Warum es ohne den historischen Jesus keine christliche Hoffnung geben kann

Warum es ohne den historischen Jesus keine christliche Hoffnung geben kann

Seit dem 19. Jahrhundert gibt es eine unter kritischen Bibelwissenschaftlern gängige Unterscheidung zwischen dem „Jesus der Geschichte“ und dem „Christus des Glaubens“. Die dahinterliegende Annahme geht von der Person Jesus aus, wie sie tatsächlich im 1. Jahrhundert gelebt und gelehrt hat. Dieser ‚historische Jesus‘ muss, nach dieser Sichtweise, unterschieden werden von jenem Messias (also Christus), wie er später verkündigt und im Glauben der Kirche bekannt wurde. Die Konsequenz dieser kritischen Rekonstruktion ist, dass der Christus, den wir im Glauben bekennen, keine konkrete bzw. direkte historische Grundlage in Zeit und Raum hat – außer eben der gläubigen Verklärung im Sinne der ersten Christen. Plakativ gesagt: Der „echte“ und leibhaftige im Palästina des 1. Jahrhunderts lebende Jesus ist ein anderer als der Christus des Nizänischen Glaubensbekenntnisses.

Der gläubige Bibelleser, dem solche Debatten unvertraut sind, mag sich über diese Idee heute noch immer kräftig wundern. Doch selbst, wenn wir auf nichtakademische und populäre Stimmen unter unseren Zeitgenossen hören, erkennen wir schnell, wie erfolgreich und subtil sich diese Vorstellung durchgesetzt hat. Tatsächlich aber ist diese Unterscheidung zwischen historischem Jesus und geglaubtem Christus letzten Endes fatal für die christliche Hoffnung, wie im Folgenden anhand von zwei Zeugnissen des Neuen Testaments gezeigt werden soll. Im ersten Abschnitt aus 2. Petrus 1,16–21 tut ein Jünger Jesu kund, dass der Glaube an das Evangelium auf verlässlichen Augenzeugenberichten beruht. Ein zweiter relevanter Text ist Johannes 20,24–31. Hier begegnet der auferstandene Herr einem zweifelnden Jünger, um ihn seiner fleischlichen Auferstehung zu versichern. Letztlich steht folgende Frage im Raum: Bietet uns die Botschaft des Neuen Testaments eine Hoffnung, die auch dann überdauert, wenn wir ihren konkreten historischen Anspruch fallen lassen? Die Antwort ist ein entschiedenes „Nein“. Wieso ist diese Frage relevant? Weil sowohl das in der Schrift bezeugte Leben und Sterben als auch die leibliche Auferstehung Jesu grundsätzlich darüber entscheiden, welcher Hoffnung wir uns nicht nur für dieses, sondern auch für das kommende Leben sicher sein dürfen.

2. Petrus 1,16–21: Augenzeugen seiner Herrlichkeit

Im zweiten Kapitel des 2. Petrusbriefes liefert der Verfasser einen apostolischen Augenzeugenbericht, um die Erinnerung seiner Leser aufzuwecken.[1] Sie sollen so in der empfangenen Wahrheit gestärkt werden (2Pt 1,13).[2] Angesichts seines anstehenden Todes will er sicherstellen, dass seine Botschaft im Gedächtnis der Gemeinde abrufbar bleibt (2Pt 1,14–15). Im Lichte der apostolischen Vollmacht des Autors (vgl. 2Pt 1,1) finden wir hier also einen Wendepunkt in der Geschichte der frühen Kirche. Das Leben und die Botschaft Jesu, wie sie von den bevollmächtigten Zeugen in seinem unmittelbaren Umfeld empfangen wurde, wird nun durch heilige Schriften (hier in Briefform) an die nachapostolische Gemeinde weitergegeben. Es gibt also eine klare Kontinuität zwischen der direkten Bezeugung der Taten Jesu und die durch ihn vermittelte theologische Deutung dieser Taten in der Vergangenheit und dem Dasein der Gemeinde, die für ihren Glauben auf Berichte über Jesus angewiesen ist, in der Gegenwart. Das historische Geschehen führt somit über Vermittlung durch das apostolische Wort zum Christusglauben der Gemeinde. Hierzu passend sind John Murrays Worte über einen anderen apostolischen Augenzeugenbericht: „Unser heutiger Glaube und die daraus folgende Gemeinschaft gründet auf unentbehrliche Weise in dem Zeugnis derer, die sahen, hörten und betasteten. Der einzige Unterschied ist, dass unser Glaube auf einem bestätigten Zeugnis dieser Fakten physischer Erscheinung beruht, während der Glaube der Apostel durch direkte Erfahrung derselben Erscheinung hervorgerufen wurde.“[3] Glaube im Sinne des Neuen Testaments kann also kein in der Luft schwebendes und vages Wunschdenken sein, sondern bedarf konkreter Fakten. Dieser Glaube ist dann die Voraussetzung für das Wachstum, das Petrus unter seinen Adressaten bewirken möchte (vgl. 2Pt 3,18).

