Die meisten Christen kennen die traurige Geschichte, wie Rebekka und Jakob den Isaak überlisteten und so sicherstellten, dass Jakob und nicht Esau den Erstgeburtssegen erhielt (1Mos 27). Wenn wir die Begebenheit studieren, sind wir erschrocken, wie schnell Rebekka bereit war, ihren Ehemann zu betrügen. Ebenfalls bestürzt uns, wie rasch Jakob bereit war, dem listigen Vorschlag der Mutter zu folgen. Beide, Mutter und Sohn, steckten unter einer Decke, um Ehemann und Vater hinters Licht zu führen.
Aufgrund des Sündenfalls gibt es leider keine vollkommene Familie in dieser Welt. Weder in der Bibel noch unter uns Christen heute. Wir sind täglich auf die Gnade Gottes in unserem Familienleben angewiesen!
Dennoch ist es schwer vorstellbar, dass ein geistlich gesundes Familienleben zu einer solchen Situation geführt hätte. Viel wahrscheinlicher handelte es sich dabei um ein Drama mit Ansage. Tatsächlich finden wir in der Geschichte von Isaak und Rebekka Hinweise auf problematische Familienmuster, die sich in drei Fragen zusammenfassen lassen.
1. Männer, seid ihr bereit, geistliche Verantwortung in der Familie zu übernehmen?
Gemäß der Bibel steht vor allem das Haupt der Familie, der Mann, in der Verantwortung, die Familie geistlich zu leiten und die richtigen Familienprioritäten zu setzten. Wer sein Haus allerdings geistlich leiten will, muss zuerst selbst ein Vorbild sein. Dies war grundsätzlich der Fall bei Isaak. Wir wissen zum Beispiel, dass Isaak ein gläubiger Mann war (Hebr 11,20) und somit durch die Gerechtigkeit Jesu Christi gerecht vor Gott stand. In diesem Glauben war er ein Vorbild für seine Frau, seine Kinder und für uns heute. Wir könnten auch einige Dinge im Leben von Isaak aufzählen, die nachahmungswürdig sind. Dennoch wird uns in 1. Mose 27 eine traurige Geschichte erzählt, in der Isaak kein Vorbild war und die Hauptverantwortung für die tragische Situation trug.
Ein falscher Fokus
Zunächst sehen wir, auf was Isaak in dieser Begebenheit fokussiert war. Ganze sechs Mal wird das ‚schmackhafte Gericht‘ erwähnt. Zusätzlich sehen wir, wie das ‚Wildbret‘ acht Mal erwähnt wird, das Esau zubereiten sollte, wie ich es gern habe (V. 4). Wenn biblische Autoren Dinge wiederholen, dann möchten sie uns auf etwas aufmerksam machen. Hier ist die Botschaft klar: Isaak war auf die zeitliche Freude des Essens fixiert, anstatt auf die Verheißung Gottes zu schauen. Isaak war in diesem Moment bereit, seinen gottlosen Sohn Esau zu segnen, damit er sein ‚schmackhaftes Gericht‘ hier und jetzt erhält. Er war bereit, den Sohn der Verheißung zu übergehen und das Wort Gottes zu verachten, das vor der Geburt an ihn durch Rebekka erging: „… und der Ältere wird dem Jüngeren dienen“ (1Mose 25,23).[1] Zusätzlich scheint die Absicht von Isaak den Esau ‚privat‘ zu segnen – ohne dass seine Frau oder andere Familienmitglieder dabei sind –, ein Indiz für ein bewusstes Abwenden von der Verheißung zu sein.
Kein Einzelfall
Leider können wir Isaaks Handeln in Kapitel 27 nicht als Einzelfall abtun. Vielmehr schien es ein sündiges Muster zu sein, das sich in das Leben Isaaks eingeschlichen hatte.
Färbte dies nicht auch auf seine Söhne ab? Esau war genau mit dem gleichen Fehler infiziert, als er sein Erstgeburtsrecht für die sofortige Befriedigung seines Hungers verkaufte (1Mos 25,27-34). Auch Jakob hatte bei Rahel nur Augen für die Äußerlichkeiten. Dabei war Rahel zu diesem Zeitpunkt keine gläubige Frau und Lea wäre die Frau der Verheißung gewesen.[2]
Wie haben sich solche Muster in das Leben von Jakob eingeschlichen? Muster, welche dann zu diesem traurigen Ereignis in Kapitel 27 führten? Ich bin überzeugt, dass die Ursache in einer schleichenden geistlichen Halbherzigkeit zu finden ist.
