In meiner aktuellen Predigtreihe in unserer Bekennenden Evangelischen Gemeinde Osnabrück hören wir gerade auf das Fünfte Buch Mose. Besonders auffällig ist, dass neben vielen sehr aufschlussreichen Dingen in diesem Buch das Thema „Götzendienst“ ein Dauerbrenner ist.
Immer wieder geht es um die Warnung vor dem Götzendienst und den Kampf gegen den Götzendienst. Die Lektion ist offensichtlich: Götzendienst ist ein großes Problem, und es ist sehr gefährlich.
Götzendienst ist immer brandgefährlich!
Besonders in den Abschnitten 13,7-19 und 16,21-17,7 sehen wir, wie entschieden der Kampf gegen den Götzendienst geführt werden musste. Um größeren Schaden vom Volk Gottes abzuwenden, sollten selbst engste Familienmitglieder vor Gericht angezeigt und getötet werden, wenn sie Götzendienst betrieben oder andere dazu verleiten wollten. Es reichte nicht aus, wegzuschauen und einfach nicht mitzumachen, sondern es musste bereits den Anfängen radikal gewehrt werden, um gegenüber dem sich wie ein Krebsgeschwür rasch ausbreitenden Götzendienst nicht bald chancenlos zu sein.
Die weitere Geschichte des Volkes Israel im Alten Testament macht uns deutlich, wie notwendig diese sehr ernsten, ja schockierenden Gebote waren. Trotzdem hielten sie das Volk nicht davon ab, je länger desto mehr Götzendienst zu betreiben (vergleiche Jer. 2,13). Schließlich erging das Gericht Gottes über die Menschen (Jer. 2,19). Darin steckt die tiefere Botschaft dieser Kapitel: Das Volk Gottes hat zu erkennen, dass die Gebote allein, mögen sie noch so scharf, noch so vorausschauend sein, nicht ausreichen. Gott hatte bereits den kommenden Abfall und das Gericht mit klaren Worten durch Mose angekündigt: Und der Herr sprach zu Mose: Siehe, du wirst dich zu deinen Vätern legen, und dieses Volk wird aufstehen und den fremden Göttern des Landes nachhuren, in dessen Mitte es hineinkommt; und es wird mich verlassen und meinen Bund brechen, den ich mit ihm gemacht habe. So wird zu jener Zeit mein Zorn über es entbrennen, und ich werde es verlassen und mein Angesicht vor ihm verbergen, dass sie verzehrt werden; und viele Übel und Drangsale werden es treffen (5Mos. 31,16.17).
Das neutestamentliche Gottesvolk muss die Botschaft dieser Kapitel ebenfalls sehr ernst nehmen. Ein Teil dieser Botschaft ist klar: Unter Gottes Volk darf es keinen Götzendienst geben, denn der Abfall hat schreckliche Folgen. Aber wie sollte das bewirkt werden, wenn doch jedes einzelne Herz eine Götzenfabrik ist? Genau diese Erkenntnis muss am Anfang stehen: Das Problem liegt in unseren Herzen! Diese Erkenntnis wiederum sollte demütig machen und zur Buße führen, das heißt zunächst, dass wir Gott unsere Sünden bekennen. Doch es geht noch weiter: Der bußfertige Mensch sieht ein, dass er aufgrund seines sündigen Herzens, seiner Begierden, seines Götzendienstes tatsächlich das Gericht verdient hat. Aus Erkenntnis und Bekenntnis schließlich fließt die Bitte um Gnade: Herr, sei mir Sünder gnädig! Führe mich zur Umkehr, damit ich zu dir umkehren kann! Herr, ich glaube, hilf mir gegen meinen Unglauben! Verändere du mein Herz!
Doch auch wenn Jesus unser Herr ist und seinen Heiligen Geist in unsere Herzen gegeben hat, stehen wir weiterhin im Kampf gegen die Götzen, die in uns und um uns sind. Wenn wir gegen den Götzendienst in unserem Leben kämpfen wollen, müssen wir unsere Götzen als solche entlarven. Dies fällt keineswegs leicht.
Damals kamen Götzen ziemlich deutlich erkennbar in Gestalt großer Statuen, geschnitzter Figuren oder gemalter Bilder daher. Doch auch zu jener Zeit war das lediglich die äußere Seite. Gott erklärt uns in seinem Wort, was dahintersteckt.
