Einleitung: Befreiung – ein biblisches Thema
Der Apostel Johannes berichtet uns in seinem Evangelium von einem Wortwechsel zwischen Jesus und den Juden. Die Auseinandersetzung drehte sich um die Frage: Welcher Mensch kann von sich behaupten, wahrhaft frei zu sein? (Joh. 8,31-47).
Für unser Thema ist das, was der Sohn Gottes dazu lehrt, außerordentlich aufschlussreich. Aus Zeitgründen ist es nicht möglich, auf diesen Abschnitt aus dem Neuen Testament ausführlicher einzugehen. Aber ein Aspekt ist für das Thema, das hier zur Debatte steht, beachtenswert. Christus macht im Lauf der Debatte deutlich, dass die Klärung der Frage, ob du frei bist, von der Antwort abhängt, die du auf die Frage gibst: Wer ist dein Vater? Denn, so stellt der Herr klar: Keineswegs ist der frei, der tun kann, was er will, sondern frei ist derjenige, der das in seinem Leben erfüllt, wozu er von seinem Urheber, von Gott, bestimmt und geschaffen worden ist.
Im Vergleich dazu ist der Mensch, der Gott den Vater nicht als seine Autorität hat, nicht frei, sondern er ist Sklave. Er ist ein Sklave des Teufels. Indem der Herr die Beziehung zum Teufel als „Sklaverei“ bezeichnet, führt er uns vor Augen, dass die Beziehung zum Teufel in Wahrheit niemals als Vaterschaft qualifiziert werden kann. Zwar greift der Herr zunächst den Begriff des Vaters auf: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun.“ Aber er fügt sofort hinzu: Dieser „Vater“ ist ein „Menschenmörder“ und ein „Lügner“ (Joh. 8,44).
Mit anderen Worten: Es gibt keine „Vaterschaft“ zum Teufel. Der Teufel verhält sich zum Menschen als ein Menschenverführer, als ein Menschenzerstörer. Ein Mensch, der ohne Gott in dieser Welt sein Leben fristet, steht unter der Tyrannei des Teufels. Er ist geknechtet: „Wer die Sünde tut, der ist der Sklave der Sünde“ (Joh. 8,34).
Die Freiheit, die Jesus Christus meint, steht also nicht im Gegensatz zur Unterordnung unter Gott den Vater, sondern setzt diese voraus. Wer dagegen meint, er sei dann frei, wenn er von Gott emanzipiert ist, der ist in Wirklichkeit vom Teufel geknechtet. Wer sich einbildet, er sei frei, wenn er nichts über sich hat, der hat in Wahrheit das Nichts über sich. Der Nihilismus drangsaliert und tyrannisiert ihn.
Wenn wir im Folgenden über das Thema nachdenken, Mann und Frau – und was die Bibel dazu sagt, ist es gut, im Gedächtnis zu behalten, dass Freiheit nicht vermeintliche Bindungslosigkeit heißt, sondern wahre Freiheit ist ein Geschenk. Sie ist ein Geschenk des Sohnes Gottes, der sie uns erwirkt hat, dadurch, dass er uns den Weg zur Quelle unseres Daseins, zu Gott dem Vater geebnet hat: „Wen der Sohn freimacht, der ist in Wahrheit frei“ (Joh. 8,31).
1. Mann und Frau – angesichts des Genderdenkens
1.1. Genderdenken und Feminismus – Was ist daran eigentlich so schlimm?
Was unter dem Genderdenken zu verstehen ist, wurde in dem Artikel von Andreas Späth erläutert. Es wurde ebenfalls von ihm erwähnt, dass das Genderdenken ohne den Feminismus nicht verständlich ist. Der Feminismus, so wie er sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa und in den USA verbreitete, ist in vieler Hinsicht der Nährboden für die gegenwärtige Gendergesinnung.
Wenn wir also die Frage nach Mann und Frau stellen und eine Antwort aus dem Wort Gottes suchen, stellen wir sie in einer geistigen Atmosphäre, die seit Jahrzehnten vom Feminismus bestimmt war und noch immer ist und seit etwa 25 Jahren verstärkt wird durch das Genderdenken.
