100 Ausgaben Bekennende Kirche – Rückblick und Ausblick

100 Ausgaben Bekennende Kirche – Rückblick und Ausblick

Wir schauen zurück auf 25 Jahre – und 100 Ausgaben Bekennende Kirche. Vielleicht gehören Sie schon seit der ersten Ausgabe zu unseren Lesern. Vielleicht ist dieses Heft hier aber auch die erste Ausgabe, die sie überhaupt in den Händen halten. Wie auch immer – ein Vierteljahrhundert sind ein geeigneter Zeitabschnitt, um einen Blick zurückzuwerfen. Denn oft werden wir gefragt: Wer seid ihr eigentlich? Was ist euer Ziel? Und: Was motiviert euch?

Um diese Fragen zu beantworten, ist es sinnvoll einen Blick in die Geschichte zu werfen. Aber wir wollen dabei nicht stehen bleiben, sondern auch nach vorne schauen. Denn wenn Gott es schenkt, soll unsere Arbeit auch in den nächsten Jahrzehnten weitergehen.

Die Anfänge

Mitte der 90er Jahre wurde immer deutlicher, dass sich die Evangelischen Landeskirchen weit von dem entfernt haben, was Gottes Wort unter gesunden Gemeinden versteht. Viele bekennende Christen innerhalb der Landeskirchen stellten sich damals die Frage, wie es weitergehen soll. Sie wollten nicht länger Teil einer Kirche sein, in der Gottes Wort zu oft kritisiert und ignoriert wurde (und wird). Aber auch ein Wechsel in die klassischen Freikirchen war nicht problemlos möglich. Denn auf der einen Seite war schon damals klar, dass die großen freikirchlichen Bünde (z.B. Methodisten, Baptisten oder Freie Evangelische) mit einiger Verzögerung in eine ähnliche theologische Richtung wie die Landeskirchen unterwegs waren. Und auf der anderen Seite gab es auch gewisse theologische Unterschiede (z.B. in der Tauffrage).

So gründeten sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre einige Freikirchen in Deutschland aus den Landeskirchen heraus. Sie gaben sich den Namen Bekennende Evangelische Gemeinden und schlossen sich recht lose im Rat Bekennender Evangelischer Gemeinden (RBEG) zusammen. Diese Gemeinden waren freikirchlich strukturiert und gründeten sich theologisch auf das reformatorische Erbe, das in den Landeskirchen immer weniger eine Rolle spielt. Viele der Initiatoren hatten ihren Hintergrund in der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“.

Um die Arbeit der entstehenden Gemeinden zu unterstützen, planten die damaligen Verantwortungsträger außerdem die Gründung einer Ausbildungsstätte und einer theologischen Zeitschrift. Nach einiger Zeit der Planung wurde im Jahr 2000 die Akademie für Reformatorische Theologie (ART) in Marburg als Ausbildungsstätte für Pastoren der Bekennenden Evangelischen Gemeinden gegründet. Nachdem die Akademie einige Jahre in Hannover angesiedelt war, hat sie seit 2015 ihren Sitz in Gießen.

Bereits ein Jahr zuvor wurde der Verein für Reformatorische Publizistik (VRP) ins Leben gerufen, um die Zeitschrift Bekennende Kirche herauszugegeben. Von Anfang an war das Ziel der Zeitschrift, den Aufbau biblisch-reformatorischer Gemeinden zu unterstützen, die strukturell von den Landeskirchen unabhängig waren.

Herausfordernde Jahre

In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends entstanden weitere Bekennende Evangelische Gemeinden. Aber schon bald wurden auch größere Herausforderungen deutlich: Zwar war man sich in der Kritik an der Theologie der Evangelischen Landeskirchen und auch in einer grundlegenden reformatorischen Ausrichtung einig. Aber darüber hinaus zeigten sich bald größere Unterschiede: Manche Gemeinden waren eher lutherisch geprägt, andere reformiert. Manche Gemeinden waren von ihrem Gemeindeleben sehr kirchlich, andere eher pietistisch. Auch die Beantwortung und vor allem Gewichtung von Fragen rund um Israel und die ‚Endzeit‘ war unter den Verantwortungsträgern umstritten.

Außerdem gab es strukturelle Herausforderungen: Viele der entstandenen Gemeinden waren überaltert und taten sich schwer, junge Familien anzuziehen. Theologische und auch persönliche Spannungen stellten viele der oft kleinen Gemeinden vor größere Probleme. Manche gingen ein, andere existierten als völlig unabhängige Gemeinden noch einige Jahre weiter. In den 2010er Jahren musste auch die Akademie für Reformatorische Theologie ihren Studienbetrieb für einige Jahre deutlich zurückfahren. Anders als viele es sich erhofft hatten, fand eine breite Bewegung – heraus aus der Landeskirche und hinein in reformatorische Freikirchen – nicht statt.