Götzendienst ist für jeden verführerisch
Viele Götzen waren Fruchtbarkeitsgötter, die für gute Ernten, Reichtum und Sicherheit „zuständig“ waren. Natürlich spielten in den Fruchtbarkeitskulten auch Sex und Prostitution eine Rolle. Daneben ging es um Ansehen, Macht und Stolz, denn wer sich nicht am Kult beteiligte, wurde ausgeschlossen. Man hatte ein magisches Verständnis von Gott bzw. den Göttern und versuchte, sie durch verschiedene Rituale und Opfer zu beeinflussen und sich dienstbar zu machen. Wie sehen unsere modernen Götzen aus, von denen wir umgeben sind und hinter denen letztlich ebenfalls Reichtum, weltliche Sicherheit, Ansehen, Macht, Sex usw. stecken? In diesem und einem folgenden Artikel wollen wir uns zehn der verbreitetsten und gefährlichsten Götzen unserer Tage ansehen.
Gesundheit
„Und vor allem Gesundheit!“ So lautet ein oft an erster Stelle geäußerter Wunsch für uns und für andere. Natürlich können uns Krankheit und Tod sehr hart treffen. Doch das Schrecklichste, was uns passieren kann, ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen (Hebr. 10,31), wenn Christus nicht unser Herr und Retter ist.
Weil die Welt keine Antwort auf den Tod hat und der Tod das Ende von allem zu sein scheint, wird Gesundheit zum höchsten Gut und damit zum Götzen. Darum wird mit allen Mitteln versucht, das Leben zu verlängern.
Während in vielen Teilen der Welt Menschen an Krankheiten sterben, die bei uns längst heilbar sind, wird in unserem Land das meiste Geld für Gesundheit (bzw. Krankheitskosten) in den letzten Lebensmonaten oder Wochen alter Menschen ausgegeben. Die höheren Kosten sind in vielen Fällen gerechtfertigt, und wir dürfen für die medizinische Versorgung bis ins hohe Alter dankbar sein. Dennoch wird daran u.a. deutlich, welch extrem hoher Aufwand betrieben wird, das Leben manchmal nur um einige Tage zu verlängern. Selbst über 85-jährige Christen klammern sich übertrieben an ihr Leben.
Doch was ist das schönste Leben auf dieser Welt gegenüber der Herrlichkeit, die uns bei Gott erwartet? Ein Tropfen am Eimerrand gegen alles Wasser der Welt!
Keine Frage: Essen Sie weiterhin Ihr Müsli, gehen Sie joggen, machen Sie Pausen. Unterlassen Sie Rauchen, Saufen, Fressen und alle möglichen anderen schädlichen Dinge. Es ist Gottes Wille, dass wir unser Leben schützen und unseren Leib gesund erhalten.
Doch wenn wir an unserem Leben kleben, uns unsere Gesundheit heilig ist und von ihr alle Freude und jeder Sinn in unserem Leben abhängt, wird sie zum Götzen.
Der Bremer Pfarrer Olaf Latzel predigte zum selben Thema: „Leute, akzeptiert, dass ihr sterblich seid, und freut euch darüber, dass das, wenn wir Christen sind, nur für die Zeit auf Erden gilt, dass wir, wenn wir hier abberufen werden, in der Ewigkeit sofort bei unserem Heiland Jesus Christus sind. Macht nicht diesen ganzen Tam Tam mit, denn sonst ist das eine Sache, da kommt der Teufel wieder und dann macht ihr euch Sorgen, Sorgen, und dann geht ihr mit bangem Herzen zum Arzt, und dann kommt es, dass es da heißt: „Ich habe Ihre Blutwerte gesehen…“ Oder wenn das MRT-Ergebnis kommt, und dann wackeln wir genauso furchtsam mit den Knien wie die ganze Welt. Ich sag das ganz deutlich, auch richtig provozierend: Der Herr ist erstanden, Halleluja, und wenn du ihm gehörst, hast du Anteil daran. Aber der Widersacher versucht es immer wieder, versucht uns festzuhalten nach dem Motto: ‚Dein Leben, deine Gesundheit, und wie wichtig… du brauchst noch ein paar Jährchen auf der Erde…‘ Hütet euch vor dem Götzen Gesundheit!“[1]
Erfolg
Viele Menschen bringen Opfer für ihre Karriere und stecken viel Zeit und Energie in Ausbildung und Arbeit. Das ist in vielen Fällen gerechtfertigt und auch Gottes Wille. Christen sollen fleißig, treu und zielstrebig sein. Doch auch hier kann die Karriere schnell wichtiger werden als Gott.