Nun zeigt jedoch die Erfahrung, dass auch unter Christen das Genderdenken vorkommt und vielfach gar nicht als etwas Negatives empfunden wird. Häufig verläuft die Argumentation dann folgendermaßen: Warum sollen Christen sich eigentlich nicht an dem Streben beteiligen, die Unterschiede zwischen Mann und Frau einzuebnen? Schließlich heiße es doch in der Bibel: „In Christus ist weder Mann noch Frau…“ (Gal. 3,28). Nachdem man diese Schiene einmal betreten hat, landet man bei der Folgerung: Im Grunde hätten doch das Genderdenken und das Evangelium das gleiche Ziel! Beiden gehe es um Beseitigung von Unterdrückung. Beide zielten auf die Befreiung aus von Menschen übergestülpten Verhaltensmustern. Sowohl das Genderdenken als auch das Neue Testament wollten Freiheit: „Ihr seid zu Freiheit berufen“ (Gal. 5,1). Kurzum: Muss das Genderdenken nicht eher als eine Auswirkung des Evangeliums verstanden werden, als eine Lehre, die in Verlängerung zum Evangelium steht, so dass Christen die Gendergesinnung nicht verwerfen sollten, sondern im Gegenteil zu begrüßen haben?
1.2. Christen haben sich für die Beseitigung von jeglicher Unterdrückung einzusetzen
Überall dort, wo Menschen drangsaliert und unterdrückt werden, ist dies nicht in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes. Wenn Menschen wegen ihres Geschlechts herabgewürdigt werden, dann versteht es sich von selbst, für die Beseitigung dieser Diskriminierung einzutreten. Es ist unstrittig, dass Frauen heutzutage in vielfältiger Weise bedrängt, gequält und kaputt gemacht werden. Der Umstand, dass es in jeder größeren Kreisstadt, von Großstädten ganz zu schweigen, ein Frauenhaus gibt, ja geben muss, spricht Bände.
Nach vorsichtigen Schätzungen wurden inzwischen weit mehr als eine halbe Million Frauen aus Osteuropa, Ostasien und der Karibik nach Westeuropa als Prostituierte eingeschleust (allein in Deutschland ungefähr 400 000). Sie werden hier ohne Papiere, ohne jegliche Rechte in der schamlosesten und brutalsten Weise ausgebeutet. Dieses ist Sünde. Im Licht des Wortes Gottes ist es richtig und gut, sich einzusetzen, dass Frauen nicht ausgebeutet, misshandelt, schikaniert und tyrannisiert werden.
1.3. Das Genderdenken zielt auf eine neue Gesellschaft, auf ein neues, völlig anderes Menschenbild.
Aber dem Genderdenken geht es eben nicht um die Befreiung von der Unterdrückung von Menschen, sondern es hat etwas völlig Anderes im Auge. Bereits der Feminismus, so wie er nach dem Zweiten Weltkrieg aufkam, war nicht eine Weiterführung der zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgekommenen Frauenrechtsbewegung. Während vor hundert Jahren die Suffragetten an der politisch-rechtlichen Gleichstellung der Frau interessiert waren – es ging um Themen wie Frauenwahlrecht, Recht der Frauen auf Bildung, Studium und Berufsausübung – zielt die feministische Bewegung und nun noch radikaler das Genderdenken auf die Abschaffung des Mannes und der Frau. Weder dem Feminismus noch dem Genderdenken geht es darum, der Frau einen Freiraum für die Entfaltung ihres Wesens zu erwirken. Es geht den betreffenden Agitateuren keineswegs darum, der Frau oder dem Mann den ihnen von Gott, ihrem Schöpfer, zugewiesenen Platz einzuräumen, sondern diese Ideologie will eine andere Gesellschaft. Sie will eine andere Kultur. Sie will eine neue Realität.
Die Voraussetzung des Feminismus und noch entschiedener die geistige Grundüberzeugung des Genderdenkens lautet: Die Frau wurde durch die Zivilisation, durch die Gesellschaft zu diesem Wesen namens Frau gemacht. Entsprechend, so die Genderideologen, verhalte es sich beim Mann. Dass sich Mann und Frau unterschiedlich benehmen, sei nicht so sehr biologisch bedingt, sondern es sei auf soziale Ursachen zurückzuführen, das heißt, auf Erziehung und auf das soziale Umfeld.
