Wortverkündigung zu: 1Timotheus 2,1.2

Wortverkündigung zu: 1Timotheus 2,1.2

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen darbringe für alle Menschen, für Könige und alle, die in hoher Stellung sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Gottesfurcht und Ehrbarkeit.

1 Timotheus 2,1.2

Gebet vor allen Dingen

Die Aufforderung, für alle Menschen zu beten, namentlich für die Regierenden, ist in der Gemeinde Gottes immer geboten.

Aber gerade in den Wochen, in denen die Bundestagswahl näher rückt und dadurch auch Richtungsentscheidungen für die kommenden Jahre fallen, ist es sinnvoll, sich diese Anweisung vor Augen zu führen.

Es fällt auf, dass der Auftrag für die zu beten, die in hoher Stellung sind, eingebettet ist in die Anweisung für alle Menschen zu beten. Damit will der Apostel natürlich nicht sagen, dass wir am Schluss unserer Gebete jeweils den Satz anhängen: „Herr segne noch die ganze Welt!“ oder: „Herr segne alle, Amen!“ In der Bibel ist Beten niemals allgemein, niemals pauschal, sondern immer konkret.

Gebet für alle Menschen

Was aber meint dann die Aufforderung, für alle Menschen zu beten? Zum Verständnis ist es erforderlich, darauf zu achten, dass der Satz mit einem „So“ beginnt: „So ermahne ich nun …“ Das heißt, Paulus knüpft mit dieser Aufforderung an das im vorherigen Kapitel Gesagte an. Im ersten Kapitel des ersten Briefes an Timotheus hatte der Apostel deutlich gegen Lehren Stellung bezogen, die in die Gemeinde, in der Timotheus zu jener Zeit als Hirte tätig war, eingebrochen waren.

Die Gedankenkonstruktionen dieser Leute stammten aus dem Judentum. Judaistische Lehrer waren in der Gemeinde aufgetreten und verkündeten die Auffassung, so richtig gehöre man nur dann zum Volk Gottes, wenn man seinen Stammbaum, also sein Geschlechtsregister bis auf die Erzväter zurückführen könne (1Tim. 1,3.4), also eigentlich gehörten nur die Juden zum Volk Gottes. In dieser Weise wollten sie auch das Gesetz Gottes verstanden wissen (1Tim. 1,5-7).

Der Apostel stellt gegenüber diesen Leuten klar: Gott will keineswegs nur die Juden retten. Vielmehr will er, dass alle (möglichen) Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1Tim. 2,4). Das, so der Apostel, ist der Grund, warum er den Auftrag empfangen hat, das Evangelium in der Gegenwart („in seinen Zeiten“) den Nationen (also nicht nur den Juden) zu verkündigen (1Tim. 2,6-8). Weil die Botschaft Gottes universal ausgerichtet ist, hat die Gemeinde den Auftrag, für alle (möglichen) Menschen zu beten.

Tatsächlich ist ein Christ ein Mensch, der Gott als den Gott kennen gelernt hat, der kein Gefallen am Tod des Gottlosen hat, sondern der will, dass der Gottlose umkehrt (Hes. 18,23; 33,11). Angefangen von den ersten Seiten der Heiligen Schrift erschallt der Ruf Gottes: „Adam, wo bist du?“ (1Mos. 3,9). Auf den letzten Blättern des Wortes Gottes rufen der Geist und die Braut: „Komm! Und wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ (Offb. 22,17).

Der Gott, der Freude daran hat, wenn ein einziger Sünder Buße tut, will deswegen, dass wir diesem Gott „Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen“ für alle Menschen darbringen, weil dieser Gebetsdienst dem Gott entspricht, dessen Heilsbotschaft sich nun nicht mehr nur an die Juden richtet, sondern an alle Menschen, das heißt an Menschen aus den verschiedensten Nationen.

Gebet für die Regierenden

Als Paulus an Timotheus schrieb, diente jener als Hirte in der Gemeinde von Ephesus (1Tim. 1,3). In dieser Stadt war es einige Zeit zuvor, als der Apostel noch selbst dort das Evangelium verkündete, unter Führung des Silberschmieds Demetrius zu krawallhaften Ausschreitungen gekommen. Die Stadt geriet in einen Ausnahmezustand (Apg. 19,23-41). Wohlmeinende Geschwister gaben Paulus den Rat: Geh nicht hinaus auf die Straße! Die zerreißen dich bei lebendigem Leibe! Dadurch wurde in Ephesus die Verkündigung des Evangeliums sehr schwierig.

Aber Ephesus war nur ein Symptom. In ähnlicher Weise verhielt es sich im gesamten Römischen Reich. In der Hauptstadt herrschte zu jener Zeit der Kaiser Nero. Kurzum: In Wahrheit war die Verbreitung der Wahrheit des Evangeliums von allen Seiten beeinträchtigt.

Fragen wir uns einmal selbst: Was kommen wohl in einer solchen Konstellation in der Gemeinde für Überlegungen auf? Besteht dann nicht die Versuchung zu beten: „Herr, vernichte diesen fanatisierten Mob!“? Derartige Gebete lehnt der Apostel unmissverständlich ab: Lasst uns vielmehr auch für diese Menschen beten!

