Umweltschutz als säkularisierte Ersatzreligion (Teil 1)

Umweltschutz als säkularisierte Ersatzreligion (Teil 1)

… sie, welche die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauschten und dem Geschöpf Ehre und Gottesdienst erwiesen anstatt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit. Amen.

Röm 1,25

Klima- und Gesinnungswandel

Der Klimawandel und die vermeintliche Bedrohung unserer Existenz ist das vorherrschende Thema in vielen öffentlichen Diskussionen. Als Christen und als Kirche müssen wir uns dieser Diskussion stellen, aber auch den Zeitgeist hinterfragen: Warum wird dieses Thema so in den Vordergrund gerückt? Ist es nur die Angst vor der Zukunft oder dient die Dauerberieselung mit Hiobsbotschaften mehr als nur dem Nachweis, dass der Klimawandel mit unbestreitbarer Deutlichkeit stattfindet und es nun an der Zeit ist, ohne weiteres Zögern zu handeln und endlich umzukehren?

Zweifellos ist die Umweltfrage die größte Herausforderung unserer Generation, so wie frühere Generationen die soziale Gerechtigkeit oder die politische Freiheit als die Herausforderung ihrer Zeit ansahen. Entgegen dem allgemeinen Konsens könnte man jedoch zu dem Schluss kommen, dass aus christlicher Sicht die eigentliche Herausforderung in der Überbetonung der Umweltfrage liegt, die aus einer schleichenden Veränderung des Selbstverständnisses des modernen Menschen resultiert. Unsere westliche Gesellschaft zieht die praktischen Konsequenzen aus einer Weltsicht, in der der Mensch einen anderen Stellenwert besitzt als in der christlichen Weltsicht. Der Klimawandel wirkt als Beschleuniger eines religiösen Umdenkens, das sich zwangsläufig mit der Frage nach dem Verhältnis des Menschen zur Natur/Umwelt auseinandersetzen muss. Denn woher soll der Mensch des 21. Jahrhunderts wissen, dass er nicht die ihm von der Natur gesetzten Grenzen überschritten oder sich gar durch Raubbau an einer pantheistischen Weltseele versündigt hat? Die Selbstverständlichkeit seiner ‚Herrschaft‘ über die Erde ist in Frage gestellt.

Verunreinigung in der Bibel

Die Bedeutung der Heiligen Schrift, insbesondere des ersten Buches Mose, als Grundlage unseres Selbstverständnisses kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das erste Buch der Bibel gibt nicht nur den Schlüssel zum ewigen Heil, sondern auch zum richtigen Verständnis der materiellen Schöpfung, das für ein gottgefälliges Leben notwendig ist. Die Versuchung des gefallenen Menschen aller Zeiten besteht darin, das endliche Geschöpf – seien es Götzen, die Natur, der Kosmos, das Ego usw. – höher zu achten als den ewigen dreieinigen Schöpfer. Die Natur ist nun die Gottheit, die sich der sündige Mensch wünscht: passiv, manipulierbar, nur auf äußere Handlungen bedacht. Der Mensch steht jedoch nie auf neutralem Boden, denn Götzendienst bedeutet, Gott die Ehre zu nehmen.

Wenn die Heilige Schrift von der Verunreinigung der Erde spricht, so ist damit die sittliche Verunreinigung durch Unmoral und Götzendienst gemeint, die das geordnete Gefüge der Schöpfung stört und das zeitliche Gericht Gottes (auch durch Naturkatastrophen) nach sich zieht. Die Plünderung der Natur ist auch mit einer Verhärtung des Herzens verbunden. Die Schlussfolgerung der Climate Action der Vereinten Nationen, den Klimawandel allein auf fossile Brennstoffe, Industriewirtschaft und Waldrodung zu reduzieren, ist einseitig und wird der moralischen und religiösen Dimension nicht gerecht. Es ist die prophetische Aufgabe der christlichen Kirche, die Götzen jeder Epoche zu entlarven, denn mit einem materialistischen und selbstgerechten Rettungsplan ohne moralische Umkehr wenden wir uns nur neuen, hilflosen Götzen zu, die uns unterdrücken und doch nicht retten können. Wie zu allen Zeiten werden die Menschen in der Not nach ihren Göttern rufen, die sie retten sollen, koste es, was es wolle.

