2. Das Werk Gottes ist die Freude des Sohnes und der Mitarbeiter am Evangelium
„Er aber sprach zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt. Da sprachen die Jünger zueinander: Hat ihm wohl jemand zu essen gebracht? Jesus spricht zu ihnen: Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.“ (4,32-34).
Jesus ging nicht direkt auf ihre Bitte ein. Er lobte sie nicht dafür, dass sie seinen Auftrag erfüllt hatten, und er tadelte sie auch nicht für ihre scheinbare Ignoranz gegenüber den wunderbaren Dingen, die gerade vor ihren Augen geschehen waren. Jesus nutzte ihre Bitte, um ihnen zu zeigen, dass es eine Sache gibt, die weitaus erfüllender und befriedigender ist als jedes irdische Gut.
Eine andere Speise
„Ich habe etwas zu essen, wovon ihr noch nie probiert habt. Ich habe eine Speise, die ihr nicht kennt.“ Das verstanden sie natürlich nicht. Sie dachten weiterhin in ihren Kategorien: „Hat ihm jemand anders schon etwas zu essen gebracht?“ (4,33).
Welche „Speise“ ist es, von der Jesus nun an dieser Stelle spricht? Einen Vers weiter erläuterte er diese „Speise„: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollbringen.“ (4,34).
Wir alle wissen, dass unser Körper seine Energie aus Nahrung bezieht. Unsere körperliche Leistung ist weitgehend davon abhängig, wie wir uns ernähren. Wir brauchen Nahrung, um Leistung zu erbringen. Verzichten wir darauf, geht unser Körper recht bald zugrunde. Was Jesus sagt, ist also Folgendes: „Die Kraft, um den Willen Gottes zu tun, bekomme ich daraus, dass ich den Willen Gottes tue.“ Oder anders ausgedrückt: „Das Werk dessen zu vollbringen, der mich gesandt hat, ist weitaus erfüllender, befriedigender und belebender als alles, was es sonst gibt.“
Das Werk Gottes stand im Leben des Sohnes Gottes über allem. Der Wille des Vaters stand für ihn über jeglichem irdischen Aspekt. Das Werk Gottes zu vollenden war für ihn wichtiger als irgendwelche irdischen Bedürfnisse.
Nicht nur das. Die Ausführung des väterlichen Willens war ihm die höchste Freude und das größte Bedürfnis.
Jesus suchte den Jüngern deutlich zu machen, dass es eine größere Freude ist, am Reich Gottes und am Werk Gottes teilzuhaben, als die anscheinend noch so wichtigen irdischen Bedürfnisse zu stillen. Er gab ihnen damit zu verstehen: Ihr kennt diese Speise noch nicht. Ihr wisst noch nicht, wie wunderbar und erfüllend es ist, an Gottes Werk mitzuarbeiten.
Johannes Calvin schrieb zu dieser Stelle: Wir lernen hieraus, dass Christus so auf die Erlösung der Sünder fokussiert war, dass es ihm die größte Freude war, diese zu erfüllen. Die Freude an dem Werk Gottes ließ ihn alle seine menschlichen Bedürfnisse zurückstellen und vergessen. Er sah die Frau. Er wollte sie retten. Er sah die Bürger der Stadt. Er hatte sie im Blick. Um der vor ihm liegenden Freude willen erduldete er die Leiden am Kreuz. Er brachte das Werk zur Vollendung.
Eine andere Sicht
Den Jüngern fehlte ganz offensichtlich noch diese Sicht für das Werk Gottes. Deswegen forderte Jesus sie auf, sich umzusehen: „Sagt ihr nicht, es seien noch vier Monate, und die Ernte kommt? Siehe, ich sage euch: Hebt eure Augen auf und schaut die Felder an! Denn sie sind schon weiß zur Ernte.“ (4,35).
Vermutlich sah Jesus in diesem Moment bereits die Bürger der Stadt zu sich kommen. Aus diesem Grund sagte er zu seinen Jüngern: „Seht ihr das nicht? Die Felder sind bereit zur Ernte.“
Die Juden konnten wissen: In vier Monaten ist Erntezeit. Genauso gibt es eine festgesetzte Zeit, die Gott in seiner Vorsehung festgelegt hatte, wann das Heil zu den Heiden kommen sollte.