Auch im Blick auf die heidnischen Machthaber kann es sein, dass man in Bedrängnissituationen betet: „Herr, beseitige diese heidnischen Obrigkeiten!“ Aber auch das entspricht nicht dem Willen Gottes!

Der Grund ist, dass staatliche Organe eine wichtige Aufgabe für die Verkündigung des Evangeliums haben, und zwar auch dann, wenn sie selbst dem Wort Gottes nicht glauben. Derartiges hatte die Gemeinde seinerzeit in Ephesus erlebt. Bei aller Gleichgültigkeit und Abneigung, die die Christen von den Behörden erfuhren, es war schlussendlich ein heidnischer Stadtschreiber (eine Art Stadtsekretär, Apg. 19,35), der dafür sorgte, dass wieder halbwegs Ruhe in die Stadt einkehrte. Dann gab es da noch einen Statthalter (Apg. 19,38). Dessen Aufgabe war es ebenfalls, für die öffentliche Ordnung zu sorgen, also dem Chaos zu wehren. Darum, Gemeinde, bete für die staatlichen Organe!

Danken für die Regierenden

Mehr noch: Paulus spricht sogar in diesem Zusammenhang vom Danksagen. Offensichtlich soll es bei dem Gebet für alle Menschen, und namentlich für die staatlichen Organe, nicht darum gehen, sozusagen zwischen den Zähnen hindurch herauszuquetschen: „Herr, segne auch noch diese Obrigkeit…“ im Sinn von: „Eigentlich wäre es besser, wenn Du sie beseitigen würdest.“ Nein! Vielmehr sage Gott für sie Dank! Warum? Der Grund ergibt sich aus dem Zweck: „damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen“ (1Tim. 2,2).

Will Paulus damit sagen: „Lasst uns dafür beten, dass wir als Christen unsere Ruhe haben und von unserer Umgebung nicht behelligt werden, so dass wir ein ungestörtes Leben führen können, geprägt von Beschaulichkeit und innerlicher Abgeschiedenheit?“ Eine solche Auslegung käme möglicherweise einem Verständnis entgegen, wie es im 19. Jahrhundert in der so genannten Biedermeierzeit (Vormärz) verbreitet war: „Politik verdirbt den Charakter“.

Aber darum geht es dem Apostel mit dieser Anweisung wahrlich nicht. Wenn Paulus hier davon spricht, dass wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen, dann fügt er hinzu: „in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst“ (1Tim. 2,2). Damit ist deutlich, worum es ihm geht: Es geht ihm nicht um eine weltabgeschiedene Beschaulichkeit, sondern es geht ihm darum, zu beten, dass die Behörden für die öffentliche Ordnung sorgen, und zwar damit das Evangelium verkündigt werden kann. Denn es ist nicht möglich, das Evangelium angemessen zu verkündigen, wenn Anarchie herrscht und die aufgebrachte Menge auf der Straße tobt und gegen die Türen der Gemeindehäuser pocht und trampelt. Darum betet und dankt für die staatlichen Organe, denn sie tragen insofern Sorge für die Verkündigung des Evangeliums, als sie das Chaos eindämmen und sich für die äußere Ruhe einsetzen.

Betet heute!

Die Aktualität dieser Einsicht kann uns durch Ereignisse der Gegenwart deutlich werden. Es ist kein Geheimnis, dass im Augenblick (nahezu) die gesamte Missionsarbeit im Kongo daniederliegt. Der Grund liegt nicht darin, dass es dort keine Missionare gibt, sondern der Grund ist darin zu finden, dass dort Bürgerkrieg tobt und marodierende Banden ihr Unwesen treiben. In einer solchen Situation, in der große Teile der Bevölkerung auf der Flucht sind, ist es nicht möglich, das Evangelium zu verkünden und Gemeindeaufbauarbeit zu betreiben.

Anders gesagt: Um das Evangelium zu verkündigen, bedarf es eines öffentlichen Freiraums: „… damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen„. Genau dafür sind die staatlichen Organe von Gott eingesetzt. Das muss die Gemeinde wissen, und deswegen soll sie für die Behörden beten, damit das Evangelium in allen Breiten dieser Welt verkündigt werden kann.

Auch in unserem Land ist es keineswegs selbstverständlich, dass man das Evangelium noch ungehindert predigen kann. Noch ist es möglich. Vielleicht sieht es in 20 Jahren hier schon ganz anders aus. Im Augenblick hat jedes 10. Baby, das in Deutschland geboren wird, islamische Eltern. Die Kurve verläuft steil nach oben. Seit dem 1. Januar dieses Jahres meint unser Staat bei der Registratur der Neugeborenen auf die Frage nach der Religionszugehörigkeit verzichten zu können. So weiß nun niemand mehr, wie schnell sich in der Bevölkerung unseres Landes die Proportionen verschieben. Man will es offensichtlich auch nicht mehr wissen.

Noch haben wir die Möglichkeit, das Evangelium zu verkündigen. Lassen Sie uns dafür beten und auch sonst unsere Stimme erheben und so abgeben, dass das möglichst noch lange so bleibt.