Sanft oder gerecht?
Die Ursache für die Entwicklung finden wir einerseits in seiner unangebrachten Bevorzugung Esaus über viele Jahre hinweg. Unangebracht, weil man kein Kind bevorzugen soll und weil er Esau aus den falschen Gründen liebte! Es heißt in 1Mos 25,28: Und Isaak hatte den Esau lieb, weil ihm das Wildbret mundete.
Machte sich Rebekka der gleichen Sünde schuldig, indem sie Jakob liebte? Im Gegensatz zu ihrem Mann wird uns kein Grund für ihre Liebe genannt. Sie liebte Jakob einfach mehr. Warum? Ist es möglich, dass sie sich mehr zu ihm hingezogen fühlte, weil er bereits wiedergeboren war? Von Esau wissen wir, wie er ein ‚unzüchtiger‘ und ‚gottloser‘ Mann war (Hebr 12,13). Jakob wird als ein ‚sanfter‘, ‚ruhiger‘ oder ‚sittsamer‘ Mann beschrieben (1Mos 25,27). Das hebräische Wort dahinter ist ‚tam‘. Die meisten Übersetzungen vermitteln den Eindruck eines Jakob, der etwas ‚weicher‘ war als Esau aber nicht gerechter. Jakob war sicherlich nicht ein so kräftiger und wilder Mann wie Esau, dennoch war er auf gar keinen Fall ein schmaler Schwächling. Schließlich ist er am Ende seiner Flucht in der Lage, alleine einen schweren Deckel vom Brunnen zu heben (1Mos 29,2.10). Außerdem wird das hebräische Wort, wenn es Personen beschreibt, immer mit ‚vollkommen‘ oder ‚unsträflich‘ übersetzt. Hiob wird in Hiob 1,1 als ‚tam‘ beschrieben.
Warum übersetzen die meisten Bibelübersetzungen dann das hebräische Wort mit ‚sanft‘ oder ‚ruhig‘? Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass die meisten Ausleger die Bekehrung von Jakob in Bethel ansiedeln.[3] Dies muss aber nicht so sein und man könnte sehr wohl argumentieren, dass Jakob bereits in jungen Jahren wiedergeboren wurde und Rebekka sich aus geistlichen Gründen zu ihm hingezogen fühlte. Dies würde die Frustration von Rebekka in Kapitel 27 noch verständlicher machen. Isaak hatte für eine lange Zeit die falschen Prioritäten in seinen Beziehungen in der Familie. Er bevorzugte den gottlosen Esau und vernachlässigte den gottesfürchtigen Jakob. Das hatte zweifelsohne Auswirkungen auf sein geistliches Leben!
Vernachlässigte Anbetung
Andererseits finden wir die Ursache für die schleichende Halbherzigkeit Isaaks in Kapitel 26. Isaak und sein ganzer Haushalt lebten an drei verschiedenen Orten. Zuerst gemäß 1Mos 25,11 am Brunnen des Lebendigen, der mich sieht. Das war für Isaak ein Ort der Anbetung und des Gebets (1Mos 24,63). Später wollte er wegen einer Hungersnot nach Ägypten ziehen, blieb aber in Gerar auf halbem Weg stecken, da ihn Gott durch ein Wort an der Weiterreise hinderte. Gott wollte, dass er als ein Fremdling im verheißenen Land lebte und weder Richtung Ägypten zog noch auf halbem Weg stecken blieb. Aber genau dies tat Isaak. Er verließ den Ort der Anbetung und des Gebets und wurde sesshaft in Gerar (1Mos 26,6). Direkt zwei Verse danach wird beinahe beiläufig gesagt, dass er sich dort für eine längere Zeit aufhielt (1Mos 26,8). Genau dann fingen die Probleme mit den Philistern an. Erst durch Gottes gnädige Erziehungsmaßnahmen kehrte Isaak wieder zurück zu einem Ort der Anbetung und des Gebets: nach Beerscheba, wo er einen Altar baute und den „Namen des HERRN“ anrief. Das Anrufen des Namens des Herrn war in dieser Zeit gleichbedeutend mit öffentlichen Gottesdienstversammlungen (vgl. 1Mos 4,26 im Kontrast zur persönlichen Anbetung von Kain und Abel, welche bereits vorher gang und gäbe war).
