„Fortan stehen Wahrheit, Gerechtigkeit, Menschlichkeit im Plural.“ So hat der Zeitkritiker Wolfgang Welsch die geistige Situation unserer sogenannten „postmodernen Gesellschaft“ beschrieben. Wahrheit im Plural – d. h. es gibt nur noch verschiedene Wahrheiten, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Keiner hat die eine, sondern jeder nur seine Wahrheit. Wehe dem, der das Stillhalteabkommen aufkündigt und die anderen von der Wahrheit im Singular (Einzahl) zu überzeugen versucht. Rein persönliche Meinungsäußerungen sind erlaubt und willkommen – verbindliches Bekenntnis ist verboten und verpönt.
Auch manche Christen haben den Begriff „Bekennen“ jedoch missverstanden, als handele es sich dabei nur um eine persönliche Glaubensaussage. Dann heißt es: „Du musst deinen Glauben nur (!) bekennen. Versuche nicht, den anderen mit Argumenten zu überzeugen. Bekenne, was du persönlich mit Gott erlebt hast.“ In der Bibel hat „Bekennen“ dagegen auch eine für alle verbindliche Seite (Objektivität), was sich an den beiden wichtigsten Begriffen zeigen lässt. Der Ausdruck homologeo (bekennen) meint die Bekräftigung oder feierliche Bestätigung eines eindeutigen Sachverhalts. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage wird versichert, bzw. für verbindlich erklärt (Joh. 1,20; Hebr. 11,13; Apg. 24,14 u. ö.). Ein Schuldvorwurf wird von dem Beschuldigten anerkannt und als sachlich richtig zugegeben (1. Joh. 1,9). Der Ausdruck martyreo (bezeugen) kommt im alltäglichen Griechisch vor allem im juristischen Zusammenhang vor. Ein martys (Beweiszeuge, daher kommt das Wort Märtyrer) muss Tatsachen bezeugen und nicht nur subjektive Eindrücke weitergeben (vgl. Mk. 14,63; 1. Tim. 5,19). Dabei geht es um richtig oder falsch (Joh. 18,23; 19,35; 1. Kor. 15,15). Wenn zwei Zeugen einander in der Sache widersprechen, kann nur einer von beiden im Recht sein. Merke: Bekenntnis im Sinne der Bibel tritt damit in offene Konkurrenz zu anderen Wahrheitsansprüchen und bestreitet deren Gültigkeit. Die Bibel offenbart Wahrheit im Singular. Bekennen markiert darum sowohl Position (was wir glauben) als auch Negation (Abgrenzung). Beides gehört untrennbar zusammen: Nur wer die Wahrheit formulieren kann, ist auch in der Lage, sie von Unwahrheit zu unterscheiden.
Wenn die Position verschwimmt, wird der erste Schritt getan, um die Wahrheit mit der Lüge zu vermählen. Deshalb ist die größte Gefährdung für das Bekenntnis nicht der offene Widerspruch -sondern die verdeckte Unterwanderung. Dazu ein aktuelles Beispiel: Die Fernsehgottesdienste des amerikanischen Pfarrers Robert Schuller (Hour of Power/Stunde der Kraft) sollen auch in Deutschland bald einen Sendeplatz bei einem Privatsender erhalten. Dafür setzen sich u. a. die in der evangelikalen Szene bekannten Jörg Knoblauch (Unternehmer aus Giengen) und Klaus Gerth (Chef eines evangelikalen Verlages in Aßlar) ein. Was Schuller als „Evangelium“ verbreitet, ist die Botschaft des „Positiven Denkens“. Der Mensch müsse und könne es mithilfe der Religion lernen, die in ihm liegenden Möglichkeiten zu entdecken und zu entfalten. Auch Billy Graham macht kräftig Vertrauenswerbung für den Fernsehprediger, z. B.1997 als Interviewgast in dessen Show. Originalton Graham: „Gott hat dich (Schuller) in einer bemerkenswerten Weise gebraucht, um Menschen zu erreichen … wir danken Gott für dich.“ Gelobt von Graham und gesponsort von Knoblauch und Gerth soll Schuller nun die Mission in Deutschland voranbringen. Dass sein „Evangelium“ eine geeignete Vorbereitung zur Religionsvermischung darstellt, hat Schuller indirekt zugegeben: „Das unterscheidet mich von den Fundamentalisten, die versuchen, jeden zu dem zu bekehren, woran sie selbst glauben … wir kennen die Dinge, in denen die wichtigsten Religionen übereinstimmen. Wir versuchen, uns darauf zu konzentrieren …“
Bekenntnis für die Wahrheit des Evangeliums fordert die Enttarnung Schullers und seiner Steigbügelhalter. Ob hier Unkenntnis oder Absicht waltet – in der Sache handelt es sich um einen Verrat an Jesus, der die Wahrheit ist (Joh. 14,6). Wahrheit im Singular! Bekennermut ist gefragt: Bekennende Christen, die das Evangelium unverkürzt in ihr Umfeld tragen. Bekennende Gemeinden, in denen die ganze Wahrheit der Bibel erforscht, befolgt und verkündigt wird (vgl. Esra 7,10).