nicht reicht, irgendwo Schulen, Krankenhäuser und Waisenhäuser zu errichten und dies „Mission“ zu nennen. Biblische Mission muss immer biblische Gemeinden zum Ziel haben: „Denn der Herr hat befohlen, Jünger zu machen und sie zu taufen und zu lehren, alles zu halten, was der Herr Jesus Christus uns geboten hat. Das geschieht in biblischen Gemeinden, unter Aufsicht von biblischen Ältesten.“[1] Deswegen müssen die Themen Evangelisation/Mission und Gemeindegründung immer zusammen durchdacht werden.

Mit diesem Ziel im Blick wollen wir uns nun einige konkrete Möglichkeiten anschauen, wie wir als Gemeinden Ungläubige in unserem Umfeld und auch darüber hinaus erreichen können.

Konkrete Möglichkeiten zur Evangelisation

Der „normale“ Sonntagsgottesdienst

Der sonntägliche Gottesdienst ist nicht nur das Herz der Gemeindearbeit, sondern auch das Herz der Evangelisation, denn im Gottesdienst wird das Wort Gottes verkündet. Wenn wir Menschen zu Jesus führen wollen, müssen wir das Mittel verwenden, welches uns Gott an erster Stelle dafür gegeben hat, die Predigt. Immer wieder heißt es in der Apostelgeschichte, dass sich das Wort Gottes ausbreitete (wörtlich „wuchs“) (6,7; 12,24; 19,20). Paulus nutzte seine Zeit in neu entstanden Gemeinden vor allem zum Predigen und Lehren (16,10; 18,11; 28,31).

Evangelisieren bedeutet also zunächst einmal, Menschen zum Gottesdienst einzuladen. Das heißt jedoch nicht, dass jede Predigt ausdrücklich „evangelistisch“ sein muss. Wir sollen in unseren Gottesdiensten und Predigten Gottes herrliche Eigenschaften und Taten so sehr loben und feiern, dass jeder Gottesdienst unweigerlich evangelistisch ist. Wenn die Zuhörer merken, dass Gottes Wort auch heute etwas zu sagen, mit ihrem Leben zu tun hat und ihre tiefsten Ängste und Wünsche anspricht, werden sie hoffentlich weiterhin unter Gottes Wort kommen wollen. So können sie Stück für Stück das Evangelium kennenlernen und verstehen.

Ein gute Internetseite, auf der die Predigten nach Themen und Bibelstellen geordnet und abrufbar sind, kann hier sehr hilfreich sein. Es lohnt deshalb, hier Geld und Zeit zu investieren.

Straßeneinsatz und Straßenpredigt

Will man durch einen Büchertisch, Gespräche mit Passanten oder auch Straßenpredigten Leute erreichen, ist die Regelmäßigkeit entscheidend. Es ist erstaunlich, wie lange und tiefe Gespräche man über den Glauben und natürlich die Nöte und Lebensfragen der Menschen haben kann, wenn man offen auf sie zugeht. Gemeindeglieder, die die Gabe haben, mit Menschen leicht ins Gespräch zu kommen und dabei noch über den Glauben zu reden, sollten sich hier besonders einbringen. Andere können aber einfach durch ihr „Dabeisein“ den Straßenprediger unterstützen.

Bei allen Bemühungen sind die Erfolgsaussichten, Menschen durch Straßeneinsätze zum Gemeindebesuch zu bewegen, nach meiner Erfahrung aber eher gering. Die Vorbehalte in deutschen Innenstädten gegen derlei Veranstaltungen sind zu groß. Dennoch ist es sehr wichtig, dass die christliche Botschaft auch heute noch in den Städten zu hören ist. Menschen können sehen, dass es auch heute noch Christen gibt, die an die Bibel glauben. Andersgläubige, z.B. Moslems, können sehen, dass es Christen gibt, die Gott fürchten und ihren Glauben und die Bibel ernst nehmen. Außerdem helfen solche Aktionen und ermutigen die Gemeindeglieder generell, über ihren Glauben mit anderen zu reden.

Soziales Engagement

Auch soziales Engagement in der Stadt kann hilfreich sein, um die Menschen auf die Gemeinde aufmerksam zu machen. „Suchet der Stadt Bestes“ (Jer 29,7) ist ein guter Weg, der „Nachbarschaft“ der Gemeinde seine Liebe und Interesse zu zeigen. Wichtig ist aber, dass auch das soziale Engagement mit der Verbreitung des Wortes verbunden ist. Die Botschaft der Gnade wird durch unsere Taten der Barmherzigkeit in den Ohren der Hörer glaubwürdiger.