1.4. Vom Feminismus zum Genderdenken
Die Vorkämpferin des neuzeitlichen Feminismus war Simone de Beauvoir. In Ihrer Schrift „Das andere Geschlecht“ (1949) proklamierte sie den berühmten Satz: „Man wird nicht zur Frau geboren, sondern man wird dazu gemacht.“
Die Lebensgefährtin des französischen Philosophen Jean Paul Sartre wollte damit zum Ausdruck bringen: Nicht die Natur sei schuld daran, dass die Frau so ist, wie sie jetzt „leider“ ist, sondern die Kultur. Es sei die zivilisatorische Umwelt, die die Frau zu ihrem jetzigen Leben gezwungen habe.
Hinter dieser These steht die zu jener Zeit stark verbreitete Existenzphilosophie von Camus und besonders von Sartre („Die Natur des Menschen existiert nicht„). Diese Existentialisten lehrten: Was der Mensch ist, das wählt er in freier Entscheidung. Es gebe keine für alle Zeiten gültigen gesellschaftlichen oder sonstigen Strukturen oder gar von Gott gesetzte Ordnungen. Vielmehr konstruiere der Mensch die Strukturen, die Ordnungen sich selbst. Er sei der „Entwerfer“ seines Lebens.
Die Nachfolgerinnen von Simone de Beauvoir, ich nenne hier lediglich Betty Friedan und Mary Mead, letztere in ihrem Buch Jugend und Sexualität in primitiven Gesellschaften, zogen daraus die Folgerung, dass Frauen nicht von Natur aus, nicht grundsätzlich und keineswegs für alle Zeiten auf ihr Frausein festgeschrieben seien. Das „Frausein der Frau“ sei vielmehr ein Zivilisationsprodukt. Es sei die Folge einer bösen, „androzentrischen“, das heißt „männlichkeitsbezogenen“ Unkultur. Wenn aber eine männlichkeitsbezogene Unkultur die Frau zu dem gemacht hat, was sie heute ist, dann heißt das im Umkehrschluss: Die Frau ist in der Lage, sich neu zu erfinden.
Der Feminismus ist also der Protest gegen die vorgegebene Realität. Er wurde in radikaler Weise von Shulamith Firestone in Worte gefasst. Sie bewertete Menstruation, Zeugung, Schwangerschaft und Geburt als Geißeln der Frau.1 In jenen Jahren hämmerte Alice Schwarzer die These in die Köpfe der Deutschen: Abgesehen von kleineren anatomischen Unterschieden seien Mann und Frau gleich.2 Nach Umfragen gilt die jahrelange Herausgeberin der Zeitschrift Emma als die für die deutsche Gesellschaft einflussreichste Deutsche. Sie wird nicht müde zu lehren, dass Mann und Frau die gleichen Fähigkeiten hätten, so dass, wenn man sie in gleicher Weise erziehen würde, sie auch die gleichen Neigungen und Eignungen entwickeln würden.
Diese Denkweise bildete den geistigen Humus, auf dem das Genderdenken gedeihen konnte. Die Kernthese des Genderdenkens lautet entsprechend: Die Frau ist nicht wesenhaft anders als der Mann, und der Mann ist nicht wesenhaft anders als die Frau. Die heute zu beobachtenden Unterschiede seien nicht auf eine unterschiedliche Natur (Wesen) von Mann und Frau zurückzuführen, sondern dafür sei die Gesellschaft verantwortlich. Männer seien deswegen dominierend, weil kleinen Jungen beigebracht worden sei, aggressiv zu sein. Kleinen Mädchen sei es eben nicht beigebracht worden, sich durchzusetzen. Sie seien gelehrt worden, mehr auf Menschen orientiert zu sein. Die Konsequenz dieser Grundannahme lautet: Erziehe deine kleine Tochter ebenfalls aggressiv, dann wird sie genauso werden wie ein Junge. Dann werde die Bereitschaft zum Führen und Leiten gleichmäßig auf die Geschlechter verteilt werden und dann brauche man bei der Besetzung von Aufsichtsräten nicht mehr mit „Frauenquoten“ nachzuhelfen. Ferner empfehlen die entsprechend geschulten Pädagogen, Soziologen und Psychologen, dass Jungen viel mit Puppen spielen sollen, damit sie auf diese Weise geschlechtsspezifische Verhaltensweisen von Frauen möglichst frühzeitig übernehmen.
