In Psalm 13,6 finden wir folgende Aussage: Ich aber vertraue auf deine Gnade; mein Herz soll frohlocken in deinem Heil. Ich will dem Herrn singen, weil er mir wohlgetan hat!
Dies ist der letzte Vers des mit nur 6 Versen ziemlich kurzen Psalms. David gibt hier ein klares und unerschütterliches Bekenntnis ab. Er spricht voller Zuversicht.
Doch war das immer so? Keineswegs! Denn vor Vers 6 lesen wir fünf Verse. Wenn man diese liest, wird deutlich, dass es im Leben von David nicht immer so positiv aussah wie im letzten Vers des Psalms.
In der Lutherbibel ist der Psalm mit „Hilferuf eines Angefochtenen“ überschrieben. Wir haben es hier mit einem typischen Klagepsalm zu tun. Aber während David diesen Psalm schreibt, vollzieht sich in seinem Denken und Fühlen eine Veränderung.
Charles Haddon Spurgeon schreibt in seiner Einleitung zu Psalm 13: „Der Psalm kann nicht auf eine besondere Begebenheit oder Zeit in Davids Geschichte zurückgeführt werden. Alle Versuche, seine Geburtsstätte ausfindig zu machen, sind nur Mutmaßungen.“ Was der Psalm aussagt, ist ohne Zweifel mehr als einmal die Sprache dieses vielgeprüften Gottesmannes gewesen und will den Gefühlen des Volkes Gottes in den stets wiederkehrenden Anfechtungen Ausdruck geben. Wenn der Leser noch nie Anlass gefunden hat, sich die Sprache dieses kurzen Liedes zu eigen zu machen, so wird es nicht lange währen, bis er dazu Gelegenheit hat, wenn er ein Mann nach dem Herzen Gottes ist. Das Stichwort des Psalms ist: Wie lange?
David stellt viermal die Frage: „Wie lange?“. Er hält die Situation nur noch schwer aus und möchte, dass sie beendet wird. Er hat den Eindruck, Gott vergisst ihn derzeit absichtlich bzw. Gott versteckt sich. David benötigt Geduld. Auch wir heute brauchen das ganz sicher.
Natürlich hat David objektiv gesehen einen falschen Eindruck, da Gott niemals vergisst (Jes. 49,14.15). Allerdings kann Gott sein Antlitz eine Zeitlang verbergen; zum Beispiel als Erziehungsmaßnahme (siehe Jes. 54,7). Immerhin wendet sich David mit seinem Problem an die richtige Adresse.
In Vers 3 lesen wir, dass David sich sorgt. Die Elberfelder-Übersetzung schreibt, dass er Ratschläge hegt.
Dies zeigt, dass er in seinen Gedanken kreist und eigene Auswege sucht. Er hat täglich Kummer. Vieles klingt nach einer Form von Depression, bei der das Grübeln ein typisches Symptom ist. Außerdem ist von Feinden die Rede. Bekanntlich hatte David davon eine ganze Menge.
Ab Vers 4 tritt eine erste Veränderung ein. David gelangt in seinen Worten vom Fragen zum Bitten oder besser: zum Flehen. Er spricht Gott direkt an; denn er ist sein Gott.
Es besteht ein Vertrauensverhältnis. David bittet Gott um Dinge, die kein Mensch geben kann: Die Aussage Erleuchte meine Augen übersetzt die NGÜ mit Gib mir neuen Mut und lass meine Augen wieder leuchten! Dasenthält auch den Gedanken: Mach mich wachsam, dass ich Fallstricke und Gefahren sehe! Hier ist sowohl das innere als auch das äußere Auge gemeint.
Dann spricht David vom Tod. Angst vor dem Tod ist etwas Menschliches. David will (noch) nicht sterben. Warum? Vers 5 gibt die Antwort: Weil sonst sein Feind gesiegt hätte und das hätte den Eindruck erweckt, dass Gottes Macht zu klein ist. Es geht David also dabei um die Ehre Gottes: Je mehr die gottlosen Feinde die Oberhand gewinnen, desto übermütiger werden sie.
Erst jetzt kommt der zitierte Vers 6. Es ist wichtig, die Vorgeschichte zu kennen. Diese war alles andere als erfreulich. Aber nun folgt der totale Umschwung. Das ist eine typische Wende in vielen Psalmen, die den Weg von der Klage zur Freude führen. Gott verändert im Gebet die Sichtweise Davids. Die Situation ist die gleiche. Aber der Blickwinkel ist ein anderer geworden. Spurgeon schreibt: Der Schlussgedanke des Psalms nimmt den Vorwurf der Vergesslichkeit zurück, den David im ersten Vers geäußert hatte.
In Vers 5 konnten die Feinde frohlocken. Jetzt frohlockt David. Frohlocken kann auch mit sich freuen (Luther) oder mit jauchzen (Elberfelder, Menge) übersetzt werden. Hier ist eine Wendung um 180 Grad erfolgt.
David spricht davon, dass er dem Herrn singen will. Gesang ist schon immer Ausdruck von Freude und Gotteslob. Im persönlichen Bereich, aber auch in christlichen Versammlungen. Darauf dürfen wir als Gemeinde Jesu Christi nicht verzichten!
Mögen wir gerade in Zeiten der Sorge, der Unsicherheit und des Drucks zu dem Bekenntnis aus Vers 6 durchdringen und Gottes Gnade und Treue erfahren.