1. Die Sünde und das Gericht Gottes über diese Sünde
Nadab und Abihu sündigten als Priester. Sie sündigten also als solche, die für andere Menschen in die Gegenwart Gottes traten. Es handelte sich um die beiden ältesten Söhne Aarons. Aaron hatte insgesamt vier Söhne: Nadab, Abihu, Elieser und Ithamar. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Mose war Aaron dazu berufen worden, das Volk Israel aus Ägypten herauszuführen. Aaron war Priester. Er war sogar der Hauptpriester, während seine Söhne berufen waren, an seiner Seite Priesterdienst zu leisten. Wir lesen davon in 3Mose 8, also kurz vor unserem Abschnitt. Bei ihrer Einsetzung wurde wohlriechendes Öl über ihren Kopf gegossen und Blut auf ihre Ohrläppchen, auf ihren rechten Daumen und auf die große Zehe des rechten Fußes gestrichen. Außerdem bekamen sie spezielle Priestergewänder, damit alle sehen konnten: Das sind die Männer, die den Auftrag haben, euch in die Gegenwart Gottes zu führen. Gemeinsam mit ihrem Vater Aaron und ihrem Onkel Mose waren sie auf den Berg gestiegen, um Gott zu begegnen (2Mos. 24). Es ist deutlich: Diese Männer hatten viele Vorrechte empfangen.
Die Aufgabe, das Volk in die Gegenwart Gottes zu bringen, erfüllten die Priester durch die Opfer. Außerhalb der Stiftshütte stand der Altar für die Schlachtopfer. Die makellosen Opfertiere, auf die die Priester die Sünden des Volkes legten, wurden auf den Altar gebunden. Nachdem das Opfertier, zum Beispiel ein Lamm, getötet worden war, wurde es mit Hilfe der darunter liegenden Kohlen verbrannt. Eigentlich hätten auf dem Altar Menschen getötet werden müssen, aber Gott stellte ihnen als Ersatz ein Tieropfer zur Verfügung.
Als nächstes nahm der Priester eine Räucherpfanne mit einem langen Griff und trug die Kohlen des Feuers in das Heiligtum, um dort auf dem Altar das Räucherwerk abzulegen. Wenn dieses vom Schlachtopferaltar stammende Feuer mit den Kohlen des Räucheraltars in Berührung kam, entwickelte sich durch den Rauch ein wohlriechender Duft. Man kann sich vorstellen, wie der Rauch über den Vorhang stieg, der das Heiligtum vom Allerheiligsten trennte, und als ein Wohlgeruch in die Gegenwart des Herrn strömte.
Das Räucherwerk steht für die Gebete des Volkes (Offb. 5,8; Ps. 141,2; siehe dazu auch die Geschichte von Zacharias, dem Vater des Johannes des Täufers). Gott freut sich über die Gebete, wenn sie zum Himmel emporsteigen.
Es ist wichtig, dies zu verstehen. Gottes Volk befindet sich außerhalb des Bereiches, in dem Gott wohnt. Um zu Gott zu kommen, gibt es nur den Weg über das Opfer. Das vom Brandopferaltar genommene Feuer entzündete das Räucherwerk der Gebete, mit denen die Menschen Gemeinschaft mit Gott hatten. Das ist verhältnismäßig einfach nachzuvollziehen. Die Geschichte und das Gesetz des Alten Testamentes schildern uns Wahrheiten, die selbst unsere Kinder verstehen können: Damit ist bildlich die Frage beantwortet, wie man in die Gegenwart des heiligen Gottes gelangen kann.
Die Sünde von Nadab und Abihu
Worin bestand nun die Sünde von Nadab und Abihu? Es gibt auf diese Frage zahlreiche Antworten. Viele davon sind schlichtweg falsch.
Einige vertreten die Ansicht, die beiden Männer waren nicht befugt zu opfern. Aber wir haben gesehen, dass Nadab und Abihu für diese Aufgabe eingesetzt waren. Außerdem sagt das Wort Gottes nirgendwo, dass sie falsche Priester waren.
Andere behaupten, die beiden Priester hätten zur falschen Zeit geopfert. Tatsächlich hatte Gott für die Opfer Zeiten vorgeschrieben, nämlich den Morgen und den Abend. Aber wir lesen nicht im Wort Gottes, dass das Opfern zur falschen Zeit erfolgt war.
