Eine Weltsicht, die Gott einschließt
- Wir benötigen eine Gesamtsicht der Welt, in der der Gott, der sich in der Heiligen Schrift geoffenbart hat, die wichtigste und meistgeschätzte Person unseres Lebens ist.
- Sprachliche und gesellschaftliche Modelle und Theorien arbeiten mit Voraussetzungen. Wenn Gott aus diesen verbannt wird, verschwindet auch die Sünde. Das führt zu Verzerrungen und Reduktionismen in den Theorien und vor allem in deren Schlussfolgerungen.
- Auch unsere Vorstellungen über menschliche Beziehungen müssen einer rigorosen Überprüfung durch die biblische Offenbarung unterzogen werden.
- Leider leben wir als Christen oft als „funktionale Atheisten“. Das heißt, wir bedenken nicht, wie die Sünde sämtliche Beziehungen zerstört hat. Wir neigen dazu, Beziehungen zu „vergötzen“. Dadurch gehen wir der wiederherstellenden Kraft des Heiligen Geistes verlustig, durch die Beziehungen (zumindest teilweise) wiederhergestellt werden.
- Alle menschlichen Aktivitäten sind direkt oder indirekt von Beziehungen beeinflusst. Nehmen wir das Beispiel der Gartenpflege: Wir gärtnern angeregt durch den Rat und das Beispiel anderer. Unser Saatgut beziehen wir aus einem Geschäft. Wenn wir unseren Garten bestellen, dann haben wir damit bestimmte Absichten in Bezug auf andere Menschen (zum Beispiel: Nachbarn). Diese Arbeit kann viel schöner sein, wenn wir uns dabei mit einer anderen Person unterhalten können.
Trinität als das Original von Beziehungen
- Der trinitarische Charakter Gottes ist der Startpunkt, um menschliche Beziehungen zu verstehen.
- Gott pflegt persönliche Beziehungen innerhalb von sich selbst. Die drei Personen der einen Gottheit stimmen in ihren Zielen miteinander überein und führen die Absichten der anderen aus.
- Drei zentrale Aspekte dieser Beziehungen sind Liebe (Joh. 3,35; 14,31), Kommunikation (Joh. 17,8) und Erkenntnis (Joh. 15,22.26).
- Wir Menschen haben die Fähigkeit, Beziehungen zu knüpfen, weil uns Gott, unser Schöpfer und unser Erlöser, die Fähigkeit dazu geschenkt hat, die seiner eigenen Beziehung innerhalb der Dreieinigkeit entspricht.
- Unsere sämtlichen Beziehungen sind abgeleitet vom Original der Dreieinigkeit. Ein irdischer Vater steht beispielsweise analog zum himmlischen Vater (Eph. 3,14.15).
- Wahrhaft geordnete Beziehungen reflektieren deshalb die Herrlichkeit Gottes.
- Selbst die Beziehungen von Nichtchristen stehen in Abhängigkeit von der Ordnung Gottes des Schöpfers.
- Christen haben den Auftrag, sich an der Liebe von Christus zu orientieren (Eph. 5,2).
Der Bündnischarakter von Beziehungen
- Die Beziehung Gottes zu den Menschen trägt den Charakter eines Bundes.
- Das gesamte Neue Testament ist Ausdruck des Neuen Bundes mit Christus (2Kor. 3,6).
- Die gesamte Bibel kommuniziert im Rahmen des Bundes.
- Einzelne menschliche Beziehungen tragen ebenfalls Bundescharakter, namentlich die Ehe (Mal. 2,14).
- Menschliche Verträge sind Vereinbarungen in Form von Bündnissen.
- Wir unterstehen stets Gottes Standard, ob wir dem zustimmen oder nicht.
- Ohne Gott wird es schwierig, über den Ursprung moralischer Verpflichtungen zu sprechen.
Menschliche Handlungen als Abbild der Dreieinigkeit
- Menschliche Handlungen beinhalten Plan, Ausführung und Einfluss/Auswirkung. Dies spiegelt die Dreieinigkeit wider.
- Jede kreative Handlung eines Menschen beinhaltet die Idee, danach die Aktivität/Ausführung sowie die kreative Kraft (Bedeutung, Antwort der Seele).[1]
- Die erste Interaktion zwischen Gott und Mensch trägt bereits den Charakter einer Beziehung (1Mos. 1,28-30).
- Obwohl der Mensch gesündigt hat, spricht Gott eine Verheißung aus und verheißt damit die Wiederherstellung der Beziehung (1Mos. 3,9-19).
- Menschliche Liebe umfasst den Liebenden, das Band der Liebe und den Empfänger dieser Liebe (Augustinus).
Gott erhält Beziehungen
- Wissenschaftler entdecken Regelmäßigkeiten in der Schöpfung, die auf Gottes Treue und Konsistenz zurückzuführen sind.
- Gott ist Schöpfer und Herrscher der Primärursachen, die Menschen agieren als Sekundärursachen (siehe Apg. 2,23; 4,27.28).
- Gott erwartet von (erneuerten) Menschen, dass sie verantwortungsvoll entscheiden (Eph. 5,15-18).