Die effektivste Form der Evangelisation sind jedoch persönliche Beziehungen und Freundschaften, die Christen mit Nichtchristen haben. Deshalb betone ich beim Thema Evangelisation vor allem die christliche Gastfreundschaft.

Gastfreundschaft

Jesus sagt uns: So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen (Mt 5,16). An anderer Stelle macht er deutlich: Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt (Joh 13,35).

Ich erlaube mir hier, einige Abschnitte aus meinem Artikel „Gastfreundschaft und Evangelisation“ zu zitieren: „Doch wie sollen die Menschen um uns herum tatsächlich etwas von unserem Glauben und unserem Leben als Christen und vor allem unserer Liebe und Barmherzigkeit mitbekommen, wenn nicht, indem wir sie in unser Leben und damit in unsere Häuser hineinschauen lassen? … Um uns herum hungern Menschen nach tiefer Gemeinschaft. Auf der Suche danach gehen sie in alle möglichen Vereine oder Internetforen. Was sie aber wirklich von Herzen brauchen, ist die Bundesgemeinschaft mit Gott. Dafür sind sie geschaffen, und durch Gastfreundschaft von Christen, können, ja sollten sie diese besondere Gemeinschaft der Familie Gottes erleben und an ihr teilhaben.“[2] … Mit unserer Gastfreundschaft können wir ein Zeugnis der christlichen Werte und des Segens der biblischen Gebote auf eine Art und Weise weitergeben, wie es sonst wohl kaum möglich ist.

Aber Gastfreundschaft hat noch eine weitere, eine tiefere Bedeutung, wenn es um Evangelisation geht. Wir leben in einer nachchristlichen Zeit. Da heißt nicht nur, dass es nur noch sehr wenige überzeugte Christen gibt, sondern auch, dass Christen an den Rand, ja mehr und mehr über den Rand der Gesellschaft hinausgedrängt werden. Das, was Christen glauben, ist nicht mehr nur aus der Zeit gefallen, sondern wird vielfach als gefährlich betrachtet. Wer Christ wird, muss deshalb damit rechnen, seine bisherige Akzeptanz unter seinen Freunden und Kollegen, ja sogar in seiner Familie zu verlieren. Das bedeutet oft nichts anderes, als in gewissem Sinn sein bisheriges Zuhause zu verlieren. Denn unser Zuhause sind viel eher unsere Beziehungen als der Ort und das Haus, in dem wir wohnen.

Rosaria Butterfield schreibt: „Christliche Bekehrung bedeutet immer, das Leben einzutauschen, das man einst liebte. Man kann die Bekehrung nicht auf dieses alte Leben aufsatteln. Deshalb haben Menschen viel zu verlieren, wenn sie zu Christus kommen – und manche Menschen haben mehr zu verlieren als andere.“[3] Wir tragen gegenüber Menschen, die sich in dieser Lebenssituation befinden, die besondere Verantwortung, ihnen ein neues Zuhause zu geben.

Der hundertfache Segen von Häusern, Brüdern, Schwestern, Müttern und Vätern, den Jesus in Markus 10,28-30 verheißt, fällt nicht einfach vom Himmel. Jesus will, dass er durch die Gemeinde, durch die Familie Gottes, durch unsere Gastfreundschaft verwirklicht wird.

Christus zeigte seine Liebe dadurch, dass er für Sünder ans Kreuz ging. Dort nahm er unsere Schuld auf sich und trug die göttliche Strafe an unsrer statt. Doch sein Ziel war nicht nur, dass wir vor dem Gericht Gottes gerettet werden. Sein Ziel war die ewige Gemeinschaft zwischen dem dreieinigen Gott und uns geretteten Sündern (Joh 17,22-24). Den Himmel beschreibt Jesus deshalb auch als ein großes Festmahl (Mt 22,1-4; Lk 14,15-24) und zeigte seine Liebe zu den Menschen, bevor er ans Kreuz ging, indem er mit Vorliebe Tischgemeinschaft mit ihnen pflegte.