1.5. Die Absicht des Genderdenkens ist der androgyne (Mann-weibliche) Mensch
Die Genderideologie zielt also nicht darauf ab, dass der Mann seinen von Gott gegebenen Platz einnehmen soll oder dass die Frau ihren von Gott gegebenen Platz bekleidet. Vielmehr wird hier die geistige Konstruktion verbreitet, man solle sich nicht mehr – je nach dem – als Mann oder als Frau verstehen, sondern als androgyner Mensch, das heißt, als mann-weiblicher Mensch.
Um das Ziel einer Gesellschaft androgyner Menschen zu erreichen, ist heute ein Kulturkampf unumgänglich. Als Etappenziel dieses Kampfes steht zunächst die Abschaffung des Mannes auf dem Programm, so wie er im Augenblick (noch weitgehend) ist. Denn dem gesellschaftlichen Ziel, den androgynen Menschen zu schaffen, stehe in der Gegenwart vor allem der Mann im Weg. Dabei kann man den Ausdruck „Mann“ durchaus austauschbar verwenden mit Begriffen wie „Herrschaftsstruktur“, „Tyrann“, „Despot“ oder „Ausbeuter“. Wie also bereits im Feminismus gilt der Mann nach wie vor als derjenige, der für alles Böse in dieser Welt verantwortlich ist, für Hass und Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung und für jede Art nervlicher Zerrüttung, Alltagssorgen und sonstiger Widerwärtigkeiten des menschlichen Miteinanders.
Wenn es dann gelungen sein werde, den Mann, so wie er jetzt ist, abgeschafft zu haben, dann könne der Idealmensch, der androgyne Mensch, entstehen. Sobald dieser mann-weibliche Idealmensch zum Vorschein gekommen sein wird, werde sich die Menschheit von selbst im idyllischen Glück eines spannungslosen Kollektivismus wiederfinden.
Dieses Quasi-Heilsziel ist, so werden wir informiert, noch nicht erreicht. Aber das heißt nur, dass umso entschiedener die Forderung in die Köpfe der Menschen gestampft werden muss, dass sowohl der Mann als auch die Frau sich nicht mehr an ihrer jeweiligen Natur ausrichten dürften – so etwas wie Natur gebe es überhaupt nicht – sondern dass sich alle an einer androgynen Idealvorstellung zu orientieren hätten.
Ein sehr flüchtiger Blick in die gegenwärtigen Medien, macht bereits deutlich, wie diese Zielvorgabe erreicht werden soll: Als Stars werden diejenigen vorgestellt, die die Imperative des modernen Geschlechtermischmaschs verinnerlicht zu haben scheinen. Deswegen gelten sie als befugt, die geistige Marschrichtung in die androgyne Gesellschaft vorzugeben. So werden unseren Kindern und Jugendlichen mädchenhaft sich gebende boy-groups vorgeführt. Die Werbung malt uns vor Augen, dass ein Mann dann als maskulin zu gelten habe, wenn er das Bild eines mit Gel durchgestylten, nach Parfüm riechenden Modeaffen abgibt. In entsprechenden Filmen wird der Mann, sofern er die Lektion gelernt hat, als partnerschaftlich auftretender „neuer Vater“ gezeichnet oder – zur Abschreckung – als Tyrann oder aber als Familientrottel oder sonstwie als peinliche Nullnummer, dem jegliche Bereitschaft, Verantwortung für Familie oder Gesellschaft zu übernehmen, fremd geworden ist.