Kontinuität bei der Zeitschrift

Als Herausgeber der Zeitschrift blicken wir nach diesen herausfordernden Erfahrungen dankbar darauf zurück, dass die Arbeit der Bekennenden Kirche in diesen Jahren weitergegangen ist. Der erste Schriftleiter ab 1999 war Dr. Bernhard Kaiser. Ihm folgte 2002 Dr. Wolfgang Nestvogel. Ab 2007 führte Dr. Jürgen-Burkhard Klautke die Schriftleitung der Bekennenden Kirche über anderthalb Jahrzehnte, bevor er dieses Amt im Jahr 2022 an mich weitergab. Vorsitzender des Herausgabevereins VRP ist seit 2016 Pastor Ludwig Rühle aus Osnabrück.

Von Anfang an war die Bekennende Kirche dafür konzipiert, viermal im Jahr zu erscheinen. In den vergangenen 25 Jahren war das – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – immer der Fall. Wenn sich die Herausgabe verzögerte, lag es entweder an finanziellen Gründen oder an der Arbeitsbelastung der Verantwortlichen.

Oft wussten die Vereinsmitglieder nicht, wie das nächste Jahr finanziert werden sollte und es wurde mehrfach ernsthaft erwogen, die Bekennende Kirche aus finanziellen Gründen einzustellen. Aber immer wieder erlebten wir Gottes Versorgung. So sicherten das ein oder andere Mal auch großzügige Spender aus den Niederlanden oder den USA das Überleben der Zeitschrift. In den letzten Jahren sind erfreulicherweise auch mehr und mehr Spender aus dem deutschsprachigen Raum dazugekommen.

Osnabrück und Gießen: zwei Gemeinden gemeinsam auf dem Weg

Auch wenn die Bewegung der Bekennenden Evangelischen Gemeinden an sich keinen Erfolg hatte, sind einige gesunde Gemeinden daraus hervorgegangen. Zwei dieser Gemeinden sind die Bekennenden Evangelisch-Reformierten Gemeinden in Osnabrück und Gießen. Diese beiden wuchsen sowohl theologisch als auch persönlich über die Jahre immer enger zusammen. Seit über 20 Jahren veranstalten sie jährliche Jugend- und Familienfreizeiten, unterstützen sich im Predigtdienst und wurden finanziell wie personell zu den wesentlichen Säulen der Arbeit der Bekennenden Kirche.

Vor knapp zehn Jahren kamen in den beiden Gemeinden erste Überlegungen auf, gemeinsam einen bibeltreuen und bekenntnisorientierten reformierten Gemeindeverband zu gründen. Der eher lose Rat Bekennender Evangelischer Gemeinden (RBEG) hatte sich bei seiner Gründung Ende der 90er Jahre die Gründung einer (verbindlichen) Synode in seine Satzung geschrieben. Diesen Faden nahmen die Verantwortlichen aus Osnabrück und Gießen auf und erarbeiteten in den nächsten Jahren die theologischen und organisatorischen Grundlagen für eine verbindliche Zusammenarbeit der Gemeinden. Diese Arbeit konnte im vergangenen Jahr abgeschlossen werden.

Gottes Gnade in den letzten Jahren

In den schwierigen ersten Corona-Monaten im Frühjahr 2020 bereitete Gott einiges an Segen für die Gemeinden vor. Durch den Umzug eines Ältesten aus der Gemeinde in Osnabrück ergab sich die Möglichkeit, eine weitere Gemeinde in Tübingen zu gründen. Mittlerweile treffen sich dort regelmäßig zwischen 30 und 50 Besucher zum Gottesdienst. Aber auch die Gemeinden in Osnabrück und Gießen sind in den letzten Jahren gewachsen. Die steigende Mitgliederzahl macht sich auch bei der Mitarbeit an der Bekennenden Kirche bemerkbar. Einige der neu dazugekommen Mitglieder engagieren sich beim Korrekturlesen. Ein anderes Mitglied startete im Jahr 2022 den Podcast Reformatio, so dass wir unsere Inhalte nicht nur schriftlich, sondern auch als Audios anbieten können.

Seit dem Frühjahr dieses Jahres stehen einzelne Podcasts mittlerweile sogar als Videos zur Verfügung, weil weitere ehrenamtliche Mitarbeiter die Arbeit unterstützen. Dieses Engagement ermöglichte es uns auch, als Herausgabeverein VRP in den vergangenen Jahren zwei Bücher zu den Themen Taufe und Klimareligion zu veröffentlichen.

Zur Gemeindegründung in Tübingen kam 2024 eine weitere Gemeindegründung in Nordhorn hinzu, wo mittlerweile der ehemalige Jugenddiakon der St.-Martini-Gemeinde in Bremen, Paul Koch, als Gemeindegründungspastor tätig ist. Auch dort staunen wir über Gottes Gnade, die viele Türen für diese Arbeit geöffnet hat.

