Eines der Themen des christlichen Glaubens, das unseren Verstand weit übersteigt, ist die Wahrheit über die Dreieinigkeit. Gott ist ein einziger Gott und er ist doch drei Personen. Dieser in jeder Beziehung überrationalen Wahrheit hat sich kürzlich ein Mann angenommen und seine Überlegungen dazu in einem Buch niedergelegt. Der Titel dieses Buches lautet: Die Hütte.
Im Evangelikalismus hat dieses Buch Wellen geschlagen. Das christliche Medienmagazin Pro meint zu diesem Werk: „Dieses Buch verändert. Es nimmt dem Zweifler den Zweifel, dem Traurigen die Trauer, es gibt dem Hoffnungslosen neue Hoffnung.“ Anscheinend hält der Evangeliums-Rundfunk (ERF) in Kooperation mit dem Medienmagazin Pro dieses Buch für so wichtig, dass er eigens dafür eine Internetseite geschaltet hat.
Leider ist in Deutschland wenig davon die Rede, dass Die Hütte auch diverse Kritiker hat. Gerade in Kreisen, in denen man an der Bibel orientiert ist, wird mitunter vor der Lektüre dieses Buches gewarnt oder unmissverständlich davon abgeraten: „Begib dich nicht in Die Hütte!“
„Stay out of the Shack!“ „Bleib draußen vor der Hütte!“, so lautet eine sehr prägnante Stellungnahme zu diesem Buch von Chuck Colson. Wie also ist dieses Buch zu bewerten?
Die Handlung des Buches ist schnell erzählt. Es geht um Mackenzie, genannt Mack, einen Familienvater, der aufgrund eines tragischen Schicksalsschlags seine jüngste Tochter verloren hat, weil diese von einem Serienmörder entführt und umgebracht wurde. Ihre letzte Spur findet man in einer Hütte mitten im Wald. Jahre später wird er von Gott genau in diese Hütte eingeladen. Von da an befasst sich das Buch nur noch mit der Konversation zwischen Mack und dem dreieinigen Gott. Dabei erscheint ihm Gott der Vater als dicke, afroamerikanische Frau, die auf den Namen „Papa“ hört, Jesus tritt als Handwerker aus dem Nahen Osten auf, und der Heilige Geist hört als kleine asiatische Frau auf den wohlklingenden Namen Sarayu. Vergleicht man diese Darstellung mit der Heiligen Schrift, dürfte der Unterschied schon mehr als nur deutlich sein.
Im weiteren Verlauf beschäftigt sich Mack mit einigen zentralen Fragen des christlichen Glaubens: Wieso gibt es Leid? Ist Jesus der einzige Weg zu Gott? Was ist die Dreieinigkeit? usw. Und genau hier ist der „Holzwurm in der Hütte“, der alles zu einem sehr morschen Machwerk degradiert. Zwar werden viele Fragen angerissen, aber nur die wenigsten werden richtig beantwortet.
Natürlich könnte man einwenden, die vorhandenen Fehler seien nicht zentral, sondern beträfen lediglich Randfragen biblischer Lehre. Aber dazu möchte ich auf vier ganz und gar nicht nebensächliche Themen aufmerksam machen, die in der Hütte zur Sprache kommen und sie im Licht der Heiligen Schrift beurteilen.
1. Jesu Werk am Kreuz und der Weg zum Vater
Die Hütte spricht sehr oft und sehr viel davon, dass Jesus sich für die Welt geopfert hat. Aber sobald das Buch über dieses zentrale heilsgeschichtliche Ereignis detaillierter spricht, offenbaren sich die außerordentlich verwirrenden Ideen, die dabei mitschwingen. So lässt der Verfasser Jesus an einer Stelle sagen: „Ich bin der beste Weg, wie die Menschen zu Papa [das heißt: zu Gott dem Vater] und Sarayu [zum Heiligen Geist] in Beziehung treten können“ (S. 125).
Hier ist anzumerken: Wenn Jesus der beste Weg zum Vater wäre, dann gäbe es also auch noch andere Wege zu ihm. Es gäbe Alternativen. Diese wären zwar nicht so gut, aber immerhin, es gäbe sie. Aber das Wort Gottes lehrt anders. In Johannes 14,6 sagt der Herr: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Der Sohn Gottes spricht also nicht davon, dass er der beste Weg zum Vater ist, sondern er verkündet, dass er der einzige Weg zum Vater ist. Einzig und allein der, der für unsere Sünden am Kreuz starb, hat den Weg zum Vater geebnet. Daneben gibt es keinen anderen. Wo diese Wahrheit abgeschwächt oder gar verleugnet wird, weht nicht mehr der Geist des himmlischen Vaters, sondern ein antichristlicher Geist.
An einer anderen Stelle des Buches lässt der Verfasser Jesus sagen: „Jene, die mich lieben, kommen aus allen existierenden Systemen. Sie waren Buddhisten oder Mormonen, Baptisten oder Muslime […]“ ‚Bedeutet das […], dass alle Wege zu dir führen?‘ „Keineswegs. […] Die meisten Wege führen nirgendwohin. Es bedeutet, dass ich dir auf jedem Weg folge, den du beschreitest, so dass wir einander jederzeit finden können.“ (S. 209).