Im Vergleich zum Mann, dem Lebensdeserteur, wird die Frau als Karrieristin gezeichnet, die jegliche Doppelbelastung souverän meistert. Falls allerdings eine Frau noch an vorgestrigen Verhaltensmustern kleben sollte, darf sie sich des beißenden, medialen Spottes über ihr antiquiertes „Muttergluckentum“ gewiss sein. Oder was sollte die bereits im Jahr 2001 in der nicht gerade als links geltenden FAZ anzutreffende assoziative Frage sonst für einen Sinn haben: „Wollt ihr die totale Mutter?“
Immerhin haben dank der Riege unserer Familienministerinnen die Mütter jetzt die Möglichkeit, auf die „Herdprämie“ zu verzichten und ihre „Brut“ so schnell wie möglich abzuschütteln. Sie dürfen sie abliefern in Krabbelstuben, Zwergenhorte, Wickel-Sharing-Gruppen, Kinderkrippen, Kleinkinderläden, Kindertagesstätten oder wie diese Aufzuchtbatterien in politisch-korrekter Weise sonst noch etikettiert werden.
Falls jemand es wagt, kritische Anfragen zu dieser schönen neuen Welt zu äußern, kann er an Eva Hermann studieren, zu was für einem gnadenlosen Hass unsere ach so tolerante veröffentlichte Meinung fähig ist.
Aber wie bereits angedeutet: Das Genderdenken begegnet nicht nur beharrlich in den Massenmedien, es wirkt sich auch in christlichen Gemeinden aus, also dort, wo eigentlich das Wort Gottes Geltung haben sollte. Auch hier stellen wir fest, dass man Schritt für Schritt der Ansicht zuneigt, die biblische Lehre über Mann und Frau müsse revidiert werden. Entweder man erklärt, die Heilige Schrift sei zeitgebunden, kulturbedingt, also veraltet, oder man sucht die betreffenden biblischen Aussagen umzuinterpretieren, hin auf die heutigen gesellschaftlichen Vorgaben.
Wir können natürlich auch als nach der Wahrheit Hungernde und Dürstende die Frage stellen, was der zu dieser Thematik in seinem Wort sagt, der Mann und Frau geschaffen hat: Wie hat Gott der Schöpfer den Mann und die Frau gewollt? Welche Bestimmung(en) hat er ihnen jeweils zugewiesen? Wie will der Schöpfer, dass das Miteinander und Zueinander von Mann und Frau aussieht?
2. Mann und Frau – die biblische Ordnung
2.1. Gott schuf den Menschen als Mann und als Frau
Wenn wir diese Fragen an die Heilige Schrift stellen, brauchen wir nicht lange nach Antworten zu suchen. Die Bibel geht nicht nur ausführlich und sehr grundsätzlich auf die Stellung von Mann und Frau und deren Bestimmung ein; sondern das Wesentliche darüber wird uns bereits in den ersten Kapiteln des Wortes Gottes mitgeteilt. Dabei kann ich an das anknüpfen und darauf aufbauen, was in der in dieser Ausgabe abgedruckten Predigt von Pastor Rühle zu lesen ist. Tatsächlich vermitteln bereits die ersten Seiten der Heiligen Schrift den Orientierungsrahmen für Wesen, Bestimmung und Aufgaben von jeweils Mann und Frau.
Am Anfang der Bibel werden wir informiert, dass diese Welt nicht durch einen Urknall entstanden ist. Gott schuf sie. Über den Schöpfungsprozess wird uns nicht jedes Detail mitgeteilt. Aber wir erfahren, dass Gott sein Schöpfungswerk innerhalb eines Zeitraums von sechs Tagen vollbrachte. Dabei ist ausdrücklich jeder Tag durch Abend und Morgen umschlossen. Es fällt auf, dass nahezu bei jedem Schöpfungstag herausgestellt wird, dass Gott scheidet oder trennt (1Mos. 1,4.6.7.9.14). Bereits daran wird deutlich, dass Gott in seiner Schöpfung keinen Einheitsbrei will, sondern Differenzierung.
Wenn dann die Bibel auf die Schöpfung der Menschen zu sprechen kommt und uns Gottes Absicht mit der Erschaffung von Mann und Frau wissen lässt, stellt sie klar: Am Anfang der Menschheit stand nicht eine Urhorde von Halbaffen, sondern am Anfang schuf Gott den Menschen in seinem Bild, und zwar – so heißt es ausdrücklich – als Mann und als Frau: „Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn; er schuf sie als Mann und Frau“ (1Mos. 1,27).