Grüne Spiritualität, Menschenbild und Schöpfungsbild

In dieser dreiteiligen Serie geht es um eine christliche Analyse der Umweltdebatte im Hinblick auf ihre unterschwelligen religiösen Implikationen. Drei Aspekte werden beleuchtet: (1) Die Aufdeckung der religiösen Untertöne in der Klimadebatte, (2) das negative Menschenbild der grünen Ideologie und schließlich (3) die Skizzierung eines christlichen Naturverständnisses im Kontrast zum Zerrbild der Umweltbewegung. Da die einzelnen Aspekte später noch ausführlicher dargestellt werden, soll hier nur kurz das Gesamtbild skizziert werden.

In diesem ersten Artikel geht es darum zu verstehen, warum die Umweltdebatte nicht nur als säkulares Problem betrachtet werden kann. Der religiöse Unterton ist verborgen, aber er gibt der Bewegung eine Richtung und stellt uns vor grundlegende Fragen über unsere Stellung in der Natur. Die Umweltdebatte befriedigt ein unterschwelliges Bedürfnis nach säkularem Heil und neuer Harmonie mit der Natur.

Der zweite Artikel beleuchtet die Schattenseiten der Umweltbewegung. Ihr negatives Menschenbild sieht den Menschen als Hauptverursacher des Klimawandels. Der Mensch in seinem Selbstverständnis müsse wieder in den Naturkreislauf integriert werden. Umweltschutz ohne moralische Erneuerung führt jedoch zur Tyrannei des Staates, der die vermeintlich schwache Natur zu schützen versucht. Die ‚Erniedrigung‘ des Menschen bringt nicht das erhoffte Heil für Tier und Natur, sondern eine neue Form der Menschenverachtung.

Im letzten Artikel schließlich geht es um die christliche Antwort auf die Herausforderung der Umweltbewegung. Die Kirche darf sich gegenüber dieser Geistesströmung nicht passiv verhalten, denn weder kritikloses Mitmachen noch oberflächliche Kritik helfen unseren Zeitgenossen aus dieser geistlichen Sackgasse heraus. In der biblischen Sicht der Welt stehen Gott, der Mensch und die Welt mit den Pflanzen und Tieren in einem harmonischen Verhältnis zueinander.

Warum bringt man die Religion ins Spiel?

Die Verbindung von Religion und Umweltschutz ist für die meisten unserer Zeitgenossen sicherlich unverständlich, denn erhöhte Temperaturen sind messbar und haben nichts mit Glaubensfragen zu tun. Zwei Hauptaspekte der Klimadebatte lassen sich jedoch nur verstehen, wenn man den religiösen und den geschichtlichen Hintergrund berücksichtigt: die Metaphysik der Wissenschaft einerseits und der Einfluss des New Age andererseits.

Die Metaphysik der Wissenschaft

Das unmittelbare Wirken Gottes vom Wettergeschehen völlig zu trennen und es (fast) ausschließlich mechanischen Gesetzmäßigkeiten zu unterwerfen, ist eine geistesgeschichtliche Entwicklung der wissenschaftlichen Revolution seit dem 17. Jahrhundert. Im Mittelalter sah man noch in allem, was dem Menschen widerfuhr, das Wirken Gottes: Dürre oder andere Naturkatastrophen hatten eine theologische Bedeutung und waren Botschaften Gottes an den Menschen. Das änderte sich, als man hinter allen Wetterphänomenen normale physikalische Gesetze entdeckte. Gott war zunächst nur noch der große Baumeister des Universums, bis er schließlich ganz aus dem direkten Wirkungsbereich verschwand. Dieses säkulare Weltbild der Wissenschaft ist heute so tief in der Weltanschauung des Abendlandes verankert, dass jedes aktive Wirken Gottes zum Guten wie zum Gericht als mittelalterlich lächerlich gemacht wird. Selbst konservative christliche Kreise können sich dem Einfluss des naturalistischen Weltbildes nicht entziehen, was dann wiederum die Auslegung der Bibel beeinflusst.

