Fünfzig Thesen zur Pädagogik aus christlicher Weltsicht

Fünfzig Thesen zur Pädagogik aus christlicher Weltsicht

Präambel

Gott ist der Dreieine, er ist ein Gott in drei Personen, die untereinander Gemeinschaft und Liebe pflegen. Diese Gemeinschaft und Liebe ist der höchste Ausdruck aller Schönheit.

Aus dieser Schönheit heraus schafft Gott die Menschen, die in ihrer Vielfalt in Harmonie mit Gott, anderen Menschen und der gesamten Schöpfung leben sollen.

Die Perfektion dieser Schönheit ist Gottes Heiligkeit, die keine Störung dieser Harmonie tolerieren kann. Diese Störung nennt Gott Sünde. Daraus resultiert Gottes Zorn gegen alle Sünde.

Gott kennt kein Ansehen der Person. Deshalb ist Gott vollkommen gerecht im Verurteilen des Sünders.

Der Lohn der Sünde ist der Tod. Doch Gott hat in seiner Liebe bereits vor Grundlegung der Welt den Entschluss gefasst, verderbte Menschen zu retten.

Aus dieser überfließenden Liebe sandte Gott der Vater seinen einzigen Sohn Jesus Christus und gab ihn stellvertretend für den Sünder in den Tod. Deshalb wird der, der an Jesus Christus glaubt, gerechtfertigt.

Erster Teil: Die Heilsgeschichte ist Grundlage der Pädagogik

Ursprung: Wie war es am Anfang?

  1. Die Frage nach dem Ursprung ist wesentlich für unser Dasein und für die gesamte Landkarte unseres Wissens. Denn wir Menschen begnügen uns niemals mit Einzeldingen, sondern schließen immer auf Allgemeines.
  2. Es gibt nur einen Herrn des gesamten Universums, den persönlich-unendlichen, dreieinigen Gott.
  3. Dieser hat alles Bestehende aus dem Nichts ins Dasein gerufen.
  4. Er erhält das Universum jeden Moment durch seine Kraft.
  5. Alle Gesetzmäßigkeiten sind durch ihn begründet worden.
  6. Es gibt keinen Gedanken, der vor ihm verborgen wäre. Selbst das, was sein könnte, ist ihm bekannt. Dies ist Grundlage für alle menschlichen Entdeckungen.
  7. Durch die Schöpfung offenbart Gott sich allen Menschen in seiner Macht.

Sündenfall: Warum ist es nicht mehr ideal?

  1. Jeder Mensch befindet sich von Geburt an in Rebellion gegenüber Gott. Seine Verirrung ist kein Wissensdefizit, sondern moralischer Widerstand und Rebellion gegen Gott: Der Mensch will sich Gott nicht unterordnen.
  2. Jeder Mensch hat genügend Wissen über einen allmächtigen Gott, der die Welt, in der er lebt, geschaffen hat. Menschen, die behaupten, es gäbe keinen Gott, leben deshalb in Spannung zu dem, was sie in ihrem Innern erkennen.
  3. Zudem klagt das Gewissen den Menschen an, weil er innerlich erkennt, was Recht ist. Dies kommt insbesondere dann zum Vorschein, wenn er über andere richtet.

Erlösung: Wie lässt sich das Ideal wiederherstellen?

  1. Durch das Werk von Jesus Christus, der Mensch geworden ist, stellt Gott nach seinem ewigen Plan Menschen und zuletzt auch die gesamte Schöpfung wieder her.
  2. Gott offenbart sich durch die Schriften des Alten und des Neuen Testaments in besonderer Weise denen, die er mit sich versöhnt hat. Diese Menschen anerkennen durch das innere Zeugnis des Heiligen Geistes die Heilige Schrift als zuverlässige Offenbarung Gottes.
  3. Die Menschen, die Gott ruft und erlöst, verbringen ihr restliches Leben in einem ständigen Kampf zwischen der alten sündigen Natur und dem geschenkten neuen Leben. Dieser Kampf bildet sich auch in den Lernprozessen ab.
  4. Die endgültige Erlösung von Seele und Körper steht noch aus. Die Schöpfung steht unter einem Fluch. Lernen wird, wie alle Arbeit, von Mühsal, Täuschung, Irrtum und Enttäuschung nicht verschont bleiben.

