Als nun Herodes ihn vorführen wollte, schlief Petrus in jener Nacht zwischen zwei Kriegsknechten, mit zwei Ketten gebunden; und Wächter vor der Tür bewachten das Gefängnis.
Apostelgeschichte 12,6
Petrus schläft, während er bewacht wird wie ein Schwerverbrecher. Mit diesem ziemlich ungewöhnlichen Vers grüße ich alle Leser zur 97. Ausgabe der Bekennenden Kirche.
Gerade bei so einem Vers stellt sich doch die Frage: Wie kann dieser Vers uns ermutigen oder ausrichten?
Das Ende der Ruhe
Nach der Bekehrung des Saulus hatten die Christen in Jerusalem Ruhe (Apg 9,31). Aber die entspannte Zeit dauerte nicht lange an. Denn irgendwann bekommt Herodes mit, dass er sich bei den Juden beliebt machen kann, wenn er die Christen verfolgt (Apg 12,1).
Erst lässt er Jakobus, den Bruder des Johannes, köpfen (V. 2). Dadurch gibt es also den ersten Märtyrer unter den Aposteln. Aber nicht nur das. Als nächstes kommt Petrus an die Reihe. Weil gerade ein Fest in Jerusalem ansteht, muss die Hinrichtung allerdings noch ein paar Tage warten. Petrus landet bis dahin im Gefängnis, wo er die Sonderbehandlung eines Schwerverbrechers erfährt. Vermutlich kennt Herodes die Geschichte, wie Petrus bei seinem letzten Gefängnisaufenthalt befreit wurde (Apg 5,17.25) und will das auf jeden Fall verhindern. Petrus sitzt sozusagen im Hochsicherheitstrakt des Jerusalemer Gefängnisses (V. 3.4.6).
Die Gemeinde ist schockiert. Einer ihrer Leiter ist tatsächlich tot, der andere steht kurz davor. In ihrer Verzweiflung fangen die Christen an zu beten. Und tatsächlich schenkt Gott dieses Wunder: Schon zum zweiten Mal wird Petrus durch einen Engel aus dem Gefängnis befreit.
Man kann jetzt viel nachdenken über das Wunder der Befreiung, die Macht von Gebet oder den Unglauben der Christen, als Petrus nach seiner Befreiung ihren Gebetskreis ‚gestört‘ hat (V. 13-16).
Tief und fest
Aber das Erstaunlichste an dieser Begebenheit ist vielleicht das, was wir in Vers 6 lesen. Es ist die Nacht, bevor Herodes ihn ‚vorführen‘ wollte. Das ist damalige Beamtensprache für: Morgen wirst du hingerichtet. Und was macht Petrus? Er schläft in aller Seelenruhe.
Man könnte jetzt einwenden: Na ja, vielleicht war es mehr ein Dösen als wirklicher Schlaf. Aber die Verse danach zeigen uns, wie fest Petrus tatsächlich geschlafen hat.
Als der Engel hereinkommt, ist der Raum erleuchtet. Aber Petrus wacht nicht auf. Der Engel muss ihn in die Seite schlagen (V. 7). Jetzt wacht Petrus auf – zumindest ein bisschen. Im Halbschlaf zieht er sich an und torkelt hinter dem Engel her. Er ist fest davon überzeugt zu träumen und so geht es vorbei an zahlreichen Wachen und durch eigentlich fest verschlossene Gittertüren (V. 8-10). Aber Petrus ist immer noch nicht so richtig wach. Erst in Vers 11 lesen wir davon, dass er zu sich kommt. Die Bibel betont also ausdrücklich, wie lange Petrus gebraucht hat, um richtig wach zu werden.
Gegen alle Widerstände
Es ist eindeutig: Petrus hat vorher richtig fest geschlafen. Wir erfahren nicht, wie komfortabel sein ‚Bett‘ war. Auf jeden Fall wissen wir, dass links und rechts von ihm zwei andere Männer liegen. An diese beiden Soldaten ist er gekettet. Viel spricht dafür, dass Petrus direkt auf dem harten Lehmboden liegt. Das sind alles andere als ideale Bedingungen, um zu schlafen.
Aber das ist längt nicht alles. Denn Petrus weiß auch: Wie es aussieht, ist das die letzte Nacht meines Lebens – zumindest hier auf der Erde. Selbst wenn ihm der mangelhafte Komfort nichts ausgemacht hätte – eigentlich hätten ihn die Gedanken an das eigene Ende wahnsinnig machen müssen.
Doch obwohl alle Umstände gegen Schlafen sprechen, schläft Petrus tief und fest.
Dennoch schlafen
Wie geht das? Wie kann man in so einer Situation so ruhig schlafen?
Gerade ein Mann wie Petrus ist ja nicht dafür bekannt, dass es ihm leichtfällt, ruhig zu bleiben.
Er wollte Jesus mit Gewalt davon abbringen zu sterben. Er geriet in Panik, als er bei dem Versuch, auf dem Wasser zu laufen, unterging. Und er schlug dem Soldaten im Garten Gethsemane das Ohr ab.
Ruhe und Petrus – das passt eigentlich nicht zusammen.
Aber der Apostel hat in den letzten Jahren eine Sache gelernt: Auf meinen Gott kann ich mich verlassen. Er wird nicht immer alles so machen, wie ich mir das vorstelle. Aber mir fällt kein Haar von meinem Kopf, ohne dass er es will.
Petrus hat verstanden, dass kein Herodes, kein jüdischer Hohepriester, kein römischer Soldat stärker ist als dieser Gott. Und er hat das nicht nur von der Theorie her verstanden. Jahre des Lernens haben ihn wirklich ruhig gemacht. Nur so können wir verstehen, warum Petrus so tief und fest schlafen konnte.
Es ist mein Gebet, dass diese Ausgabe der Bekennenden Kirche allen Lesern dabei hilft, diesen Gott besser kennen zu lernen, der selbst niemals schläft (Ps 122,4), damit jeder von uns mit David bekennen kann:
Ich werde mich in Frieden niederlegen und schlafen; denn du allein, HERR, lässt mich sicher wohnen.
Psalm 4,9
Ihr
Jochen Klautke