Wie drückt sich das praktisch aus? Man vernachlässigt dauerhaft Frau und Kinder aufgrund der eigenen Karriere: „Ich schiebe das Kinderkriegen immer weiter hinaus aufgrund meiner besseren beruflichen Chancen, die ich mir zuerst erarbeiten muss.“ Der gute Job kommt vor der guten Gemeinde, das heißt, dass ich mir zuerst einen Studienplatz oder Job suche und erst im Anschluss daran mich umschaue, ob es in der Stadt, in der ich eine Stelle gefunden habe, auch eine gute Gemeinde gibt. Man meint, dass das Auskommen, das angenehme Leben, die in ordentlichen, überschaubaren Verhältnissen heranwachsenden Kinder, das Ansehen im Freundeskreis, in der Familie und in der Gemeinde einem vorrangig durch den beruflichen Erfolg gesichert werden.
Macht und Anerkennung
„Wenn ich mir Respekt verschaffen und mich durchsetzen kann, wenn ich etwas zu sagen habe, wenn ich Karriere mache und eine gewisse Stellung in Firma, Gesellschaft, Verein oder auch Gemeinde erlangt habe, dann bin ich wer! Wenn mir keiner mehr etwas vormachen kann, dann habe ich es geschafft und kann auch endlich wirklich etwas bewirken, usw.“ Es ist wie bei allen anderen Dingen: Geld ist nicht generell schlecht, ebenso wie Gesundheit. Auch Durchsetzungsvermögen, Einfluss und Macht können Gutes bewirken, wenn sie in rechter Weise genutzt werden. Doch die Gefahr, diese Dinge zu unseren Götzen zu machen, von denen man sich Sicherheit, Prestige, Freude und Freiheit erhofft und auf sie vertraut, ist riesengroß.
Schönheit und Jugendlichkeit
Wer gut aussieht, bekommt die besseren Noten, die besseren Jobs, die angesagteren Freunde, den Traumpartner, mehr Anerkennung, mehr Respekt, mehr Liebe. Er hat besseren Sex, generell mehr Freude am Leben und fühlt sich richtig gut, vor allem wenn er in den Spiegel schaut. Dieser Götze, dessen Anbetung täglich durch Zeitschriften, Fernsehen und Internet in unsere Köpfe gehämmert wird, hat großen Einfluss auf uns. Er ist mächtig und bestimmt unsere Wahrnehmung, wenn wir uns im Spiegel betrachten.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ein gepflegtes Auftreten und ein ansprechendes Äußeres zu haben, ist gut und auf keinen Fall verwerflich. Aber wie oft hängen unsere Gefühle, unser gesamter Gemütszustand sowie unsere Freude von unserem Äußeren ab? Jeder Mensch, ob jung oder alt, ob dem aktuellen Schönheitsideal entsprechend oder nicht, kann mit dem Psalmisten beten: Ich danke dir dafür, dass ich erstaunlich und wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl! (Ps. 139,14).
Sport
Geht es um ein bisschen Spaß und nötige körperliche Ertüchtigung, oder giere ich nach Anerkennung, Selbstverwirklichung oder vielleicht sogar nach dem Adrenalinkick? Sport ist nicht schlecht, er hat sogar einen gewissen Nutzen. Paulus schreibt: Denn die leibliche Übung nützt wenig. Er schreibt nicht, dass sie nutzlos ist. Aber er fährt fort: … die Gottesfurcht aber ist für alles nützlich, da sie die Verheißung für dieses und für das zukünftige Leben hat (1Tim. 4,8).