Von Anfang an wollte Gott also beim Menschen die Polarität. Die Unterschiedlichkeit von Mann und Frau bezieht Gottes Wort sofort auf die Geschlechtlichkeit: „Und Gott segnete sie (Mann und Frau) und sprach zu ihnen: ‚Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde'“. In ihrer Sexualität kommt einerseits die Differenzierung von Mann und Frau zum Ausdruck, andererseits aber wird hieran deutlich, dass die beiden aufeinander bezogen sind.
In gewissem Sinn spiegeln sie damit den dreieinigen Gott wider: Auch bei Gott ist eine Unterscheidung der Personen gegeben, die aber zueinander gehören, ja eine Einheit bilden.
Tatsächlich lässt uns der dreieinige Gott in keinem anderen Bereich unseres Menschseins so eng an seinem Schöpfungswerk Anteil haben, wie in der geschlechtlichen Vereinigung von Mann und Frau. Auf diese Weise dürfen sie am Entstehen von jemandem Anteil bekommen, der eine unvergängliche Seele hat. Ist es da überraschend, dass eine Menschheit, die diesen Gott nicht mehr kennt, nicht mehr kennen will, mit dem Schöpfungsgeschenk der Polarität von Mann und Frau nichts mehr anfangen kann? Der Apostel Paulus stellt klar: Abkehr von Gott, dem Schöpfer, führt zur Perversion in der Sexualität, unter anderem führt sie in homosexuelle Verirrung (Röm. 1,18-27).
Halten wir fest: Der dreieinige Gott wollte den Menschen nicht an sich, sondern er wollte ihn als Mann und als Frau, und diese Polarität steht von Anfang an unter dem ausdrücklichen Wohlgefallen Gottes: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1Mos. 1,31).
Gerade als geschlechtliche Wesen erfahren Mann und Frau, wie in der Gabe ihrer Sexualität die größten Freuden und (nach dem Sündenfall) die tiefsten Verzweiflungen nahe beieinanderliegen.
Was wir in den Versen aus 1Mose 1 zusammengefasst über die Schöpfung von Mann und Frau erfahren, wird uns dann in Kapitel 2 detailliert geschildert. In diesem Kapitel erfahren wir, wie Gott den Mann und die Frau geschaffen hat und zu welcher Bestimmung.
Es wird uns berichtet, dass Gott den Adam aus dem Erdboden bildete und ihm den Odem des Lebens einhauchte (1Mos. 2,7). Dann erschuf er aus seiner „Rippe“, oder wohl besser zu übersetzen: aus seiner „Seite„, diejenige, die ihm entspricht (1Mos. 2,21). Adam begrüßte die Erschaffung der Frau mit jubelnder Freude: „Endlich ist das Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch!“ (1Mos. 2,23).
Dieser Bericht wird uns allerdings nicht nur gegeben, damit wir darüber informiert werden, woher der Mensch stammt. Wir erhalten hier nicht nur einen Report über Geschehenes, sondern es werden uns damit gleichzeitig auch moralische Normen für unser Verhalten vor Augen geführt. Hören wir selbst: „Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen; und während er schlief, nahm er eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Und Gott der Herr bildete die Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, zu einer Frau und brachte sie zu dem Menschen. Da sprach der Mensch: ‚Das ist endlich Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch! Die soll „Männin“ heißen; denn vom Mann ist sie genommen!“ (1Mos. 2,21-23). Aus dieser Mitteilung, wird dann eine Ethik abgeleitet: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden ein Fleisch sein“ (1Mos. 2,24). Im Anschluss daran geht der historische Bericht weiter: „Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie schämten sich nicht.“
Das Wort Gottes verkündet überall, dass das Gegenüber von Mann und Frau gut ist. Im Rahmen der Ehe ist unsere Geschlechtlichkeit etwas Positives. Das macht zum Beispiel das Hohelied deutlich. In diesem biblischen Buch, in dem es zentral um das Zueinander von Mann und Frau geht, wird uns nicht etwa ein privates außereheliches Stelldichein geschildert, sondern es setzt ausdrücklich die Eheschließung voraus (Hohl. 3,11).