Sollten nicht auch wir unsere Häuser öffnen und (mehr) Gastfreundschaft üben? Wenn wir unsere Wohnhäuser öffnen, dann werden die Menschen auch den Weg in unsere Gotteshäuser finden.

Unterstützung von Missionswerken und Missionaren

Der Apostel Johannes schreibt in seinem dritten Brief, dass es unsere christliche Pflicht ist, Missionare, die um Christi Willen ausgezogen sind, zu unterstützen. Es geht dabei nicht nur um ihr Auskommen, sondern auch um ihr Zeugnis vor den Ungläubigen. Denn oft denken Menschen als erstes, wenn sie das Evangelium der Gnade hören: „Wo ist der Haken? Was will er wirklich? Der will doch irgendwas von mir?“ Der Gründer von Open Doors, Bruder Andrew, schmuggelte viele Jahre Bibeln in Länder hinter dem Eisernen Vorhang. In vielen dieser Länder waren Bibeln nicht generell verboten, doch es gab nur sehr wenige und neue wurden kaum gedruckt. In manchen Gemeinden hatte noch nicht einmal der Pastor eine Bibel. Folglich hatte eine Bibel einen sehr hohen Preis auf dem Schwarzmarkt. Hätten die Grenzsoldaten die versteckten Bibeln im Auto Bruder Andrews entdeckt, hätten sie ihn nicht für seinen missionarischen Dienst, sondern für den Schmuggel und Verkauf von sehr teurer Schwarzmarktware eingesperrt. Bruder Andrew wollte natürlich die Bibeln verschenken, doch wer sollte das glauben? Für Botschafter des Evangeliums sind Redlichkeit und Selbstlosigkeit entscheidende Faktoren in ihrem Zeugnis.

In diesem Sinne ermutigt Johannes den Gajus, gewisse Missionare nicht nur aufzunehmen, sondern sie auch zu ihrer Weiterreise zu geleiten: Du wirst wohltun, wenn du ihnen ein Geleit gibst, wie es Gottes würdig ist (6b). Das griechische Wort für „Geleit geben“ bedeutet mehr, als jemanden vielleicht noch bis zum Ortsausgang zu begleiten und ein paar Butterbrote mit auf den Weg zu geben. Paulus bittet die Gemeinde in Rom, ihm Geleit für seine weitere Missionsreise bis nach Spanien zu geben (Röm 15,24). Es geht darum, den Missionar mit allem Nötigen auszustatten, damit er eben nicht von den Heiden, der Wohlfahrt oder Bettelei abhängig ist, sondern fokussiert seinen Dienst tun und davon leben kann.

Beim Spenden ist es sehr hilfreich und ermutigend für die Gemeindeglieder, wenn die Missionare nicht nur regelmäßige Rundbriefe schicken, sondern auch regelmäßig persönlich die Gemeinden besuchen und ihre Arbeit vorstellen.

Das Weizenkornprinzip: ohne Opfer keine Frucht

Das Weizenkornprinzip, welches ich schon in einem früheren Artikel dieser Serie erläutert habe,[4] können wir auch hier anwenden. Zur Erinnerung: Jesus war so bekannt, dass sogar einige Griechen ihn sehen wollten. In dieser Situation sagte er: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht (Lk 12,24).

Zuerst wandte er dieses Wort auf sich an. Ohne seinen Opfertod am Kreuz konnte kein Mensch von seinen Sünden gerettet werden. Dann wandte er das Wort auf seine Nachfolger an. Auch sie müssten sterben, um wahres Leben zu finden: Wer sein Leben lieb hat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s bewahren zum ewigen Leben (12,25).

Dadurch wird deutlich, dass das Weizenkornprinzip ebenso unsere Nachfolge, unseren Dienst und damit auch unsere Gemeinden prägen soll. Auch für uns gilt, dass wir ohne Sterben allein bleiben. So wie Jesus sich hingegeben hat zum Heil für andere, so sollen auch wir uns hingeben, um Frucht zu bringen.

Mission und Evangelisation hat immer etwas mit Überwindung, Hingabe und Aufopferung zu tun. Manchmal ist es einfach die Überwindung, auf Besucher zuzugehen. Ein anderes Mal verzichtet man auf neue Anschaffungen oder einen weiteren bezahlten Mitarbeiter, um einen Missionar zu unterstützen. Oder man stellt als Gemeinden einen zweiten Pastor oder Pastoralreferenten an, um die Arbeit der Gemeinde und im Besondern die Verkündigung des Wortes zu unterstützen.