Am 17. Januar 2025 trafen sich die Ältesten der Gemeinden in Gießen und Osnabrück, um den Rat Bekennender Evangelischer Gemeinden (RBEG) nach 25 Jahren in einen festen Gemeindeverband mit einer jährlichen Synode zu überführen. So ist der Bund Bekennender Evangelisch-Reformierter Gemeinden (BBERG) entstanden. Gründungsmitglieder waren die beiden etablierten Gemeinden in Gießen und Osnabrück sowie die beiden Gemeindegründungen in Tübingen und Nordhorn. Mittlerweile gibt es konkrete Planungen, weitere Gemeinden zu gründen – unter anderem in Dresden und in der Region Siegerland/Dillkreis. Wenn Sie Leute in diesen Gegenden kennen, die auf Gemeindesuche sind, dann kontaktieren Sie uns gerne!

Auch die Entwicklung an der Akademie für Reformatorischen Theologie (ART) lässt uns sehr dankbar sein. 2022 beerbte Boris Giesbrecht den bisherigen Studienleiter Dr. Jürgen-Burkhard Klautke. Während in den Jahren zuvor der Studienbetrieb der Akademie nur eingeschränkt lief, wächst die Zahl der Studenten seitdem kontinuierlich auf mittlerweile 13 Studenten an. Zudem besuchen über 50 Teilnehmer unsere theologischen Jahreskurse für ehrenamtliche Gemeindemitarbeiter. Besonders dankbar sind wir für unsere Kooperation mit dem Puritan Refomed Theological Seminary in Grand Rapids/USA, was es den Theologiestudenten ermöglicht, einen anerkannten Abschluss zu erwerben.

Ausblick: Digitalisierung – Herausforderung und Chancen

Immer wieder wird uns in den letzten Jahren die Frage gestellt: Ist eine gedruckte Zeitschrift in unserer digitalen Zeit weiterhin zeitgemäß? Auch intern diskutieren wir diese Frage immer wieder – auch weil die gedruckte Auflage seit Jahren leicht sinkt.

Zur Zeit sind wir überzeugt, dass wir auf der einen Seite an einem gedruckten Magazin festhalten wollen. Immer wieder müssen in den letzten Jahren christliche Magazine ihre Arbeit einstellen. Zuletzt wurden wir überrascht von der Nachricht, dass das Timotheus-Magazin des Betanien-Verlags eingestellt wird, dem wir von der theologischen Ausrichtung und durch Artikelbeiträge eng verbunden waren. Auch in Zeiten der Digitalisierung gibt es viele Menschen, die gerne beim Lesen etwas in der Hand halten. Deswegen wollen wir auch in Zukunft die Bekennende Kirche in gedruckter Form versenden.

Auf der anderen Seite verschließen wir auch unsere Augen nicht vor den Entwicklungen. Bereits seit vielen Jahren stellen wir unsere Inhalte – sowohl das gesamte Heft als auch die einzelnen Artikel – auf unserer Homepage in digitaler Form zur Verfügung (www.bekennende-kirche.de). Dort können Sie übrigens einen Großteil der Artikel aus den letzten 25 Jahren nachlesen. Schauen Sie gerne einmal vorbei!

Es gibt auch die Möglichkeit, die Zeitschrift digital als PDF zu abonnieren. Wir planen, in Zukunft unsere Website weiter auszubauen. Für unseren Podcast Reformatio haben wir im letzten halben Jahr in den Räumen der ART ein Studio eingerichtet, um einige der Podcasts auch als Videoaufnahmen über YouTube zur Verfügung zu stellen.

Auf diese Weise wollen wir an Bewährtem festhalten und gleichzeitig bei der Wahl der Medien neue Wege gehen, um auch jüngere Menschen mit anderen Lese- und Hörgewohnheiten zu erreichen. Denn bei allen wichtigen Fragen rund um Erscheinungsbild und die passenden Medien – das, wofür wir seit 25 Jahren stehen, ist der Inhalt und der Auftrag: Es geht darum, das Evangelium von Jesus Christus zum Bau seiner Gemeinde zu verbreiten – und zwar aus der Perspektive der reformatorischen Theologie. Denn wir sind davon überzeugt, dass so die Wahrheit der Bibel am treffendsten auf den Punkt gebracht wird.

Wir vertrauen unserem Gott, dass er uns auch in den nächsten Jahrzehnten so treu durchträgt, wie er es in den vergangenen Jahrzehnten getan hat – sowohl mit inhaltlicher Treue als auch mit engagierten Mitarbeitern und den notwendigen Finanzen. Und wir sind dankbar, wenn uns viele engagierte Leser (und Hörer) dabei unterstützen.

 

Jochen Klautke ist Pastor der Bekennenden Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Gießen und Dozent für Systematische und Historische Theologie an der Akademie für Reformatorische Theologie. Er ist verheiratet mit Natalie und Vater von drei Kindern.