Anders als sein Vater
Isaaks Halbherzigkeit in der Anbetung wird noch besser ersichtlich, wenn wir ihn mit seinem Vater Abraham vergleichen. Überall, wo Abraham hinzog (außer in Ägypten und Gerar), baute er einen Altar und rief dort mit seinem ganzen Haushalt den Namen des Herrn an. Mehrere Male wird uns bei Abraham von einem Bau eines Altars bzw. der Anbetung Gottes berichtet (1Mos 12,7-8; 13,4.18; 21,33). Im Gegensatz dazu ließ Isaak seine Familie längere Zeit an einem gottlosen Ort wohnen, ohne einen Altar zu bauen und den Herrn anzubeten.
Warum tat er das? Höchstwahrscheinlich hielt ihn der finanzielle Erfolg in Gerar (1Mos 26,12-13). Erst durch Gottes Züchtigung durch die Philister wurde er wieder auf den richtigen Weg gebracht (V. 14-23). Somit ist es eine berechtigte Schlussfolgerung, dass Isaak für eine längere Zeit mehr mit den zeitlichen Dingen beschäftigt war als mit den ewigen Dingen. Diese Lebensprioritäten schwächten Isaaks geistliche Urteilsfähigkeit beträchtlich. Als es zur Segnung seines Sohnes kam, wo er die geistliche Leitung hätte übernehmen sollen, versagte er. Seine Entscheidungen und Prioritäten vor dem traurigen Ereignis beeinflussten seine Entscheidung, den Esau in einer ‚privaten‘ Segnung dem verheißenen Samen vorzuziehen.
Isaak trug also die Hauptverantwortung für die Tragödie, welche sich in seiner Familie abspielte. Dennoch war nicht nur er dafür verantwortlich, sondern auch Rebekka, was uns zur nächsten Frage bringt.
2. Frauen, seid ihr bereit, eure Männer als Haupt zu respektieren?
Wir können gut nachvollziehen, dass Rebekka in dieser Situation frustriert war. Sie sah, wie ihr Ehemann drauf und dran war, einen schrecklichen Fehler zu begehen und sie wollte ihn aufhalten. Können wir uns nicht gut vorstellen, wie oft sie Isaak bereits vorher ermahnt hatte, nicht Esau zu bevorzugen, da dieser keine Verheißung hatte und gottlos war?
Leider griff sie in diesem Moment ihrer Frustration jedoch zu unrechtmäßigen Mitteln, um den Segen in die korrekte Richtung zu leiten. Dabei nutzte sie die Schwächen ihres Mannes eiskalt aus und zog im Hintergrund manipulativ die Fäden, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Auf diese Weise zeigte sie Verachtung gegenüber dem Haupt der Familie und damit auch gegenüber Gott, der diese Ordnung eingesetzt hatte.
Alternativen?
Welchen Weg hätte Rebekka stattdessen gehen sollen, um Isaak weiterhin als Haupt der Familie zu respektieren? Zuallererst hätte sie auf das Wort Gottes und seine Verheißung vertrauen sollen. Auch trotz des Plans Isaaks war Gottes Hand nicht zu kurz, um den Segen doch noch dem richtigen Erben zu geben. Zusätzlich hätte sie ihre Bedenken in einer offenen und ehrlichen Kommunikation dem Isaak mitteilen und schließlich die Sache im Gebet in die Hand Gottes geben können. Angesichts der Vorgeschichte ist es sehr wahrscheinlich, dass Isaak nicht auf sie gehört hätte. Aber was hätte stattdessen passieren können?
Entweder hätte Gott sich dem Isaak selbst in den Weg gestellt. Oder Isaak hätte Esau gesegnet und dieser Segen wäre schließlich nicht gültig gewesen, denn Esau glaubte nicht an die Verheißungen. In der Bibel werden Verheißungen durch Glauben empfangen und versiegelt. Eine mögliche Segnung von Esau wäre schlichtweg ungültig gewesen. Rebekka hätte auf das Versprechen Gottes vertrauen können, ohne ihren Ehemann zu hintergehen.
Ein gutes Vorbild
Ein Beispiel einer offenen und ehrlichen Kommunikation gab es für Rebekka. Eine Generation vor ihr standen Abraham und Sarah in einem ähnlichen Konflikt. Abraham liebte Ismael auf eine besondere Art und Weise, obwohl er nicht der Sohn der Verheißung war. Er schlug sogar dem Herrn den Ismael als den Verheißungsträger vor: Ach, dass Ismael vor dir leben möchte! (1Mos 17,18). Es ist somit verständlich, dass es Abraham nicht gefiel, als Sarah ihn etwas unwirsch aufforderte, Ismael aus dem Haushalt zu vertreiben, da sich dieser nach der Geburt von Isaak über den verheißenen Sohn lustig gemacht hatte (1Mos 21,9-10). Wir können uns ohne Schwierigkeiten vorstellen, dass diese Forderung sich zu einem handfesten Streit zwischen Abraham und Sarah entwickelte: Die Sache war sehr übel in den Augen Abrahams um seines Sohnes willen (1Mos 21,11)!