Für eine bestehende Gemeinde bedeutet es vor allem viel Einsatz, Hingabe und Opfer, wenn sie Gemeindegründungen unterstützt. Der Pastor muss dann einen Teil seiner Arbeitszeit in die Gemeindegründung stecken, die von seiner Arbeitszeit für die Gemeinde vor Ort abgezogen wird. Die Gemeindegründung braucht zumeist finanzielle Unterstützung. Außerdem ist es wichtig, dass Mitglieder der Muttergemeinde die Gottesdienste der Tochtergemeinde besuchen, um das Gemeindegründungsteam zu stärken und bei den Diensten zu helfen. Dazu nimmt man viele Fahrten und extra Dienste und Kosten auf sich.

Das alles fordert Opferbereitschaft. Doch es geht hier aber nicht nur darum, Frucht zu wirken, wie Jesus es will, sondern es muss uns auch bewusst sein, in welche Gefahren wir geraten, wenn wir es nicht machen.

Die Gefahr der Selbstgenügsamkeit

Eine Gemeinde, die sich nicht für Christus aufopfert – gerade durch Mission und Gemeindegründung – wird sich früher oder später nur noch oder zu viel um sich selbst drehen. Viele interne Probleme werden so erst entstehen und für den Untergang der Gemeinde sorgen. Vor allem junge Leute werden sich fragen, warum Sonntag für Sonntag das Evangelium verkündet wird, ohne dass man sich wirklich bemüht, die Verlorenen zu erreichen.

Brian Vos schreibt in einem Buch über Gemeindegründung: „Eine Kirche, die sich selbst gegenüber nicht im Dienst an Christus stirbt, wird sich zwangsläufig nach innen wenden und dadurch ihr Leben verlieren. Die Arbeit der Mission, der Evangelisation und der Gemeindegründung ist für das Leben der Kirche von entscheidender Bedeutung. Durch sie stirbt sie sich selbst und lebt für Christus.“[5]

Die Herausforderung zur Evangelisation und Mission besteht vor allem darin, dass die Frucht nicht so schnell zu sehen ist wie die Frucht eines Getreidefeldes. Es dauert manchmal Jahre oder auch eine ganze Generation, bis eine neue Gemeinde einigermaßen stabil ist und das Wachstum sichtbar wird. Auch diese Geduld kann Teil von dem sein, was es bedeutet, sich selbst gegenüber zu sterben und für Christus zu leben.

Wir sind bestimmt, Frucht zu wirken

Was gibt uns die Motivation und die Kraft weiterzumachen, treu zu sein, weiter Opfer zu bringen? Jesus hat uns dazu bestimmt, Frucht zu bringen (Joh 15,16). Und er hat sein Leben gegeben, damit diese Verheißung wahr wird. Wenn du an Jesus glaubst, hast du die Erfüllung dieser Verheißung an dir selbst erlebt. Du bist Frucht! Vertraue auf Jesus, dass er auch durch dich und deine Gemeinde Frucht wirkt.

Ludwig Rühle ist Pastor der Bekennenden Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Osnabrück und unterrichtet als Lehrbeauftragter Praktische Theologie an der Akademie für Reformatorische Theologie. Er ist verheiratet mit Katharina und Vater von vier Kindern.


[1] Schild, Peter: Gemeinde und Mission. Reichshof [Verlag Voice of Hope] 2022, S. 60f.

[2] Rühle, Ludwig: Gastfreundschaft und Evangelisation, in: Bekennende Kirche 95 (Dezember 2023), S. 43-48.

[3] Butterfield, Rosaria: Offene Türen öffnen Herzen. Dillenburg [CV/Ev21] 2021, S. 119.

[4] Rühle, Ludwig: Gruppen und Kreise in der Gemeinde. Teil 11 der Serie: Gemeinde und Gemeindegründung, in: Bekennende Kirche 98 (Oktober 2024), S. 14-21, v.a. 20-21.

[5] Hyde, Daniel R., Shane Lems [Hrsg.]: Planting, Watering, Growing – Planting Confessionally Reformed Churches in the 21st Century. Grand Rapids [Reformation Heritage Books] 2011, S. 15. Übersetzung LR.