- Die (wiederhergestellte) Gemeinschaft mit Gott öffnet unseren Geist für neue Richtungen und Gedanken (Röm. 6,20-22).
Über die Komplexität einzelner Handlungen
- Selbst anscheinend einfache Handlungen, wie der Kauf von Lebensmitteln, sind in ein komplexes Netz menschlicher Beziehungen eingebettet.
- Menschen mit bestimmten Absichten oder Plänen sowie mit einem bestimmten Wissens- und Erkenntnisstand, führen Dinge und Handlungen in bestimmter Weise zusammen.
- Es gibt drei Perspektiven auf personale Interaktionen: Partikular (Einzeldinge unter Annahme einer Stabilität); Wellen (Handlungen); Feld (gleichzeitige Präsenz mehrerer Dinge).[2]
- Keine einzige menschliche Aktivität geschieht also in absoluter Isolation.
- Die letztgültige Umgebung jeder Handlung ist Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt.
- Es gibt Regelmäßigkeiten und Unterschiede in den Handlungen.
- Es existieren Regeln für einzelne Handlungen wie auch für wiederholende oder regelmäßige Handlungen.
- Manche Regeln sind an bestimmte Voraussetzungen und Umstände gebunden.
- Trotz des ständigen Wechsels von Raum und Zeit gibt es Wahrheit und Beständigkeit.
- Gott ist sowohl in die regelmäßigen wie auch in die außerordentlichen Geschehnisse involviert (siehe zum Beispiel Ps. 104).
- Die Regeln selbst sind unsichtbar, die Folgen von Einhaltung oder Nichteinhaltung jedoch sichtbar.
Beziehungen und Kulturen
- Gottes Gesetze, wie zum Beispiel die Zehn Gebote, entspringen Gottes moralischem Charakter und sind kulturübergreifend gültig (moralischer Wille Gottes).
- Wer die moralischen Ordnungen Gottes bricht, hebt sie nicht auf, sondern bestätigt sie.
- Gott kontrolliert zudem in seiner Vorsehung sämtliche Kulturen (souveräner Wille Gottes).
- Diese Kontrolle erstreckt sich bis in die kleinsten Details unseres Alltags (Mt. 10,29.30).
- Regeln sind letztlich nicht unpersönlich, sondern persönlich, weil Gott als letzte Realität dahintersteht.
- Die Erkennbarkeit der Regeln ist eng mit deren Rationalität und Immanenz verknüpft.
- Der gefallene Mensch baut sich Götter in Form von eigenen, Gottes Gesetzen widersprechenden Ideen bezüglich menschlicher Beziehungen.
- Indem der Mensch die zwischenmenschlichen Beziehungen als in sich selbst für ausreichend betrachtet, entpuppt er sich als Götzendiener.
Interpretationen von Beziehungen
- Elemente der Erkenntnis, wie Gott etwas gedacht und geschaffen hat, vermischen sich oft mit Elementen der Lüge. In Apostelgeschichte 17,28 zitiert Paulus einen antiken Denker und dessen pantheistisches Verständnis Gottes. Im Blick auf die Immanenz Gottes hat er jedoch Recht.
- Selbstsucht, Eigenwille und Stolz als Folge der Sünde führen zu widerstrebenden Absichten und stören Beziehungen.
- Durch unsere Fähigkeit, uns außerhalb von uns selbst und unserer Zeit zu stellen, also uns selbst zu transzendieren, können wir Perspektiven anderer bis zu einem gewissen Grad übernehmen.
- Die Erfahrung ähnlicher Nöte und Erfahrungen geben eine besondere Nähe, die Gott gebrauchen kann, um andere zu trösten (2Kor. 1,3).
- Neben den Gemeinsamkeiten durch das Menschsein und ähnlicher Sozialisierung (Zugehörigkeit zu derselben Subkultur) und Erfahrungen gibt es jedoch auch Unterschiede. Das Herz allein kennt seinen Schmerz (Spr. 14,10).
- Es gibt zudem eine doppelte Grenze: Unsere Endlichkeit begrenzt unser Wissen und unsere Perspektive (im Gegensatz zu Gott, Spr. 15 3). Zudem verzerrt die Sünde unsere Wahrnehmung.
- Durch das neue Leben in Christus sind wir fähig, Denkweisen und Gewohnheiten zu verändern. Das ist ein fortlaufender mühevoller Prozess (Kol. 3,5-17).
- Jesus gibt uns das Kriterium der „Früchte“, also der äußeren Ergebnisse, die (begrenzten) Rückschluss auf das Innere erlauben (Mt. 7,15-20; vergleiche Mt. 15,18.19).
- Das Ziel allen menschlichen Handelns wird seine Erfüllung auf der neuen Erde finden.
Der Artikel wurde angeregt durch das Buch: Poythress, Vern, Redeeming Sociology. Wheaton [Crossway] 2011.
[1]) Sayers, Dorothy, The Mind of the Maker. London [Metheun] 1941, S. 23.
[2]) Analog zu Pike, Kenneth L., Language as particle, wave and field. 1959.