Im Buch der Sprüche hält Salomo fest: „Deine Quelle sei gesegnet! Freue dich der Frau deiner Jugend! Die liebliche Hinde, die anmutige Gemse, ihre Brüste mögen dich allezeit berauschen – in ihrer Liebe sei trunken immerfort“ (Spr. 5,18.19). Wenn man diese Aussage im Zusammenhang der Kapitel 5 bis 7 liest, wird deutlich, dass die Wertschätzung gegenüber der ehelichen Sexualität nachdrücklich in einem Gegensatz zur Unzucht und zur Hurerei steht, das heißt zu außerehelichen sexuellen Beziehungen.
Auch Jesus weist für seine ethischen Lehren immer wieder auf die Norm hin, die mit der Schöpfung gegeben worden ist. Dazu ein Beispiel: Als die Pharisäer Jesus versuchten und ihm die Frage vorlegten, ob es erlaubt sei, sich aus jeder Ursache von seiner Frau scheiden zu lassen, antwortet Jesus bezeichnenderweise nicht direkt im Sinn von: Ja, das ist erlaubt, oder: Nein, das ist nicht erlaubt. Vielmehr weist der Herr darauf hin, wie es „von Anfang“ war: „Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie am Anfang als Mann und Frau erschuf und sprach: ‚Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen; und die zwei werden ein Fleisch sein?‘ So sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!“ (Mt. 19,4-6). Das heißt: Auch für die Frage der Berechtigung und der Nichtberechtigung einer Ehescheidung gilt der Maßstab, wie es „am Anfang“ war. Die Ehe ist kein Taubenschlag, sondern eine Schöpfungsordnung.
Genau das Gleiche lehren auch die neutestamentlichen Briefe. Als in der Gemeinde von Ephesus Menschen auftraten, die unter anderem die Ehe verwarfen – sie meinten ihre Geschlechtlichkeit würde einem religiös-geistlichen Ideal widersprechen oder sei unwürdig – stellt der Apostel Paulus unmissverständlich klar, dass dies eine Lehre „der Dämonen“ ist (1Tim. 4,1-4). Mit anderen Worten: „Wer die Ehe verwirft (und in ihr die Sexualität), verwirft die Schöpfung und damit den Schöpfer. Er verfällt damit einer dämonischen Lehre. Der Schreiber des Hebräerbriefes verlangt: „Die Ehe sei geehrt in allem“ (Hebr. 13,4).
Dass Gott die Ehe bejaht, kommt auch in 1Korinther 7 zum Ausdruck. Wenn der Apostel Paulus in diesem Kapitel die Ehelosigkeit empfiehlt, und zwar denjenigen, die die entsprechende Gabe empfangen haben, dann ist sein Beweggrund dafür nicht die Geringschätzung oder gar die Ablehnung der Ehe. Er argumentiert hier nicht vom Boden eines asketisch-leibfeindlichen, hellenistischen Ideals. Vielmehr ist das Motiv für die Ehelosigkeit ein Geistliches: Er bittet Christen abzuwägen und den Stand der Ehelosigkeit wegen der größeren Verfügbarkeit für Gott nicht zu verachten (1Kor. 7,32.34.35).
Dabei sei abschließend noch einmal betont: Wenn das Wort Gottes von „Ehe“ spricht, dann meint es niemals die Beziehung von zwei Männern oder von zwei Frauen, sondern ausnahmslos immer das Zueinander von Mann und Frau. Gott will die geschlechtliche Polarität. Er will, dass wir die Unterschiedlichkeit der Geschlechter hochschätzen.
2.2. Gott schuf Mann und Frau gleichwertig
Gott schuf den Menschen nicht nur nicht geschlechtslos, er schuf ihn nicht androgyn, sondern er schuf ihn als Mann und als Frau, und zwar im Bild Gottes (1Mos. 1,27). Mit anderen Worten: Sowohl über den Mann als auch über die Frau wird gesagt, dass sie Abbild Gottes sind. Als solche sind beide Geschlechter gleichwertig. Wenn man die Gottebenbildlichkeit des Menschen nur auf, sagen wir, den Mann einschränken wollte, würde man in einen Gegensatz zu Aussagen kommen wie 1Mose 9,6 oder Jakobus 3,9.
