Die Mystik – aus dem Heidentum, aus fernöstlichen Religionen und dem Katholizismus – hat enorm an Einfluss unter den Christen gewonnen. Es herrscht nicht nur ein starkes Interesse an fernöstlicher Spiritualität, sondern auch ein neuer Enthusiasmus für katholische Mystik. Als vermeintlich direkter Zugang zu Gott und zu jenseitigen Erfahrungen steht sie jedoch im Widerspruch zum biblischen Evangelium: Das Evangelium beruht auf Glauben (vermittelter Zugang zu Gott), während die Mystik auf Erfahrung beruht (vermeintlicher unmittelbarer Zugang zu Gott).
Da für erschreckend viele Christen die Mystik positiv besetzt ist, ist dieses aufklärende und warnende Buch dringend notwendig (Originalton eines Kritikers, der schier fassungslos auf das Buch reagierte: „Jesus, Paulus usw. waren doch alles Mystiker …“).
Der erste kurze Teil des Buches gibt eine Einführung in die Geschichte und aktuelle Problematik und verdeutlicht, wie sehr die Hinwendung zur Mystik unter Christen bereits um sich gegriffen hat.
Der zweite Teil bildet den Hauptteil dieses Buches und bietet ein Lexikon von Personen, Organisationen, Lehren, Praktiken und Phänomenen aus dem Bereich der Mystik, die in letzter Zeit immer häufiger unter Evangelikalen anzutreffen sind. Einige Beispiele für die über 200 Stichwörter: Atemgebet, Rob Bell, Bibel-TV, Christina Brudereck, Buddhismus, Ulrich Eggers, Emerging Church, Enneagramm, Anselm Grün. So bietet sich dieses Buch als Nachschlagewerk an, aber auch ein fortlaufendes Lesen ist keineswegs ermüdend, sondern führt deutlich, lehrreich und in erschreckender Weise vor Augen, welch geballter Fülle mystischer Verführungen und welch riesigem zusammenhängenden Netz von Fallstricken die Christen heute ausgesetzt sind. Vielfach werden haarsträubende Hintergründe etlicher Autoren und Repräsentanten aufgezeigt, die auch im deutschsprachigen Raum insbesondere von evangelikalen Verlagen und Werken verbreitet, empfohlen und gefördert werden (was eine im Buch enthaltene Liste mit deutschsprachigen mystisch geprägten Publikationen und Verlagen dokumentiert).
Der dritte Teil behandelt die typischen Bibelstellen, die von mystik-freundlichen Autoren und Theologen als Beleg für ihre Auffassung herangezogen werden. Dabei wird deutlich, dass die Bibel keine Praktiken wie innere Versenkung, Entspannungstechniken, „hörendes Gebet“ usw. lehrt, sondern die Mystik-Befürworter nur aus dem Zusammenhang gerissene Bibelstellen verbiegen und für ihre Zwecke instrumentalisieren. So bietet dieses Buch eine effektive und dringend nötige Orientierungshilfe.
Georg Walter, Evangelikale und die Mystik. Die unterschätzte Gefahr – Ein Leitfaden zur Orientierung. Paperback, 244 Seiten, Oerlinghausen [Betanien] Verlag 2013, ISBN 978-3-935558-42-6, Preis: 10,90 €
Hans-Werner Deppe