Ein Beispiel dazu: Waren die alttestamentlichen Dürren, die Sintflut etc. nur einmalige heilsgeschichtliche Wunder oder offenbaren sie uns ein kontinuierliches Wirken Gottes im Weltgeschehen? Die Antwort auf diese Frage ist metaphysischer Natur und wirft das Problem auf, dass Religion und Wissenschaft trotz allem nicht so einfach zu trennen sind. Deshalb ist die Beschäftigung mit der Metaphysik der Wissenschaft auch für Theologen und engagierte Christen sehr aufschlussreich, um die neuen Idole unserer Zeit besser zu verstehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der völlige Ausschluss des (persönlichen) Gottes aus dem Weltgeschehen auf der religiös-weltanschaulichen Prämisse beruht, dass das Universum nur mechanischen Gesetzen folgt und somit in sich geschlossen ist. Demnach haben moralische Verfehlungen oder der Wille Gottes keinen empirisch messbaren Einfluss auf das Wetter. Und Klimaveränderungen sind aufgrund der Unbeweisbarkeit von Gottes Wirken rein physikalisch zu erklären.

Der Einfluss des New Age

Die zweite religiöse Färbung der Klimadebatte geht auf den starken Einfluss der neureligiösen Spiritualität in der Umweltbewegung zurück. Vor allem in den radikalen ideologischen Strömungen der Klimabewegung ist der pantheistische Unterton unüberhörbar. New Age erfüllt die Anforderungen der grünen Bewegung so gut, dass es heute äußerst schwierig ist, über die grüne Bewegung zu sprechen, ohne sich auf New Age zu beziehen, und umgekehrt. Das vermeintliche Bedürfnis des Klimaschutzes ist die Achtung und Verehrung der Natur um ihrer selbst willen. Mit anderen Worten: Der Mensch schuldet der ‚Natur‘ Respekt, weil er aus ihr hervorgegangen ist. Es ist nicht nur eine rhetorische Floskel, von ‚Klimasünden‘ zu sprechen, sondern entspringt einem gewissen religiösen Verständnis unserer Beziehung zur ‚Mutter Erde‘.

Die spirituellen Ausprägungen innerhalb der grünen Bewegung sind sehr vielfältig und vertreten auch widersprüchliche Ansichten. Gemeinsam ist ihnen jedoch allen die Überzeugung, dass nicht nur oberflächliche Anpassungen im Verhalten der Menschen notwendig seien, sondern ein tiefgreifendes religiöses Umdenken in der Beziehung zwischen Mensch und der übrigen Natur. Der Klimawandel sei sowohl eine ökologische als auch eine spirituelle Krise, die nur von beiden Seiten bewältigt werden könne. In der gegenwärtigen Krise sehen diese Strömungen ein Versagen der abendländischen Kultur und eine Rechtfertigung ihrer Lehren. Die ‚Natur‘ müsse um ihrer selbst willen respektiert werden, nicht aus Nächstenliebe oder gar Gottesfurcht.

Politik als Spielball starker Einflüsse

Man mag einwenden, dass die heutige Klimapolitik weder aus dem philosophischen Säkularismus, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, noch aus esoterischen und pantheistischen Strömungen entstanden ist. Klimapolitik ist eine Reaktion der Politik auf die Forderung der Bevölkerung, dem Klimawandel zu begegnen. Die Politik war sozusagen gezwungen zu reagieren, weil die Bevölkerung es verlangte. Das mag bis zu einem gewissen Grad stimmen, erklärt aber nicht die teilweise absurden und unpopulären Tendenzen in der Klimapolitik, wie sie in Deutschland, aber auch teilweise in der Schweiz sichtbar werden. Beispiele sind der Ausstieg aus der Kernenergie, der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor etc. ohne Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Folgen.