Sarah erkannte die Gefahr des ungläubigen Ismael und seines Spottes über den verheißenen Sohn, und kommunizierte dies ihrem Ehemann. Dieser wollte die legitimen Bedenken seiner Frau nicht hören. Dann schaltete sich jedoch Gott direkt ein und sagte: Höre in allem, was Sarah dir sagt, auf ihre Stimme! (1Mos 21,12). Gott stellte sich dem Abraham in den Weg, nachdem Sarah ihre eigene Verantwortung wahrgenommen hatte. Sie kommunizierte offen, aber manipulierte nicht. Dieser Weg der Offenheit ihrem Mann gegenüber und des Vertrauens Gott gegenüber, wäre auch der richtige Weg für Rebekka gewesen.
Wie ist es also zu dieser Tragödie gekommen und wie können wir eine gleiche Situation vermeiden?
3. Nimmst du geistlich ab oder zu?
Am Anfang des Kapitels heißt es über Isaak, dass seine Augen dunkel waren (1Mos 27,1). Dies erklärt uns einerseits, wie Rebekka und Jakob den Isaak hintergehen konnten. Andererseits illustriert es auch die schwindende geistliche Sehkraft von Isaak. Sein geistliches Leben fing mit viel Eifer an, endete aber weniger gut.
Ein guter Start…
Isaak und Rebekka werden uns in ihren jungen Jahren als geistliche Vorbilder präsentiert. Wir können uns daran erinnern, wie Isaak sich als junger Mann ohne Widerspruch von seinem Vater auf den Altar binden ließ. Dies zeigte ein hohes Maß an Vertrauen seinem Vater und auch Gott gegenüber. Zusätzlich wird uns Isaak am Ende von Kapitel 24 als ein Mann des Gebets vorgestellt, der gerne und oft die Gemeinschaft Gottes suchte (1Mos 24,63). Auch Rebekka wird uns in ihren jungen Jahren als ein echtes Vorbild vorgestellt, als sie mit viel Hingabe den Knecht von Abraham und seine 10 Kamele mit Wasser versorgte (1Mos 24,19-21). Ein durstiges Kamel kann anscheinend bis zu 150-200 Liter Wasser auf einmal trinken! Aber nicht nur das. Sie war auch sofort bereit, im Gehorsam in ein fremdes Land zu ziehen und einen unbekannten Mann zu heiraten (1Mos 24,58). Darin folgte sie dem gläubigen Vorbild Abrahams. Schließlich begannen Isaak und Rebekka ihre Ehe in Liebe und beteten füreinander (1Mos 24,67; 25,21). Und trotz der langen Kinderlosigkeit wichen sie nicht auf Mägde oder Nebenfrauen aus, um die Verheißung Gottes zu erzwingen.
…ein weniger gutes Ende
Wenn wir dann in der Bibel ein paar Seiten weiter blättern, kommen wir zu Kapitel 27 und von diesen guten Anfängen schien nichts übrig zu sein. Selbst nach dieser tragischen Begebenheit fanden sie nicht ganz zueinander zurück. Veranschaulicht wird dies dadurch, dass Rebekka weiterhin nicht bereit war, dem Isaak die ganze Wahrheit zu sagen. Sie schwieg darüber, dass Esau den Jakob umbringen wollte (1Mos 27,42-46). Isaak und Rebekka hatten einen guten Anfang in ihrem Eheleben, aber ein weniger gutes Ende.
Kennen wir das nicht auch aus unserem eigenen Leben? Zuerst haben wir großen Eifer, Gott nachzufolgen. Wir sind treu auf dem Weg und wir genießen die Gemeinschaft der Heiligen in der Gemeinde. Aber nach einer Weile trifft uns plötzlich die schwierige Realität des Christenlebens. Nach überwundenen Schwierigkeiten warten schon die nächsten Herausforderungen, wie es Rebekka erleben musste, als sie endlich schwanger war, aber die Schwangerschaft alles andere als angenehm war (1Mos 25,22).
