Das Wort, aufgrund dessen ich mit euch einen Bund gemacht habe, als ihr aus Ägypten zogt, und mein Geist sollen in eurer Mitte bleiben; fürchtet euch nicht!
Haggai 2,5
Fürchtet euch nicht!
Mit dieser mutmachenden Aufforderung grüße ich Sie zu dieser 98. Ausgabe der Bekennenden Kirche.
Wir leben in einer Zeit, in der es eigentlich viel Grund zum Fürchten gibt. Die Nachrichten von Messerstechereien, maroder Infrastruktur und schwächelnder Wirtschaft reißen nicht ab. Das Szenario eines möglichen neuen Krieges in Europa ist zumindest nicht ganz unrealistisch. Und die aktuelle Bundesregierung scheint gar nicht daran zu denken, die Ursachen der Krisen zu beheben, sondern kümmert sich lieber um Minderheitenrechte und die Rettung der Welt vor dem angeblichen Klimatod.
Für uns Christen kommt dazu, dass die Luft im gesamten Westen immer dünner wird. Was darf man noch sagen? Wie lange darf man in den öffentlichen Gottesdiensten Sünde noch Sünde nennen?
Zur Zeit Haggais war die Stimmung ebenfalls schlecht. Es gab berechtigten Grund zur Furcht: Die Euphorie nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil war längst verflogen. Die Zukunftsaussichten waren trüb. Die Ernten waren schlecht, die Wirtschaft lag am Boden (Hag 1,6-11). Der Bauplan des neuen Tempels ließ schon erahnen, dass der Neubau lächerlich aussehen würde im Vergleich zum alten Tempel (Hag 2,3). Die äußeren Umstände waren ernüchternd und im Inneren herrschte geistliche Trägheit.
Also widmete man sich der Renovierung der eigenen Häuser, statt den Tempel weiterzubauen (Hag 1,4-8)
Und in dieser Situation sagt Gott seinem Volk: Fürchtet euch nicht!
Mehr als ein frommer Wunsch
Warum ist das nicht einfach ein leerer Appell, eine Durchhalteparole, ein frommer Wunsch im Chaos dieser Welt?
Die Gefahren sind real. Aber ist der Grund, in all diesen Gefahren ohne Angst zu sein, auch real?
Ja, denn Gott ist bei uns, er ist in der Mitte seines Volkes – wirklich!
Und wir sehen hier bei Haggai: Gott ist gleich in dreifacher Hinsicht bei seinen Kindern – durch sein Wort, durch seinen Bund und durch seinen Geist. Alle drei Aspekte machen deutlich, dass der Satz Gott ist da keine Floskel, sondern sehr real ist – vor 2500 Jahren genauso wie heute.
Durch sein Wort
Durch das Wort Gottes wird Gottes Gegenwart konkret. Es ist kein diffuses Gefühl der Anwesenheit Gottes. Sondern Gott spricht zu uns durch sein Wort, er hat Gemeinschaft mit uns durch sein Wort. Dieses Wort ist lebendig, kräftig und scharf (Hebr 4,12). Es ist kein leeres Wort, sondern Leben (5Mos 32,27). In diesem Wort tröstet er uns durch seine Verheißungen, durch die Botschaft des Evangeliums. Durch dieses Wort gibt er uns aber auch Orientierung für unser Leben hier auf der Erde.
Durch sein Wort ist Gott gegenwärtig – ganz konkret. Er schweigt nicht, er redet. Deswegen brauchen wir uns nicht zu fürchten.
Durch seinen Bund
Aber Gottes Wort ist mehr als nur eine mutmachende Botschaft an uns. Durch das Wort schafft und erhält Gott auch seinen Bund mit uns.
„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern…“ – manche Politiker sagen es ganz offen, die meisten leben zumindest nach diesem Motto.
Woher wissen wir, dass das bei Gott anders ist? Sein Wort ist deswegen verlässlich, weil er durch sein Wort mit uns einen Bund schließt. Dieser Bund bedeutet, dass Gott sich an seine Verheißungen bindet.
Der Vers aus dem Propheten Haggai ist gar nicht leicht zu übersetzen, denn der Bund wird im hebräischen Original gar nicht explizit erwähnt (anders als in der deutschen Übersetzung der Schlachter 2000). Wörtlich heißt es: Das Wort, das ich mit euch geschnitten habe, als ihr aus Ägypten zogt…
Das passt eigentlich nicht. Denn ein Wort kann man nicht schneiden, weder im Hebräischen noch im Deutschen. Aber in der hebräischen Sprache wird ein Bund geschnitten. Von daher trifft die Schlachter 2000 den Nagel auf den Kopf mit ihrer Übersetzung: Das Wort, aufgrund dessen ich mit euch einen Bund geschlossen habe… Man könnte auch übersetzen: Das Wort, das ich als Bund mit euch geschlossen habe…
Gottes Wort ist immer das Wort des Bundes. Ein Wort, das Gott nicht einfach nur dahersagt, sondern an das er sich bindet. Die Verheißungen Gottes mögen hunderte Jahre alt sein, aber sie sind so aktuell wie am ersten Tag. Der Auszug aus Ägypten war damals schon fast 1000 Jahre her. Trotzdem ist das Bundeswort Gottes verlässlich, das er damals gegeben hat. Auch heute. Deswegen gibt es keinen Grund zur Furcht.
Durch seinen Geist
Gott ist nicht nur konkret durch sein Wort und verlässlich durch seinen Bund bei seinem Volk, sondern auch ganz persönlich.
Meine Wohnung wird bei ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein (Hes 37,27). Ja, ich will meinen Geist in euer Inneres legen… (Hes 36,27a). Das hatte Gott vor der babylonischen Gefangenschaft zu seinem Volk gesagt. Schon im Alten Bund verspricht Gott das also seinen Kindern. Seit Pfingsten erleben wir es noch viel reicher und schöner. Gott ist nicht nur abstrakt bei uns, sondern ganz persönlich. Durch seinen Geist erleben wir die Gemeinschaft mit ihm und werden getröstet – gerade dann, wenn die Umstände uns allen Grund zur Furcht geben.
In demselben Kapitel, in dem Jesus seinen Jüngern das Kommen des Geistes als Tröster oder Beistand ankündigt (Joh 16,5-15), sagt er auch: In der Welt, habt ihr Bedrängnis; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden (Joh 16,33). Dabei tröstet uns der Geist nicht durch ein warmes Gefühl oder spektakuläre Erlebnisse, sondern indem er uns an Gottes Bundeswort erinnert (Joh 16,13.14), das in Jesus Christus seine Erfüllung findet.
Fürchtet euch nicht – gerade heute!
Wir leben in besseren Zeiten als die Menschen zur Zeit Haggais: Wir haben Gottes vollständiges Wort, wir kennen Jesus viel konkreter, wir leben nicht mehr in der Zeit der Schatten und Bilder und wir haben den Heiligen Geist seit Pfingsten in einer neuen Qualität.
Schon zur Zeit Haggais hatten die Menschen keinen Grund, sich zu fürchten – trotz der schwierigen Umstände. Wie viel weniger haben wir Grund dazu!
Ihr
Jochen Klautke