Die Krise
Die meisten Christen beten kaum. Vielleicht murmeln sie vor dem Schlafengehen ein paar Worte, oder ihnen entgleitet vor einem wichtigen Ereignis ein Stoßgebet. Ansonsten beten sie noch mit, wenn der Pastor die Predigt mit Gebet einleitet oder wenn eine Gebetsgemeinschaft im Hausbibelkreis stattfindet. Und das war’s.
Somit kommt der durchschnittliche Christ in Deutschland gefühlt auf 58 Minuten Gebet pro Woche. Das wären dann etwas mehr als 8 Minuten pro Tag. So weit, so schlecht. Unsere Krise besteht in folgenden Punkten:
– Wir beten nicht.
– Wenn wir beten, beten wir, um gebetet zu haben, und nicht, um von Gott erhört zu werden.
– Wenn wir beten, um erhört zu werden, beten wir meist für Dinge, die wir aufgrund unserer Selbstsucht begehren.
– Wir haben es uns in unserer Gebetslosigkeit bequem gemacht.
Der Kern der Gebetslosigkeit besteht im Unglauben und im Selbstvertrauen. Einerseits glauben wir nicht wirklich, dass Gott erhören wird (Unglaube), und andererseits halten wir es tief in unserm Inneren nicht für notwendig, seinen Namen anzurufen, weil wir glauben, wir seien die eigentlichen Macher unseres Lebens (Selbstvertrauen).
2. Die Krise überwinden
Erkenne deine Abhängigkeit vom Herrn! (Joh. 15,5). Erkenne die Notwendigkeit des Gebets! (Luk. 18,1). Bete um Gebet! Biblisches Beten beginnt, wenn wir für biblisches Beten beten. Bete: „Herr, lehre uns beten!“ (Luk. 11,1).
Ein Mittel des Herrn, um seinen Kindern das Beten zu lehren, ist das folgende: Er übergießt sie mit Leiden. Er nimmt sie in Zucht. Der Apostel schreibt: „Denn wir wollen euch, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über die Trübsal, die uns in Asien widerfahren ist, dass wir übermäßig schwer zu tragen hatten, über unser Vermögen, sodass wir selbst am Leben verzweifelten; ja wir hatten bei uns selbst schon das Todesurteil über uns gefällt, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf den Gott, der die Toten auferweckt. Er hat uns denn auch von solchem Tod errettet und rettet uns noch, und wir hoffen auf ihn, dass er uns auch ferner erretten wird, vorausgesetzt, dass auch ihr uns behilflich seid durch eure Fürbitte, damit für die von vielen Personen für uns erbetene Gnadengabe auch von vielen gedankt werde für uns. (2Kor. 1,8-11)
Gott bringt Paulus an das Ende seines eigenen Vermögens. Er führt ihn hinein in Todesangst, und zwar, damit er nicht auf sich selbst vertraut, sondern auf den Herrn (2Kor. 1,9). Paulus betont, dass der Herr ihn vor der Todesgefahr errettet hat und ferner erretten wird, wenn die Glaubensgeschwister in der Fürbitte und Danksagung anhalten (2Kor. 1,11).
3. Biblisch beten
Wir beten biblisch, wenn wir die Bibel beten: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, möget ihr bitten, was ihr wollt, so wird es euch widerfahren“. (Joh. 15,7) Biblisch beten heißt, von der Bibel zu lernen, wie wir beten sollen. Aus der Heiligen Schrift erkennen wir, was unsere Prioritäten im Gebet sein sollen und wie unser Gebet auszusehen hat.
Gute Beispiele sind Daniel 9,1-21 und Psalm 51. In diesen beiden Bibelabschnitten ist das Sündenbekenntnis des Beters zentral. Ein an der Bibel orientierter Beter bekennt seine Schuld vor dem heiligen Gott und bittet um Vergebung. Hierbei ist zu beachten, was die Grundlage unseres Gebets ist. Unsere Grundlage ist nicht unsere Leistung. Unsere Grundlage ist die Gnade Gottes. Wenn meine Grundlage im Gebet Gnade ist – und es ist tatsächlich ausschließlich Gnade -, dann fügen meine Erfolge im christlichen Wandel nichts zu meiner Grundlage hinzu. Ebenso nimmt mein Versagen im christlichen Leben nichts von meiner Grundlage hinweg. Durch Gehorsam werde ich nicht würdiger zu beten. Durch Ungehorsam werde ich nicht unwürdiger zu beten. Ich bin zu jeder Zeit völlig unwürdig vor Gott zu treten, weil ich ein Sünder bin. Daher wird sich der Beter allein auf die Gnade Gottes berufen. Das Einzige, was wir sagen können, ist: „Herr, bitte sei mir Sünder gnädig, und bitte erhöre mein Flehen um deiner Gnade willen.“ Es ist genauso biblisch, den Herrn anzurufen und ihn zu bitten, um seines Namens willen zu handeln. In alledem sollen wir ihm danken. Wir danken ihm für seine Gnade und halten demütig Fürbitte für unsere Glaubensgeschwister, dass der Herr sie bewahren und segnen möge.
4. Ratschläge
Abschließend gebe ich noch Ratschläge weiter, die ich bei Matthew Henry über das Gebet gefunden habe:
Anrede: Erwähne einen oder mehrere von Gottes Namen oder Titeln (Vater, König, Herr). Bekenne, dass du zu seiner Anbetung geschaffen wurdest. Begehre seine Hilfe.
Anbetung: Erkenne sein göttliches Wesen. Benenne seine Wesensarten (Güte, Gnade, Liebe, Heiligkeit, Zorn, Gerechtigkeit, Stärke, Allmacht, Weisheit). Benenne seine vielen Werke. Benenne seine Beziehung zu uns als unserem Schöpfer und Erhalter.
Sündenbekenntnis: Bekenne demütig deine eigene Niedrigkeit. Bekenne deine Sünden. Bekenne, dass du aufgrund deiner vielen Sünden sein Strafgericht verdienst. Bekenne ihm deine Nöte.
Fürbitte: Bitte für die Regierung. Bitte für verfolgte Christen. Bitte für die Gemeinde. Bitte für die Verkündigung des Evangeliums. Bitte für die Heiligung des Volkes Gottes. Bitte für deine Heiligung. Bitte für Glauben. Bitte für Gebet, welches den Herrn ehrt.
Flehen: Flehe vor Gott wegen deiner Bedürfnisse und deiner Nöte. Erinnere dich an die Grundlagen, auf denen du dein Flehen hervorbringst: auf seine Barmherzigkeit und Güte, auf seinen Gnadenbund und seine Verheißungen, auf seinen Namen und seine Ehre. Erinnere dich daran, wie Gott in seiner Heilsgeschichte und in deinem persönlichen Leben bereits gehandelt hat. Bezeuge, dass der Herr Jesus Christus zur Rechten Gottes sitzt und zwischen dir und dem Vater vermittelt. Vertraue auf die Mittlerschaft des Herrn Jesus Christus. Bete in seinem Namen.
Danksagung: Danke für die Dinge, die der Herr dir gibt. Danke für Bewahrung des Körpers und des Geistes. Danke für Gebetserhörung. Danke ihm für seine Gnade.
Amen: Bestätige das Gebetete durch „Amen“. Glaube, dass der Herr dein Gebet erhören wird. Lebe in der Erwartung, dass der Herr dich erhören wird.