Die Schwächen einer demokratischen Regierungsform sind seit der Antike bekannt. Die Griechen waren sowohl Schöpfer als auch Kritiker der Demokratie, deren negative Einflüsse sich bereits im antiken Athen abzeichneten. Platon, aber auch Aristoteles, betrachteten die Demokratie mit großer Skepsis, weil der demokratische Prozess so anfällig dafür sei, von Demagogen oder unvernünftigen Volksbegehren verführt und missbraucht zu werden. Ohne die korrigierende Wirkung der Vernunft würde die Meinung der Massen unweigerlich zu Exzessen führen. Aus der Geschichte und aus der Bibel wissen wir, dass auch die ‚Vernunft‘ den totalitären Tendenzen des gefallenen Herzens nicht widerstehen kann.

Die Klimapolitik wird nicht langsam durch Volksinitiativen vorangetrieben. Vielmehr sind es sehr aktive Klimalobbyisten, die ihre Politik medienwirksam vermarkten. Die Klimalobbyisten sind ihrerseits von Ideologien beeinflusst, die der breiten Öffentlichkeit nicht bewusst sind. Verstärkt wird der Einfluss der Lobbygruppen durch die Behauptung, die Wirtschaftslobby oder ‚Big Oil‘ untergrabe alle Bemühungen um eine vernünftige Wende. Dieser starke Einfluss erklärt zum Teil die Radikalität mancher politischer Entscheidungen. Ähnlich wie bei der Wokeness gelingt es Subkulturen bzw. Minderheiten, einen dominanten Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben, wobei sie von den öffentlichen Medien und der Großindustrie großzügig unterstützt werden.

Verstecktes religiöses Bedürfnis der säkularisierten Gesellschaft

Die Interessen der ideologisierten Öko-Lobby in Verbindung mit populistischer Politik und manipulativen Massenmedien hätten nicht so großen Einfluss, wenn es nicht ein unterschwelliges Grundbedürfnis der modernen säkularisierten Gesellschaft gäbe. Da der Mensch ein geistliches Wesen ist, können ihn rein materialistische Weltbilder, seien sie marxistisch oder kapitalistisch, niemals befriedigen. Ein Studium der Anthropologie genügt, um zu erkennen, dass der religiöse Instinkt so tief in der menschlichen Natur verwurzelt ist, dass atheistische Gesellschaften nicht nur selten sind, sondern vor dem zwanzigsten Jahrhundert fast unmöglich zu finden waren. Die westliche, säkularisierte Konsumgesellschaft befindet sich in einer Sinnkrise, weil endloses Wirtschaftswachstum nicht befriedigt. Im Kern des kollektiven Selbstverständnisses entsteht ein Vakuum, das gefüllt werden will (s. Röm 1,21-25).

Warum ist nun das Bedürfnis, die Umwelt zu schützen, ein religiöses Bedürfnis? Weil dem Menschen bewusst ist, dass die Natur nicht nur um des Menschen willen geschützt werden muss, sondern um ihrer selbst willen. Das ist die religiöse Intuition, jemandem dienen zu wollen, der außerhalb von einem selbst liegt. Der bekannte Soziologe Gustave Le Bon hat es so beschrieben: „Der Mensch ist nicht nur religiös, wenn er eine Gottheit anbetet, sondern wenn er alle Mittel seines Geistes, die völlige Unterwerfung seines Willens und den ganzen Eifer seines Fanatismus in den Dienst einer Sache oder einer Person stellt, die zum Ziel und zur Richtschnur seines Denkens und Handelns wird.“ In dieser Tatsache liegt der Schlüssel zum Verständnis einiger tiefgreifender Strömungen unserer Zeit. Die Natur zu schützen wird zur heiligen Mission, weg vom selbstsüchtigen, profanen Konsumentendasein.

Die christlichen Kirchen ihrerseits werden von dieser Strömung erfasst und beginnen, Umweltschutz auch als christlichen Auftrag zu verstehen, den wir Gottes Schöpfung und nicht der Natur schulden. Die Herausforderung und das Dilemma besteht nun darin, die legitime Sorge um die Schöpfung von der zum Teil religiös motivierten Umwelthysterie zu trennen. Es bedarf praktischer Weisheit, die Geister zu scheiden und als Kirche gegenüber dieser Bewegung Zeuge der Wahrheit zu sein. Die Aufgabe für die Christen wird umso schwieriger, als die christliche Lehre immer ein indirektes Verhältnis zur Natur hatte, im großen Unterschied zu den pantheistischen Religionen des Fernen Ostens oder des Neuheidentums. Was bedeutet der Ausdruck ‚indirektes Verhältnis‘?

