Was ist die Kirche?

Was ist die Kirche?

1. Was ist die Kirche?

Was die Kirche ist, kann man durchaus auf verschiedene Weisen definieren. Maßgeblich muss sein, was die Bibel und damit Gott selber darüber sagt. Im Folgenden beziehe ich den Begriff „Kirche“ nicht auf eine bestimmte Konfession oder auf eine äußerliche Organisation bzw. Struktur, sondern auf die Kirche als Schöpfung des Wortes Gottes. Menschliche Bedürfnisse und Wünsche sind bei der Beantwortung der Frage, was die Kirche ist, zweitrangig. Gott hat in der heiligen Schrift anhand mehrerer Bilder offenbart, was die Kirche ist: „Braut Christi“, „Haus (oder Tempel) Gottes“, „Weinrebe“ und anderes mehr. Auf jeden Fall wird eine Beschreibung dessen, was die Kirche ist, immer den Charakter des dreieinigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, widerspiegeln. Der trinitarische Charakter der Kirche wird anhand der folgenden drei Begriffe deutlich: „Volk Gottes“, „Leib Christi“ und „Gemeinschaft des Heiligen Geistes“. In diesem Artikel bespreche ich den ersten dieser Begriffe: „Volk Gottes“. Es ist beabsichtigt, in künftigen Ausgaben der »Bekennenden Kirche« auch die andere beiden Begriffe zu bedenken.

2. Das Volk Gottes

1) Seine Versammlung

Die Wörter ekklesia (griechisch) und qahal (hebräisch), die im Grundtext für die Kirche gebraucht werden, charakterisieren die Kirche als herausgerufene Versammlung. Sie ist das Volk Gottes, das Gott durch sein Wort zusammengerufen hat und das sich vor dem Angesicht Gottes versammelt, um ihn im Glauben anzubeten. Bei dem Begriff „herausgerufene Versammlung“ geht es um zweierlei. Zum einen wird mit diesem Ausdruck betont, dass Gott die Initiative ergreift und die Menschen nicht aus eigenem Entschluss zusammenkommen. Vielmehr ruft Gott sein Volk aus seiner Umgebung und aus seiner Verlorenheit heraus, um es zu retten! Zum anderen wird auf die unmittelbare Gegenwart Gottes in der Versammlung hingewiesen. Das Zusammenkommen des Volkes Gottes ist keine rein menschliche Versammlung, etwa eine Mitgliederversammlung eines Vereins oder eine Fete, sondern es ist eine Versammlung in der Gegenwart Gottes. Dazu hat Gott sein Volk herausgerufen!

Im Neuen Testament spricht der Verfasser des Hebräerbriefes solche feierlichen Versammlungen auf den Bergen Sinai und Zion an, die im Alten Testament erwähnt sind. Mit ihnen beschreibt er die neutestamentliche Kirche (Hebr. 12,18-29). Allerdings weist er auch auf Unterschiede hin. Wir Christen sind nicht zum Feuer und zum Rauch der Berge Zion und Sinai gekommen, sondern zu dem lebendigen, dreieinigen Gott, der selbst ein verzehrendes Feuer ist (Hebr. 12,29). Zu dieser Versammlung kommen wir, weil dort Christus in der Mitte ist. Wir kommen zu Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes zwischen Gott und den Menschen, und damit „zu dem Blut der Besprengung, das besser redet als das Blut Abels“, das heißt, als das Blut im Alten Bund (Hebr. 12,24).

Damit zeigt das Neue Testament, dass die christliche Kirche Teil des im Himmel um Gottes Thron versammelten Volkes Gottes ist. Wir nehmen also schon hier in unseren irdischen Versammlungen an jener unsichtbaren Versammlung teil (Offb. 5,6-14; 7,9-12). Diese himmlische Realität ist es, die der irdischen Versammlung eine solche Tragweite verleiht, und zwar selbst dann, wenn nur zwei oder drei im Namen Christi versammelt sind (Mt. 18,20)! Darum ist die Versammlung der Kirche auch mehr als bloße Beziehungspflege unter Christen oder Unterhaltung. Sie ist Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott im Heiligen Geist.