In diesem Zusammenhang begegnen uns in 1Mose 1,26 zwei Begriffe. Zum einen finden wir das Wort „Bild“ (säläm), zum anderen den Begriff „Ähnlichkeit“ (demút).
Was aber heißt die Aussage, dass Gott den Menschen im Bild Gottes schuf, ihm ähnlich? Natürlich ist damit nicht gemeint, dass die Menschen wie Gott aussehen. Zwar vergleicht die Heilige Schrift öfters Gott mit leiblichen Aspekten des Menschen (zum Beispiel Ps. 94,9), aber sie lehrt klar, dass Gott Geist ist und dass er sich in vielfältiger Weise von uns unterscheidet (Jes. 46,5).
Darüber, was unter der Ebenbildlichkeit Gottes zu verstehen ist, wurden unzählige Diskussionen geführt und unübersehbar viele Abhandlungen verfasst. Darauf einzugehen ist im Rahmen dieses Artikels natürlich nicht möglich. Aber wenn Ausleger hierbei den Aspekt des Herrschens hervorheben, ist das sicher zutreffend: Der Mensch ist berufen, über die Schöpfung zu herrschen. Der Mensch soll sich die Erde untertan machen (1Mos. 1,28).
Zwei Stellen aus dem Neuen Testament weisen darauf hin, was außerdem mit der Gottebenbildlichkeit zum Ausdruck gebracht wird. Paulus schreibt: „Ihr aber habt Christus nicht so kennengelernt; wenn ihr wirklich auf Ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid – wie es auch Wahrheit ist in Jesus -, dass ihr, was den früheren Wandel betrifft, den alten Menschen abgelegt habt, der sich wegen der betrügerischen Begierden verderbte, dagegen erneuert werdet im Geist eurer Gesinnung und den neuen Menschen angezogen habt, der Gott entsprechend geschaffen ist in wahrhafter Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Eph. 4,20-24). Noch deutlicher ist dann seine Aussage im Kolosserbrief: „Lügt einander nicht an, da ihr ja den alten Menschen ausgezogen habt mit seinen Handlungen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis, nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat“ (Kol. 3,9.10). Aus diesen beiden Aussagen geht hervor, worin die Ebenbildlichkeit Gottes besteht: Gott hat den Menschen geschaffen „in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.“
Durch den Sündenfall Adams haben sowohl der Mann als auch die Frau die Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes verloren. Beide stehen nun unter der Herrschaft der Sünde und unter dem Zorn Gottes. Beide entsprechen damit nicht mehr der Ebenbildlichkeit Gottes.
Bei Gottes Rettungswerk geht es um die Wiederherstellung des Bildes Gottes im Menschen. Sowohl der Mann als auch die Frau sollen wieder Anteil an der Gerechtigkeit und an der Heiligkeit Gottes haben. Zu diesem Zweck ist Jesus Christus Mensch geworden, er, der das Bild Gottes ist (2Kor. 4,4; Kol. 1,15; Hebr. 1,3; siehe auch Joh. 1,18; 12,45; 14,9). Es geht Gott darum, dass wir in das Bild Jesu Christi erneuert werden (2Kor. 3,18; 1Kor. 15,49; 1Joh. 3,2 ff.), das heißt nicht zuletzt, dass wir in unserem Verhalten der Liebe Christi entsprechen (Joh. 13,34; 15,12; Eph. 5,1.2; Phil. 2,5-11; 1Joh. 3,11-18).
Der Weg zur Wiederherstellung dieser Ebenbildlichkeit Gottes führt über die Erkenntnis Christi (Phil. 3,8-14). Sowohl der Mann als auch die Frau sind dazu berufen, Christus zu erkennen. Folglich besteht in der Frage des Heils kein Unterschied zwischen Mann und Frau (Gal. 3,28). Petrus betont, dass die Frau „Miterbin der Gnade des Lebens“ ist (1Petr. 3,7).
1) Shulamith Firestone, Frauenbefreiung und sexuelle Revolution. Frankfurt/M. 1975.
2) Alice Schwarzer, Der kleine Unterschied und seine großen Folgen. Frankfurt/M. 1975.