Wieder andere vertreten die Meinung, dass das Räucherwerk aus falschen Zutaten zusammengesetzt war. Es gab eine vorgeschriebene Zusammensetzung des Räucherwerks. Aber auch dass die Zusammensetzung falsch war, finden wir nirgendwo geschrieben.
Stattdessen sagt uns Gottes Wort unzweideutig, dass die Priester falsches bzw. fremdes Feuer darbrachten. Das heißt: Das Feuer, das das Räucherwerk in Brand setzte, kam nicht aus dem Brandopfer, sondern es war ein eigenfabriziertes Produkt der beiden Männer. Weil sie fremdes Feuer darbrachten, strafte Gott sie mit dem Tod (10,1.2).
Der Feuerstrahl, der Nadab und Abihu traf, verbrannte die Priester nicht zu Asche. Denn es heißt, dass ihre Cousins ihre Leichname wegtrugen. Aber sie wurden getötet, und zwar auf eine Weise, die die Dabeistehenden schockierte.
Werfen wir einen Blick auf die letzten Verse von Kapitel 9. Nachdem das erste Opfer dargebracht worden war, gingen Mose und Aaron in die Stiftshütte. Als sie wieder heraustraten, hob Aaron seine Hände und segnete das Volk. Zur großen Überraschung der Leute kam Feuer aus der Stiftshütte und verzehrte das Brandopfer auf dem Altar. Indem das Feuer von dem Ort kam, an dem Gottes Gegenwart sichtbar gemacht worden war, kam es von Gott selbst. Als die Leute das Feuer sahen, schrien sie. Sie fielen auf ihre Angesichter. Man kann sich die Reaktion des Volkes vorstellen, als sie dieses Ereignis sahen: Frauen schrien und Kinder weinten. Erschreckt durch das Feuer Gottes sanken sie alle auf ihre Angesichter. (3Mos. 9,24).
Unmittelbar im Anschluss wird uns in Kapitel 10 die Begebenheit von Nadab und Abihu und dem fremden Feuer berichtet. Wieder kam Feuer von dem Herrn. Aber dieses Mal kam es nicht, um das Opfer zu verzehren, sondern es verglühte die Priester. Gott tötete Nadab und Abihu, und zwar im Beisein ihres Vaters Aaron, ihres Onkels Mose, ihrer Cousins und aller umstehenden Leute. Die beiden Brüder wurden durch das Feuer Gottes vernichtet.
Das erschreckt uns. Im Grunde schockiert uns das so sehr, dass wir versucht sind, das Alte Testament insgesamt beiseite zu legen. Einen zornigen Gott mögen wir nicht. Wir wollen den Gott des Neuen Testaments, den Gott der Liebe und der Barmherzigkeit.
Aber wenn wir so denken, unterliegen wir einem bereits seit sehr langer Zeit existierenden Irrtum. Schon in der Frühen Kirche gab es Leute, die der Meinung waren, wegen solcher Geschichten sei der alttestamentliche Gott Israels abzulehnen. Man wolle allein dem Gott des Neuen Testaments dienen, dem Gott der Barmherzigkeit, der Liebe und der Freundlichkeit. Doch dabei übersehen sie neutestamentliche Berichte wie zum Beispiel denjenigen von Ananias und Saphira. Dieses Ehepaar wurde von Gott für eine scheinbar geringfügige Sünde getötet.
Während nicht wenige erklären, sie wollten den Gott des Neuen Testaments, weil dieser Gott so nett sei, aber den Gott des Alten Testaments würden sie ablehnen, denn der sei so schrecklich, sind andere ehrlicher. Sie lehnen gleich die ganze Bibel ab. Denn ihnen ist klar: Der Gott des Alten Testaments ist derselbe wie der Gott des Neuen Testaments. Folglich verwerfen sie den christlichen Glauben insgesamt: Denn sie wollen nicht einem Gott dienen, der die tötet, die ihm nicht gehorchen.
Das Wort Gottes lehrt, dass der Gott von Nadab und Abihu, der Gott von Aaron und Mose, der gleiche Gott wie unser Gott ist. Auch heute richtet er Menschen. Auch wenn die Art und Weise des Gerichts gegenwärtig anders als in 3Mose 10 ist, bleibt dennoch bestehen, dass Gott ein richtender Gott ist.