Der Bauer blickt auf die Felder und weiß: Bald wird die Erntezeit kommen. Auch die Jünger hatten diese irdische Sichtweise. Aber als Jesus die zu ihm kommende Menschenmenge erblickte, sprach er: „Seht ihr das? Es ist Zeit, Gottes Werk zu tun und die Ernte einzufahren. Die Zeit ist da!“
Die Leute waren vorbereitet. Das zeigt uns der weitere Abschnitt deutlich. Die Verkündigung der Frau führte sofort bei einigen unter dem Volk zum Glauben. Trotz ihres Unverständnisses zeigte Jesus ihnen in seiner Gnade und Geduld, dass er auch sie dazu berufen hatte, Menschen für den rettenden Glauben zu gewinnen.
Das machte Jesus seinen Jüngern unter anderem in Johannes 15,16 deutlich: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und euch dazu bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe.“
Mitarbeiter am Evangelium
Der Herr sagte zu ihnen: „Der da erntet, empfängt Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben, damit beide, der da sät und der da erntet, sich gemeinsam freuen. Denn hierin ist der Spruch wahr: Ein anderer ist es, der da sät, und ein anderer, der da erntet. Ich habe euch gesandt zu ernten, woran ihr nicht gearbeitet habt. Andere haben gearbeitet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten.“ (4,36-38).
Hier beschreibt Jesus den Dienst von Mitarbeitern am Evangelium. Er hatte seine Beziehung zum Willen des Vaters geschildert. Nun wechselte er die Perspektive und beschrieb die Beziehung der Mitarbeiter zum Werk Gottes.
Die Darlegung gleicht sehr der des Paulus. Der Apostel schreibt, dass er gepflanzt und Apollos begossen hat. Beide waren Mitarbeiter und Diener. Bereits durch die Propheten war die Wahrheit Gottes gestreut worden. Das spiegelt sich auch hier an der Frau wider, die auf das Zeugnis der Propheten verwies: „Ich weiß, dass der Messias kommt…“ (4,25). So ist der eine gesandt zu säen und der andere, um zu ernten. Gleichwohl ist vollkommen klar: Das Wachsen schenkt allein Gott. Das wusste Paulus.
Zu Beginn dieser Aussage finden wir das Ziel der Arbeit: die Freude der Mitarbeiter am Werk Gottes. Die Freude wird hier als Ziel der Arbeit genannt. Im Dienst für Gott erfahren wir, dass es die größte Freude ist, unter Menschen die Freude an Gott zu verbreiten. Im Dienst für Gott dürfen wir erfahren, dass es die größte Erfüllung ist, mit unserem ganzen Sein auf unseren wunderbaren Herrn und Retter ausgerichtet zu sein, der uns eines Tages mit Lohn beschenken wird, der unvergänglich ist.
Es ist wunderbar zu wissen, dass Gott uns an seinem herrlichen Werk teilhaben lässt. In diesem Dienst dürfen wir erfahren, wie Gott durch die Schwachheit unserer Verkündigung Menschen wirksam ins ewige Leben beruft. Wir dürfen erleben, wie Sünder, ehemals Feinde Gottes, vor der Wahrheit des Evangeliums kapitulieren und sich mit ihrem ganzen Leben auf Christus werfen, weil sie erkennen, dass sie vollkommen von seiner Gnade abhängig sind.
Die Ernte wird eingebracht
Entsprechendes sahen die Jünger nun auch. Erneut findet ein Szenenwechsel statt (4,39ff). Es wird beschrieben, dass die Bürger der Stadt aufgrund des Wortes glaubten, das die Frau verkündete. Der Fokus der Erzählung wird also erneut nach dieser kurzen Unterbrechung zurück auf die Frau und ihre Mitbürger gelenkt.
Wir sehen nun in den letzten Versen Erstaunliches: Innerhalb der Stadt Sichar vollzieht sich eine Erweckung. Wir sehen, wie Gott wirkt, ja, wie Gott sein Werk vollbringt. Um im Vokabular des Abschnittes zu bleiben: Die Ernte wird eingebracht.
Das Wort der Wahrheit war durch die Verkündigung ausgesät worden. Einmal durch das Zeugnis der Frau und dann noch mehr durch die Worte Jesu. Dies führt uns zu unserem letzten Punkt, nämlich dass Gott sein Werk durch die Verkündigung der Wahrheit vollbringt.