2) Seine Wohnung

Während der Begriff der „Versammlung“ die Unmittelbarkeit der Gegenwart Gottes zum Ausdruck bringt, hebt der Begriff „Wohnung“ hervor, dass Gott dauerhaft und beständig unter seinem versammelten Volk gegenwärtig ist. Gott trifft sich nicht nur einmal mit seinem Volk, das er gerufen hat, vor ihn zu treten, sondern er wohnt mit und unter seinem Volk. Während die Hütte und der Tempel im Alten Testament die Wohnung Gottes unter seinem Volk symbolisieren (3. Mose 26,11- 12), ist im Neuen Bund die Wohnung Gottes unter uns schon jetzt in Jesus Christus, dem „Immanuel“, das heißt, Gott ist mit uns!

Wenn Gott unter seinem Volk wohnt, heißt dies auch, dass für Sünde kein Platz mehr ist. Darum ist der Ort, an dem Gott wohnt, der Ort des Opfers, der Ort, an dem Sünde gesühnt werden muss. Aus diesem Grund zeigen im Alten Bund die Stiftshütte und der Tempel, dass der Zugang zu Gott nur durch Blutvergießen geöffnet ist. Das Blut, das wirklich Sünde wegnehmen kann, ist das Blut Jesu, das er am Kreuz vergossen hat (Eph. 2,13). Nur weil die Kirche durch das Blut Christi und durch die Gegenwart des Geistes geheiligt ist (Hebr. 9,14; 1. Kor 3,16), ist sie der Tempel oder die Wohnung Gottes.

Die Heiligkeit Gottes und die daraus folgende Heiligkeit der Kirche haben zur Folge, dass sich die Gläubigen an der Unsittlichkeit und dem Götzendienst der Ungläubigen nicht beteiligen (1. Kor. 6 5,9; 2. Kor. 6,14-18). Sie haben dadurch Anteil am Leiden Christi (Hebr. 13,13). Aber sie haben auch Anteil an der Heiligkeit Christi und an dem ewigen Leben in Christus. Denn obwohl die Menschen ihn abgelehnt haben, ist Christus der Eckstein des wahren Tempels (1. Petr. 2,4-6). Diejenigen, die im Glauben zu ihm kommen, werden zu einem lebendigen Tempel geschaffen, zu einer Wohnung, die nicht mit Händen gemacht worden ist. In diesem Tempel, der Kirche, werden geistliche Opfer dargebracht, die Gott nur durch Jesus Christus annimmt. (1. Petr. 2,5; Hebr. 13,15; Phil. 3,3; Röm. 12,1).

3) Sein Volk

Gott erschafft sein Volk, indem er es sammelt und unter ihm wohnt. Es ist sein Eigentum (5. Mose 7,6- 8; 1. Petr. 2,9)! Die Kirche gehört allein ihm! Er hat sie geschaffen und erlöst, er allein hat das Recht zu bestimmen, was in ihr geschehen darf und was nicht. Die Kirche wird also nicht durch menschliches Tun geschaffen, sondern muss durch das Wunder der Erlösung zum Volk Gottes gemacht werden. Dies gilt sowohl im Alten als auch im Neuen Bund. Paulus hat diese Tatsache vor Augen, wenn er für die Kirche der sogenannten Heiden, also der Christen nichtjüdischen Ursprungs, die Stellung und den Rang des Volkes Gottes, beansprucht. Er überträgt Begriffe auf die christliche Kirche, die ursprünglich auf das alttestamentliche Bundesvolk Israel bezogen waren (vgl. Röm. 9,6-7.24-26; 2. Kor. 6,16; 2. Kor. 3,3-18; Phil. 3,3; Gal. 4,21-31 und Eph. 2,12.19).