Es ist dem Verfasser zuzustimmen, dass wahrlich nicht alle Wege zu Jesus führen. Aber wenn er die Ansicht vertritt, Jesus folge den Menschen auf jedem Weg, dann befindet er sich im Irrtum. Es ist auch keineswegs so, dass Gott mit seiner Liebe jede Sünde und jede Unwahrheit zudeckt und die Liebe jedem Menschen sendet, egal wo er sich befindet.
Vielmehr bezeugt uns das Wort Gottes einen heiligen Gott, dessen Liebe keineswegs immer und überall da ist. Über dieser Welt ist der Zorn Gottes offenbar. Seine Liebe ist dagegen nur an einem einzigen Ort geoffenbart, nämlich am Kreuz: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Röm. 5,8). Nicht in einer Vermischung aller religiösen und sonstigen Denksysteme, sondern allein in seinem Sohn am Kreuz hat Gott der Vater seine Liebe geoffenbart. Ausschließlich durch den Sühnetod seines Sohnes auf Golgatha hat Gott der Vater den Weg zu sich gebahnt. Mit anderen Worten: In dem Buch Die Hütte fehlt die biblische Eindeutigkeit, wenn es um die Exklusivität des Opfertodes Christi für unser Heil geht. Eine solche Unklarheit in einem ja nun wahrlich nicht nebensächlichen Punkt macht das Buch aber gefährlich.
2. Die Bestrafung von Sünde durch den heiligen Gott
Mit dem ersten Kritikpunkt ist dieser zweite eng verbunden. Wenn es etwas gibt, das die Bibel mit großem Nachdruck lehrt, dann ist es Gottes Nein zur Sünde. Während sich theologische Diskussionen häufig um einige wenige Bibelstellen drehen, sollte eigentlich das Thema, dass Gott Sünde bestraft, nicht strittig sein. Bereits das erste Buch der Heiligen Schrift schildert Gottes Drohung, dass der Mensch beim Übertreten seines Gebotes sterben muss, und die Bibel endet mit dem Gericht des heiligen Gottes über eine gegen ihn revoltierende Welt. Die Gesamtbotschaft der Bibel ist klar: „Der Sünde Sold ist der Tod!“ (Röm. 6,23). Wie aber spricht Die Hütte von Gottes Bestrafung über die Sünde?
„Ich bin nicht so wie du glaubst, Mackenzie. Ich brauche die Menschen nicht für ihre Sünden zu bestrafen. Die Sünde trägt ihre eigene Strafe in sich, sie verzehrt dich von innen heraus. Es ist nicht meine Absicht, jene zu bestrafen, die sündigen. Vielmehr ist es meine Freude, die Sünde zu heilen“ (S. 136).
Für diese Haltung gibt es keine biblische Grundlage. Vielmehr lehrt das Wort Gottes, dass der heilige Gott die Sünde straft, bzw. strafen muss. Aber, und das ist das Evangelium, die Strafe, die wir hätten tragen müssen, hat jemand anders getragen: Christus. „Die Strafe zu unserem Frieden liegt auf Christus“ (Jes. 53,5). Demgegenüber haben Youngs Auffassungen nichts mit dem Evangelium zu tun. Sie verkünden Falsches.
3. Die Autorität der Bibel und persönliche Offenbarungen
Es ist kein Geheimnis, dass es in der Hütte um persönliche Offenbarungen geht. Es geht um Offenbarungen, die jemand von Gott empfängt. Schon allein diese Privatoffenbarungen sind anfechtbar. Aber dazu kommt, dass in der Hütte die Bibel nur sehr spärlich, in einzelnen Halbsätzen, auftaucht. So wird gewissermaßen eine Hierarchie aufgestellt, und zwar zugunsten persönlicher Offenbarungen, von denen das Buch behauptet, sie stammten von Gott. Die Antwort, die einst die Reformatoren auf alle diese menschlichen Träumereien und Schwärmereien gaben, lautete: Sola scriptura. Allein die Schrift.
Davon allerdings will Die Hütte nichts wissen: „Im Priesterseminar hatte man ihm beigebracht, dass Gott jegliche Kommunikation mit den heutigen Menschen eingestellt hatte und es offenbar vorzog, dass sie ausschließlich die alten heiligen Schriften lasen und befolgten […] Gottes Stimme war zu bedrucktem Papier reduziert worden […]. Die direkte Kommunikation mit Gott blieb anscheinend den Menschen der Antike und den Unzivilisierten vorbehalten […] alle bevorzugten ihn in Buchform“ (S. 75).