Abzulehnen ist deshalb:

  1. jede Weltsicht, die Welt und Mensch als eine allein durch Materie und Energie zufällig entstandene Wirklichkeit behauptet.
  2. jeder Ansatz, der die Sündhaftigkeit des Menschen – also des Lehrers und/oder des Schülers – im Denken und in der Umsetzung des Lernprozesses verneint oder herunterspielt.
  3. jeder säkulare Ersatzglauben, der der Bildung erlösende Funktion zukommen lassen will.
  4. jede „fromme“ Bemühung, in der man die Erlösung von der Schöpfung abtrennen will. Dies kann sich äußern in Weltflucht, in einer Herabwürdigung von Lernen, Technologie oder anderen Erfindungen. Es gibt nur einen Herrn der gesamten Wirklichkeit.

Zweiter Teil: Die Zielsetzung der Pädagogik

  1. Die Zielsetzung der Pädagogik liegt außerhalb dieses Lebens. Das Ziel des menschlichen Wirkens, damit auch sämtlicher Lernprozesse, ist die Ehre des Schöpfers. Das eigentliche Ziel menschlichen Lernens ist deshalb die Zurüstung von Gottes Menschen für Gottes Werke. Bildung bezweckt die Verwandlung in Gottes Bild.
  2. Lernen ist Arbeit. Arbeit ist Schöpfungsordnung. Jeder Mensch arbeitet in der Schöpfung Gottes und gestaltet sie.
  3. Lernen bereitet vor auf das Leben in den sozialen Gemeinschaften, also in Familie, Kirche, Arbeitsbereich und Staat.
  4. Auch nicht erlöste Menschen sind von Gott mit herausragenden Fähigkeiten begabt worden und haben seine Schöpfung weiterentwickelt. Christen dürfen diese Errungenschaften dankbar nutzen.

Dritter Teil: Der Mensch in Lernprozessen

  1. Ungleichheit ist in der Schöpfungsordnung begründet. Gott begabt unterschiedlich. Er lässt Menschen in unterschiedlichen Ländern, zu unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Bedingungen aufwachsen und wirken.
  2. Jede Autorität stammt von Gott. Eltern, Älteste der christlichen Gemeinde sowie Staatsbeamte sind in ihren unterschiedlichen Funktionen Vorgesetzte von Kindern und Jugendlichen. Dabei kommt die primäre Autorität den Eltern zu. Dies hat Gott in seinem Grundgesetz, den Zehn Geboten, festgesetzt.
  3. Selbstbeherrschung ist eine Schlüsselfähigkeit für das Leben als Erwachsener. Das erste Lernfeld für die Selbstbeherrschung ist die Familie.
  4. Stolz über herausragende Leistung ist Folge der Sünde. Der Mensch tendiert dazu, sich durch eigene Leistungen zu erlösen und dadurch an Gottes Stelle zu setzen.
  5. Faulheit ist ebenfalls Folge der Sünde. Wer in den entscheidenden Jahren der Kindheit und der Jugend seine Kraft und seine Gaben nicht in angemessener Weise gebraucht, entehrt seinen Schöpfer.
  6. Lehrer sind Sünder. Das heißt, dass das ungerechte Behandeln von Schülern durch Lehrer, aber auch ihr Unmut, ihr Fatalismus und ihre Resignation Teil der Unterrichtswirklichkeit sind.

Abzulehnen ist

  1. eine überhöhte Stellung der Bildung: Bildung kann zum Ersatzgott werden, nämlich dann, wenn durch Bildung Erlösung gesucht wird.
  2. der pragmatische Bildungsbegriff. Bildung ist nicht Mittel zum Zweck, etwa um ein sorgenfreies Leben oder ein Leben in Konsum und Luxus zu erreichen.

Fünfter Teil: Methoden

  1. Die Methoden beeinflussen Lernmotivation und Lernerfolg. Lernprozesse sind jedoch vorrangig personale Vorgänge.
  2. Methoden können Inhalte nie ersetzen. Die Art und Weise der Vermittlung beinhaltet ebenfalls (versteckte) Botschaften.
  3. Was nicht gesagt wird oder nicht gesagt werden darf, prägt ebenfalls Denken und Handeln von Lehrern und Schülern.
  4. Ein guter Frontalunterricht mit einer von ihrer Aufgabe und den Inhalten erfüllten Person, die zudem um den Lernstand jedes Schülers weiß, steht keiner anderen didaktischen Methode nach.
  5. Ein von Zeitlimit, Überprüfung und anderen methodischen Vorgaben befreiter Unterricht fördert die Faulheit begabter Schüler sowie Verzweiflung und Blockade bei schwachen Lernern.
  6. Werkstattunterricht und Gruppenarbeiten ohne klare Zielsetzung, straffe Anleitung und genau definierte Arbeitsergebnisse demotivieren die Schüler und erschweren das Erreichen der Lernziele.