Biblisches Zeugnis über die Stellung der Natur

Sucht man in der Bibel in Sachen Umweltfragen nach ausdrücklichen Anweisungen, so findet man nur wenige Hinweise. Zum Beispiel lesen wir in 1. Mose 2,15, wie Adam von Gott in den Garten Eden gesetzt wird mit dem Auftrag, ihn zu bebauen und zu bewahren. Eden steht hier symbolisch für die ganze Erde. In 2. Mose 23,10-11 und 3. Mose 25,1-7 spricht Gott von einem Ruhejahr im 7. Jahr für Acker und Weinberg. Das Ruhejahr gibt den Armen und den Tagelöhnern Anteil am Ertrag der Erde. Die Mäßigung in der Landwirtschaft wird angedeutet, aber nicht betont. Im Neuen Testament schließlich sprechen Petrus und Johannes vom Gericht und von der Wiederherstellung der Schöpfung. Eschatologisch bedeutet dies, dass die Erde nach dem Sündenfall nicht das endgültige Zuhause der Menschheit ist, sondern dass wir auf eine erneuerte Welt hoffen. Der Respekt vor der Schöpfung wird zweifelsohne gelehrt, aber die gefallene Welt ist im biblischen Verständnis vergänglich und gewissermaßen nur eine Art Bühne, auf der sich das eigentliche Drama mit Folgen für die Ewigkeit abspielt.

Diese biblische Metaphysik oder Weltsicht steht in scharfem Kontrast zu allen nichtbiblischen Religionen der Menschheitsgeschichte. Die Bibel lehrt eine Zweiteilung zwischen der geistigen, jenseitigen Sphäre (Himmel) und der Schöpfung (Welt). Gott hat die Welt aus dem Nichts erschaffen, erhält sie in jedem Augenblick und wird sie nach dem Jüngsten Gericht erneuern. Die Abhängigkeit und Endlichkeit der physischen Welt vom ewigen Gott steht im völligen Gegensatz zum Monismus der Antike oder der New-Age-Bewegung, welche ein unendliches und ewiges Universum postuliert. Dementsprechend ist das Ziel des Menschen im heutigen New-Age Denken die Harmonie mit dem diesseitigen Universum. Der Friede im christlichen Verständnis hingegen ist der Friede mit dem jenseitigen Gott, der auch die Gesetze der Natur beherrscht.

Verantwortliches Verhalten vor Gott

In der gegenwärtigen Diskussion über die religiös-kulturellen Hintergründe der Umweltverschmutzung wird oft auf die falsche abendländische Sicht der Umwelt als ‚Objekt der Ausbeutung‘ hingewiesen. Die scheinbare Geringschätzung der Natur in der biblischen Offenbarung wird als Schwäche des Christentums angesehen und vom ideologischen Flügel der Klimabewegung angegriffen.

Es ist viel einfacher, eine radikale Umweltbewegung zu gründen, die auf einer pantheistischen Verehrung aller Geschöpfe basiert, als aus einer christlichen Perspektive zu argumentieren, wo selbst die Andeutung einer Naturverehrung als Götzendienst angesehen wird. Dass die Bibel zum Umweltschutz in großen Teilen schweigt, wird selbst in manchen progressiven christlichen Kreisen als schwierig angesehen, und ein katholischer Bischof soll sogar schon gefordert haben, die 10 Gebote um das Verbot der Umweltverschmutzung zu ergänzen.

Ein Schwäche des Christentums?