Liebe
Warum ist Liebe zu den Top-Götzen zu zählen? Gott ist doch Liebe!? Ja, aber Liebe ist nicht Gott. Zu diesem Thema empfehle ich, das Kapitel „Götzendienst“ von Lars Reeh aus dem Buch Ein Leben zur Ehre Gottes – Band 2 zu lesen. Lars Reeh zitiert darin den Journalisten Markus Günther, den ich hier ebenfalls zu Wort kommen lassen möchte. Günther schrieb im Jahr 2014 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen aufschlussreichen Artikel unter dem Thema „Egoistische Zweisamkeit – Ersatzreligion Liebe“: „Von Liebe als Ersatzreligion zu sprechen ist keine augenzwinkernde Übertreibung, sondern Ergebnis nüchterner Beobachtung. Denn der Mythos Liebe erfüllt ausnahmslos alle Kriterien einer Pseudoreligion: Diese höhere Macht verlangt Unterwerfung und verspricht im Gegenzug Erlösung und Heil. Sie duldet keine anderen Götter, verspricht den (siebten) Himmel und droht mit der Hölle des Alleinseins. Die höchsten Feiertage dieser Religion heißen Valentinstag, Hochzeitstag, Geburtstag. Wer sie nicht angemessen würdigt, wird mit Liebesentzug bestraft. Die Grundgebete: Ich liebe dich. Du bist mein Ein und Alles. Ich bin total verrückt nach dir. Die Sakramente: Zungenküsse, Sex. Das sakrale Erkennungszeichen: rotes Herz. Die Ikonen: Fotos von uns. Der Altar, der Ort der Erlösung: das Bett. Die Hymnen: unsere Songs. Die Heilige Schrift: unsere Liebesbriefe. Und außerdem jedes herzerweichende Zitat, das dem Gott namens Liebe huldigt, vom kleinen Prinzen über Elton John bis zum Apostel Paulus.
Man muss Tomaten auf den Augen haben, um den religiösen Charakter dieses Kultes zu übersehen: Das Herz als Symbol ist in der westlichen Welt längst präsenter als das Kreuz – und wird in seiner Bedeutung sicherlich besser verstanden. […] Jeder erfahrene Psychologe und Therapeut kann ein trauriges Lied davon singen, welche seelischen Verwüstungen der Götze „Liebe“ hinterlässt. Denn die damit verbundene Heilserwartung kann sich nicht erfüllen. Erlösung […] kann es nicht durch einen anderen Menschen geben. Wer sich von der Liebe den Himmel auf Erden verspricht, wird sich (und anderen) das Leben zur Hölle machen. Maßlose, ins Religiöse gesteigerte Erwartungen überfordern alle Beteiligten und führen zu bitteren Enttäuschungen. Dem Höhenflug der Gefühle, wenn man es überhaupt so weit schafft, folgt ein jäher Sturz mit hartem Aufprall. Der anfangs noch angehimmelte Erlöser erweist sich auf Dauer als recht launischer Mensch, der gemeinsame Alltag als Gedulds- und Demutsübung im emotionalen Auf und Ab. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man außer den hinreißenden auch die irritierenden Seiten des Partners kennenlernt. Liebe auf Dauer lässt nichts Menschliches aus. Dann ist Liebe plötzlich mehr eine Aufgabe als ein Gefühl. […]. Die Vergötterung des Anderen geht Hand in Hand mit der Vergötterung des eigenen Ich, das immerzu gepflegt und in seinem Marktwert erhalten werden muss. Das erfolgreiche Objekt meiner Liebe bestätigt nur meine eigene Großartigkeit; unser zur Schau gestelltes Liebesglück schmeichelt niemandem so sehr wie mir selbst. ‚Die erotische Liebe ist die trügerischste Form der Liebe‘, schrieb Erich Fromm, ‚diese Art der Liebe ist in Wirklichkeit ein Egoismus zu zweit.‘ Die wichtigste Voraussetzung, einen anderen Menschen lieben zu können, meint Fromm, wird so gerade nicht geschaffen: die Überwindung des eigenen Narzissmus.“[2]
Fortsetzung folgt.
[1]) 16. Oktober 2015; http://www.gemeindenetzwerk.de/?p=12778.
[2]) Markus Günther: Egoistische Zweisamkeit. Ersatzreligion Liebe. http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/egoistische-zweisamkeit-ersatzreligion-liebe-13152087.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 (abgerufen: 16.07.2016).