Sechster Teil: Medien

  1. Moderne Medien können den Zugang zum Lernen ebenso erleichtern wie erschweren.
  2. Bewegte Bilder, in welchen Medien auch immer, rauben Heranwachsenden und auch Erwachsenen vielfach Zeit, Energie und das Interesse am Lernen. Sie sind häufig die Hauptkonkurrenten zu fruchtbaren Lernprozessen.
  3. Die Lernumgebung beeinflusst Lernverhalten und Lernerfolg (zum Beispiel: Lärm, Einrichtung, Außenräume).
  4. Die Lernatmosphäre, vorrangig die Haltung des Lehrers und das Interesse der Schüler, beeinflusst den Lernprozess entscheidend.
  5. Die Lehrmittel und die Lehrinhalte prägen das Denken des Lernenden. Jedes Lehrmittel ist auf dem Hintergrund einer Weltsicht und einer Landkarte des Denkens und Wissens geschrieben worden. Gedanken haben Konsequenzen.

Siebter Teil: Organisation der Bildung

  1. Der Staat ist eine Einsetzung Gottes. Aber er hat eine gegenüber den Eltern, der Erstinstitution, nachgelagerte Verantwortung. Der Staat ist kein weltanschaulich neutraler Vermittler von Bildungsdienstleistungen. Er transportiert immer eine Weltanschauung, oftmals die aktuell vorherrschende. Staatliche Monopolisierung birgt das Risiko zur Tyrannei.
  2. Eltern sind die ersten Verantwortungsträger für die Bildung ihrer Kinder. Sie können diese Verantwortung delegieren. Sie sind jedoch nie davon entbunden.
  3. Jede Bemühung für kooperative Bildung ist zu befürworten. Darunter fällt auch der Zusammenschluss von Eltern zum Zweck der Bildung ihrer Kinder.
  4. Christliche Initiativen zur Gründung von christlichen Kinderbetreuungsstätten, Kindergärten, Schulen und Gymnasien sind in jeder Hinsicht zu begrüßen. So weit wie möglich sind diese von finanziellen Zuschüssen des Staates unabhängig zu betreiben, damit der staatliche Einfluss minimiert bleibt.
  5. Familie und Gemeinde übernehmen eine unverzichtbare Funktion in der Prägung der christlichen Weltsicht.

Achter Teil: Bildung als formative Lebensphase

  1. Kinder und Jugendliche verbringen Tausende von Stunden in Bildungseinrichtungen. Sie werden sowohl von Lehrkräften als auch von der Gruppe der Gleichaltrigen bezüglich Haltung, Wertvorstellungen und Handlungsweisen geprägt.
  2. Es gilt zwei Extremen entgegenzuwirken: dem Individualismus, der einen Menschen von seiner Umgebung isoliert, und auch dem Totalitarismus, der ihn in die Dienstfertigkeit und Abhängigkeit von Gruppen bringt.
  3. Der Einfluss des Elternhauses ist entscheidend, unabhängig von der Wahl der Bildungsform und Bildungsinstitution. Eltern tun gut daran, ihre Kinder auf die säkulare Umgebung vorzubereiten: Dabei muss es um Vermittlung von Inhalten gehen, aber auch darum, ihnen die geistigen Voraussetzungen und Wurzeln des säkularen Denkens vor Augen zu führen. Die Kinder sollen geschult werden, in ihrer Umgebung zu bestehen, und das heißt, im Spannungsfeld zwischen positivem Engagement und notwendiger Distanzierung.
  4. Kinder aus einem christlichen Elternhaus sind durch Gottes Vorsehung in die jeweilige Umgebung hineingesetzt worden. Sie sind in den Bund ihrer gläubigen Eltern eingeschlossen. Diesen Kindern gelten besondere Verheißungen, durch die sie zwar nicht automatisch zu Christen werden, sich aber unzweideutig von Kindern der Nichtchristen unterscheiden.