Im Jahr 451 kamen die führenden Leiter der damaligen Kirche in Chalcedon (sprich: Kalzédon) zusammen. Dieser Ort war damals ein Vorort von Konstantinopel, heute ist er ein Stadtteil Istanbuls. Nachdem es zu harten Auseinandersetzungen um die Frage gekommen war, wer Jesus Christus im Blick auf seine Gottheit und auf seine Menschheit eigentlich ist, wurde dort im Kern bekannt: Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch, wobei er nicht zwei, sondern ein einziges Wesen ist.
Dieses Bekenntnis war in der Alten Kirche ein entscheidendes Kriterium, an dem sich die Rechtgläubigkeit entschied. Bis zum heutigen Tag gehört es auch zum Bekenntnisgut der Kirchen der Reformation.
Manche Formulierung mag uns vielleicht fremdartig erscheinen. Aber das liegt wohl daran, dass wir heute kaum noch inhaltlich mit den damaligen Auseinandersetzungen vertraut sind. Aber lesen Sie dieses Dogma trotzdem.
Bitte achten Sie unter anderem auch darauf, dass es am Schluss ausdrücklich heißt, das, was hier über Jesus Christus bekannt wird, haben bereits „vorzeiten die Propheten“ des Alten Testamentes verkündet. Mit anderen Worten: Für die Christen der Alten Kirche gehörte selbstverständlich das Alte Testament unverzichtbar zur Heiligen Schrift.
Entsprechend
dem Entstehungsort wird dieses Bekenntnis als das Chalcedonensische Dogma oder kurz als das Chalcedonense bezeichnet:
Wir folgen also den heiligen Vätern und lehren alle einmütig, einen und denselben Sohn zu bekennen, unseren Herrn Jesus Christus. Derselbe ist vollkommen in der Gottheit und derselbe vollkommen in der Menschheit, derselbe wahrhaftiger Gott und wahrhaftiger Mensch aus einer vernünftigen Seele und einem Körper. Er ist dem Vater wesensgleich nach der Gottheit und derselbe uns wesensgleich nach der Menschheit, in jeder Hinsicht uns ähnlich, ausgenommen die Sünde. Vor aller Zeit wurde er aus dem Vater der Gottheit gezeugt, in den letzten Tagen aber wurde derselbe um unsert- und unseres Heils willen aus der Jungfrau und Gottesgebärerin Maria der Menschheit geboren.
[Wirbekennen] einen und denselben Christus, den Sohn, den Herrn, denEinziggeborenen, der in zwei Naturen, unvermischt, ungewandelt, ungetrennt,ungesondert geoffenbart ist. Keineswegs wird der Unterschied der Naturen durchdie Einigung aufgehoben, vielmehr wird die Eigenart jeder Natur [gerade]bewahrt, und beide vereinigen sich zu einer Person und einem Wesen [= Hypostase].[Wir bekennen] nicht einen in zwei Personen gespaltenen oder getrennten,sondern einen und denselben einziggeborenen Sohn, das göttliche Wort [= Logos],den Herrn Jesus Christus, wie vorzeiten die Propheten über ihn und [dann] JesusChristus selbst uns unterwiesen haben und wie es das Glaubensbekenntnis derVäter uns überliefert hat.