Die Sicht, die in dieser Aussage über die Heilige Schrift zum Ausdruck kommt, zeigt das Unchristliche dieses Buches. Demgegenüber bezeichnet die Bibel sich selbst als das Wort Gottes. In 2Timotheus 3,16.17 lesen wir: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.“ Das heißt nichts anderes, als dass die Bibel völlig ausreicht. Wir brauchen keine neuen Offenbarungen, um Gott und sein Werk zu verstehen, weder in der Hütte noch sonstwo. Gott hat sich geoffenbart und zwar in der Heiligen Schrift. An ihr haben wir genug, und durch sie ist alles zu beurteilen.
Indem Die Hütte faktisch religiöse Erlebnisse, spirituelle Erfahrungen und sonstige Intuitionen über die Heilige Schrift stellt, wird das Wort Gottes ausgehebelt. Es offenbart sich darin ein zutiefst postmodernes Denken. Tatsächlich spielen hier viele Einflüsse der Emergent-Church-Bewegung hinein.
Die Frage, die im Kern durch Die Hütte aufgeworfen wird, lässt sich folgendermaßen formulieren: Wollen wir unseren eigenen subjektiven Eingebungen vertrauen oder dem, was geschrieben steht?
4. Die Dreieinigkeit
Kommen wir abschließend zu dem Thema, das Die Hütte besonders entfaltet und für das man das Buch häufig lobt. Es geht um die Darstellung der Dreieinigkeit. Mark Driscoll, Pastor der Mars Hill Church in Seattle, schreibt allerdings dazu: „Was die Dreieinigkeit betrifft, ist das Buch sogar ketzerisch.“
Um welche Aussagen handelt es sich dabei? Zunächst grenzt es sich theoretisch von Irrlehren ab, die es bezüglich der Dreieinigkeit gibt. So lässt der Verfasser auf der einen Seite Gott sagen: „Wir sind nicht drei Götter […]“ (S. 115). Und gleich darauf vernehmen wir: „Wir sprechen auch nicht über einen Gott mit drei unterschiedlichen Aspekten. […] Ich bin ein Gott, und ich bin drei Personen“ (S. 115).
Dem ist zuzustimmen. Aber wenn wir diese Aussage auf das ganze Buch beziehen, dann zeigt sich doch, dass Youngs Bild der Dreieinigkeit sehr an die Lehre erinnert, die man in der Theologie als Modalismus bezeichnet. Unter diesen Begriff fasst man die Irrlehre, nach der Gott der Vater und Gott der Sohn nicht zwei zu unterscheidende Personen sind, sondern eine einzige Person. Dass Young einer solchen Auffassung tatsächlich stark zuneigt, wird in dem folgenden Satz deutlich: „Als wir drei als Sohn Gottes ins menschliche Dasein eintauchten, wurden wir voll und ganz menschlich.“ (S. 113).
Dagegen lehrt das Wort Gottes, dass es nicht der Vater und nicht der Heilige Geist waren, die Mensch wurden, sondern allein der Sohn. Es kann keine Rede davon sein, dass es sich bei dem Vater um dieselbe Person handelt wie bei dem Sohn. In Johannes 1,14 heißt es: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Dass keinesfalls die gesamte Dreieinigkeit, sondern nur der Sohn, das Wort, Fleisch wurde, wird auch daran deutlich, dass Jesus selbst immer wieder mit und über den Vater spricht und auch von dem Tröster, der kommen wird.
Wie falsch die in der Hütte vertretene Lehre über die Dreieinigkeit ist, kann auch an folgendem Zitat deutlich werden: „‚Hast du nicht gesehen, dass auch Papa [Gott der Vater] die Wundmale trägt?‘ ‚Das habe ich nicht verstanden. Warum hat er…?‘ ‚Um der Liebe willen. Er wählte den Weg des Kreuzes, […] durch die Liebe motiviert.'“ (S. 189).
Zusammenfassung
Die Hütte propagiert ein verkehrtes Verständnis von Gott und einen unbiblischen Erlösungsweg. Der Leiter des christlichen Medienmagazins Pro meint, man tue diesem Buch Unrecht, wenn man seine sachlichen Fehler kritisiere, denn es sei ja lediglich Fiktion. Aber darauf ist zu erwidern: Auch ein fiktives Buch, das einen unbiblischen Erlösungsweg proklamiert, darf nicht als christlich propagiert werden.
Für unser Verständnis über den dreieinigen Gott kann Die Hütte nicht weiterhelfen, denn das Buch verbreitet ein unbiblisches Gottesverständnis, und es stellt eine Gefahr dar für die, deren Unterscheidungsvermögen noch nicht geschult ist. Weil es einen falschen Erlösungsweg zeichnet, in dem der einzige Heilsweg über das Kreuz verschleiert wird, bzw. falsch dargestellt wird, ist es auch als evangelistisches Mittel nicht einsetzbar. Mark Driscoll empfiehlt denjenigen, die Die Hütte noch nicht gelesen haben, etwas ganz Einfaches: „Tut es nicht!“ Diesem Rat schließe ich mich uneingeschränkt an.
William Young, Die
Hütte. Berlin [Ullstein Verlag] 2009, 301 Seiten.