Aber ist das wirklich eine Schwäche des Christentums? In der Bibel kommt der wahre Umweltschutz aus der Gottesfurcht, aus dem Respekt vor Gottes Schöpfung und aus dem Streben danach, den Nächsten zu schützen. Es ist ein trauriger Irrtum unserer Zeit, die Natur retten zu wollen, indem man sie wieder sakralisiert. Auch wenn vieles vom Respekt vor der ‚Mutter Natur‘ Rhetorik ist, dürfen Christen diesen spirituellen Hintergrund der Bewegung nicht ignorieren. Dazu gehört auch eine kritische Haltung, selbst wenn sie unpopulär ist. Der Zweck heiligt nicht die Mittel, übertriebener Naturschutz ist nicht neutral und als Christen haben wir eine Verantwortung vor Gott für das, was wir – wenn auch indirekt – unterstützen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich die Herausforderung der Klimadebatte in zwei Aspekte unterteilen. Die Metaphysik der Naturwissenschaften trennt das Wirken Gottes völlig vom physikalischen Weltgeschehen und beschränkt seinen Einfluss auf die Herzen oder lässt ihn nur sehr vage erahnen. Die Erwartung übernatürlicher Hilfe angesichts des Klimawandels durch das direkte Wirken Gottes und der Ruf zur Umkehr als Bedingung dafür ist auch in unseren Kreisen eher selten, wenn überhaupt vorhanden. Das darf nicht sein, denn die Trennung von Gott und Welt widerspricht der Heiligen Schrift. Als Christenheit brauchen wir eine neue Metaphysik, die beide Seiten der geschaffenen Wirklichkeit einschließt: Die Gesetzmäßigkeit der Schöpfung und das Wirken Gottes, der die Missetaten der Menschen nicht ungestraft lässt und die Gerechten bewahrt. Nicht oberflächliche fromme Floskeln von der Vorsehung Gottes, sondern ein durchdachtes biblisches Weltbild, in dem der dreieinige Gott eine aktive Rolle spielt, ist die Lösung.

Die unterschwellige Naturverehrung der pantheistischen New-Age-Bewegung und ihr Einfluss auf die säkulare Gesellschaft müssen als religiöse Gefahr erkannt werden. Der Heilige Geist befähigt uns, den Zeitgeist zu verstehen, wie Paulus in 1. Korinther 12,10 schreibt, wenn er von der Gabe des Geistes spricht, die Geister zu unterscheiden. In unserer weitgehend atheistischen Gesellschaft ist ein spirituelles Vakuum entstanden, in dem die Umwelt zu einer Ersatzreligion werden kann, die mit religiösem Enthusiasmus propagiert wird.

Schließlich sollten wir uns aus zwei Gründen aktiv an der Klimadebatte beteiligen. Erstens aus Liebe zu Gott, denn der säkulare Heilsplan schmälert die Ehre Gottes – die Ehre des Gottes, der völlig aus dem Bild verschwunden ist. Zweitens sollten wir uns aus Liebe zum Nächsten daran beteiligen, denn viele unserer Mitmenschen verfallen einer neuen Lüge. In der Klimadebatte geht es um Schuld. Schuld ist die Geißel des modernen säkularen Menschen, von der er sich nicht befreien kann. Das Zeugnis der Kirche kann von solchen Triebkräften befreien und die Voraussetzungen für eine objektive Beurteilung des Klimawandels schaffen. Die ‚Natur‘ kann ‚Sünden‘ nicht vergeben. Mit dieser Trostlosigkeit und dem negativen Menschenbild dahinter wird sich der nächste Beitrag befassen.[1]

Didier Erne arbeitet als Berater in der Finanzwelt und hat an der Universität Genf Wirtschaftswissenschaften und an der Faculté Jean-Calvin in Aix-en-Provence reformierte Theologie studiert. Mit seiner Frau Michelle und seinen drei Kindern gehört er der Presbyterianischen Gemeinde Zürich an.


[1] Weiterführende Literatur zu diesem Thema:

Robert Whelan, Joseph Kirwan, Paul Haffner: The Cross and the Rain Forest. A Critique of Radical Green Spirituality, Grand Rapids [Eerdmans] 1996.

Eugene M. Klaaren: Religious Origins of Modern Science, Grand Rapids [Eerdmans] 1977.

Herbert Butterfield: The Origins of Modern Science, New York City [The Free Press] 1965.