Nöte und Ängste führen uns dazu, Kompromisse einzugehen, genau wie sich Isaak in Gerar sesshaft machte und er es schließlich auch mit der Wahrheit nicht mehr so genau nahm (1Mos 26,6-10). Der Wohlstand nimmt immer mehr zu und der Erfolg in der Karriere lässt uns vielleicht etwas unregelmäßiger im Gottesdienst erscheinen, wie es auch bei Isaak zum Problem wurde. Zu all dem kommen dann noch die täglichen Widerstände, die wir in der Welt erleben und die unseren Eifer ersticken.
Das Beispiel von Isaak und Rebekka sollte uns eine Warnung sein. Familientragödien entstehen nicht über Nacht. Die beiden hätten sich diese tragische Situation nicht im Traum vorstellen können, als sie Jahrzehnte vorher geheiratet hatten.
Zunehmen statt Abnehmen
Von daher ist es wichtig, dass wir geistlich zunehmen statt abzunehmen. Vielleicht hilft uns, wenn wir uns Christi Wachstum vor Augen halten. Als Jesus 12 Jahre alt war, heißt es über ihn in Lukas 2,52: Und Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und Gnade bei Gott und den Menschen. Christi geistliche Sehkraft nahm in seiner Menschheit stetig zu. Ungefähr 18 Jahre später hatten sein Eifer und seine Liebe zu Gott nicht abgenommen, sondern weiter zugenommen. Er war im Tempel, um diesen zu säubern und dort heißt es über ihn: Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt! (Joh 2,17). Schließlich – nach drei Jahren von beständigem Widerstand, Hass, Hartnäckigkeit, Missverständnissen und Bedrängnissen – stand er wieder im Tempel. Hatte sein Eifer abgenommen? Nein, er hatte weiterhin den gleichen Eifer für das Haus Gottes und reinigte es nochmals (Lk 19,45-46).
Vielleicht denkst du, dass dieses Ideal für dich als sündigen Christen unerreichbar bleibt. Das stimmt natürlich. Wir werden nie so vollkommen leben, wie Jesus lebte, und wir sind nur durch den Glauben an unseren herrlichen Erlöser gerecht vor Gott. Dennoch dürfen wir uns immer wieder vor Augen führen, dass wir durch den Glauben mit Jesus gestorben und wieder auferstanden sind. Nun leben wir nicht mehr in unserer eigenen Kraft, sondern in Christi Auferstehungskraft. Wir müssen schwindenden Eifer für die Dinge Gottes nicht einfach als ein unüberwindbares Naturgesetz hinnehmen, sondern können immer wieder in Christus dagegen ankämpfen. Vielleicht werden dann einige von uns am Ende ihres Lebens wie Mose beschrieben werden, dessen Augen nicht schwach geworden sind und dessen Kraft nicht gewichen ist (5Mos 34,7).
Wenn wir in Christus bleiben und ihn treu und beständig suchen, dann können wir mit dem Psalmisten singen: „Der Gerechte wird sprossen wie die Palme, wie eine Zeder auf dem Libanon wird er emporwachsen. Die gepflanzt sind im Haus des HERRN, werden blühen in den Vorhöfen unseres Gottes. Noch im Greisenalter sind sie stark, sind saftvoll und grün, um zu verkünden, dass der HERR gerecht ist. Er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm“ (Ps 92,13-16).
Florian Weicken ist Pastor der Presbyterianischen Gemeinde Zürich, einer freien evangelisch-reformierten Kirche in der größten Stadt der Schweiz. Er ist verheiratet mit Veronica.
[1] Es ist kaum vorstellbar, dass Rebekka dem Isaak diese Verheißung nicht mitgeteilt hatte.
[2] Dies wird offensichtlich, wenn wir folgende drei Punkte bedenken: 1. Die Art und Weise, wie Lea dem Jakob gegeben wurde, hätte bei ihm Erinnerungen an seinen eigenen Betrug wachrufen sollen. Dort erhielt er den rechtmäßigen Segen auf eine unrechtmässige Art und Weise. Genau das gleiche geschah bei der Hochzeit. 2. Rahel hing weiter an den Götzen ihres Vaters (1Mos 31,19). 3. Der verheißene Same kam nicht durch Rahel, sondern durch Lea (1Mos 29,35).
[3] Die Ausführungen über die Übersetzung von ‚tam‘ habe ich das erste Mal in einer Predigtreihe von Pfr. Kenneth Stewart über das Familienleben von Jakob gehört und überzeugend gefunden. Auch einige weitere Punkte in diesem Artikel habe ich aus diesen Predigten:
https://www.sermonaudio.com/sermons/53012727514