Im Alten Testament hatte Gott sein Volk wegen seiner Sünde und Untreue ihm gegenüber „LoRuhama“ (hebräisch für: Nicht-Erbarmen, Ungnade) und „LoAmmi“ (hebräisch für: Nicht mein Volk) genannt. Er versprach aber, dass er es eines Tages wieder „mein Volk“ nennen würde und er sich seiner erbarmen würde (Hos. 1,6-10; 2,25). Diejenigen, die „LoRuhama“ heißen, werden Erbarmen finden und diejenigen, die „Lo-Ammi“ genannt wurden, werden „mein Volk“ genannt werden. Sie werden außerdem zu Gott sagen: „Du bist mein Gott!“ Diese Verheißung findet ihre Erfüllung darin, dass sowohl das abgefallene und außerhalb der Gnade stehende Israel als auch die Heiden in ihrer Gottferne Gnade finden und durch Christus zusammen zu dem einen Volk Gottes gemacht werden (Röm. 11,32). Nicht jeder gehört zum Volk Gottes, sondern nur die, die Gott durch seine Gnade zu seinem Volk gemacht hat.

Wir, die wir einst nicht Gottes Volk waren, sind nun Gottes Volk, und die wir einst nicht in Gnaden waren, sind nun in Gnaden! Gott, der uns durch seine Gnade ruft, erbarmt sich über uns und macht uns zu seinem Volk, sodass wir ihn als unseren Gott bekennen! Das ist das Wunder der Erlösung! Die Kirche ist „Volk“ Gottes, indem sie als geschichtliche Größe hier auf Erden lebt. In diesem Volk gibt es Familien, „Häuser“, wie die Bibel sagt, in denen Eltern zusammen mit ihren Kindern an Christus glauben und ihm leben. Als „Volk“ ist sie Teil der Weltgeschichte, und kann, wenn Gott es gibt, von Generation zu Generation bestehen. Aber obwohl die Kirche in dieser Welt ist, ist sie von Gott.

Als Volk Gottes steht die Kirche unter dem gnädigen Recht Gottes, mit dem er es regiert. Dies ist das Recht der Gnade, dem zufolge Gott Sünden vergibt und ewiges Leben schenkt. Im Rahmen dieser Rechtsordnung steht auch, dass Gott sein Volk durch die Erkenntnis Christi zu einem freien, aus dem Glauben kommenden Leben im Gehorsam gegenüber seinen Geboten führt.

3. Die Folgen

Wir können die Kirche aus eigner Kraft nicht schaffen, weder durch einen programmatischen Aktivismus noch durch das Nachahmen weltlicher Verkaufsstrategien. Wahre Kirche gibt es nur durch die Gnade Gottes, das Wort Gottes, den Geist Gottes – und dem, was daraus hervorgeht, dem Glauben, dass Christus das Werk der Erlösung schon am Kreuz vollendet hat. Gott schafft die Kirche, indem er Menschen durch das gepredigte Wort vom Kreuz im Heiligen Geist zu sich ruft, sammelt und bewahrt.

Ein Ergebnis dieser gnädigen Erlösung ist, dass wir verkündigen können, wie Gott wirklich ist! Er hat die Kirche nicht geschaffen, um menschliche Bedürfnisse zu befriedigen oder dass sie sich dem Zeitgeist anpasst, sondern damit sie seine Herrlichkeit verkündigt, die in Jesus Christus geoffenbar wurde (Joh. 1,14). Es ist die Aufgabe der Kirche, das Evangelium zu predigen!

Der Gott, der die Kirche ins Leben gerufen und sie zu seinem Volk gemacht hat, ruft sie immer wieder zu sich, um ihr an seinem Heil teilzugeben. Er will auch in Deutschland wieder sein Volk unter seinem Wort sammeln. Der Weg dorthin mag versperrt erscheinen durch hinderliche Traditionen, durch falsche Lehren oder durch den Aufstand des Zeitgeistes gegen Gott.

Trotzdem: wenn Sie Christ sind, dann setzen Sie alles daran, dass auch bei Ihnen, an Ihrem Ort oder in Ihrer Umgebung Kirche wieder sichtbar wird – als Versammlung vor Gottes Angesicht, als seine Wohnung und sein Volk! Danken Sie Gott für seine Kirche und sorgen Sie durch seine Gnade dafür, dass sie in unserem Land wieder wächst und gedeiht!