Reale Geschichte

Im Anschluss an diese Begründung für sein Schreiben stellt der Verfasser die Grundlage seines Augenzeugenberichtes über die „Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ und „seine[] herrliche[] Größe“ „ausgeklügelten Fabeln“ gegenüber (2Pt 1,16).[4] Seine Verkündigung ist also nicht das Resultat einer menschengemachten Erzählung, sondern geht auf Geschehnisse zurück, die er in Zeit und Raum beobachtet hat. In Vers 16 verwendet er dann auch den Begriff „Augenzeugen“. Dass diese Augenzeugen in den Jesus-Berichten des frühen Christentums eine wesentliche Rolle spielten, zeigen sehr schön auch die Vorreden zum Lukasevangelium und der Apostelgeschichte (Lk 1,1–4; Apg 1,1–3). Konkret bezieht sich Petrus hier auf das Ereignis der Verklärung Jesu (Mt 17,1–9; Mk 9,2–10; Lk 9,28–36). Diese Begebenheit eignet sich besonders gut, um den historischen Charakter der göttlichen Herrlichkeit Jesu aufzuzeigen. Es ist der Vater selbst, der vom Himmel herab redet und – ähnlich wie schon bei Jesu Taufe – dessen göttliche Autorität bestätigt. Petrus lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich diese Erfahrung in Zeit und Raum abgespielt hat: „Und diese Stimme hörten wir vom Himmel her ergehen, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren“ (2Pt 1,18). Was Francis Schaeffer über die Auferstehung und Erhöhung Jesu schreibt, gilt auch hier: „Er wurde im Raum der Geschichte auferweckt und ist jetzt erhöht. Und dieses Wort von seiner Auferstehung und seiner jetzigen Herrlichkeit ist in unserer heutigen Welt, im Bereich von Raum und Zeit, von Bedeutung.“[5]

Mehr als nur reale Geschichte

Doch der Autor dieses Briefes bleibt nicht bei der historischen Realität dieses Ereignisses stehen, sondern zeigt in den darauffolgenden Versen deren Bedeutung für den Glauben und das Leben der Gemeinde auf. Rein historische Fakten als solche sind nicht ausschlaggebend, sondern deren theologischer Bedeutungsgehalt und ihre Rolle in Gottes Heilsplan.[6] Die wirklich ertönte Stimme des Vaters im Leben Jesu hat Konsequenzen für die Vertrauenswürdigkeit der Heiligen Schrift, die das äußerliche Erkenntnisprinzip des Glaubens bildet (2Pt 1,19; vgl. 3,16).[7] Tatsächlich ist das verschriftliche Wort Gottes sogar solider als das punktuelle und direkte Reden Gottes, wie es die Propheten und Apostel erlebten: Und so besitzen wir das prophetische Wort umso fester (2Pt 1,19; meine Hervorhebung). Die Schrift als das Wort Gottes und höchste Autorität bedarf letztlich keiner höheren Instanz, durch welche sie validiert und authentifiziert werden müsste. Wäre sie darauf angewiesen, um sich als göttliches Wort zu erweisen, so könnte sie nicht als höchste Autorität dienen.[8]

Die Bibel berichtet von der Realität

Da die Schrift für den Apostel so eine große Relevanz besitzt, ist nur folgerichtig, dass er seine Adressaten ermuntert: ihr tut gut, darauf zu achten als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern in euren Herzen aufgeht (2Pt 1,19). Für den Jesusjünger ist die Bibel also der entscheidende Fixpunkt in der Zwischenzeit, in der wir leben – zwischen der Auferstehung des Herrn Jesus und der Vollendung des Königreiches, wenn er einst alles neuschaffen wird. In der verbleibenden Finsternis dieser letzten Zeit leuchtet Gottes Wort und gibt uns immer wieder einen Abglanz der geballten Herrlichkeit Christi, auf die wir hinleben. Bei Johannes lesen wir, dass die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet (1Joh 1,8). Das Zeugnis für dieses Licht finden wir in Gottes Wort – wann immer wir es lesen oder hören.

2. Petrus 1 lehrt uns also, dass die Wahrheit, auf der unser christlicher Glaube beruht, historisch offenbarte Wahrheit ist. Die konkreten Fakten über Jesu Leben als unser Herr und Erlöser sind notwendig. Denn all die Größe und all die Herrlichkeit des Evangeliums und der Hoffnung auf ewiges Leben in Jesus Christus sind gekoppelt an echte historische Wirklichkeit. Weil der Sohn Gottes in unsere Welt gekommen ist, verändert seine Botschaft alles.

Johannes 20,24–29: Mein Herr und mein Gott!

In Johannes 20 und 21 finden wir eine Reihe von Berichten über Ereignisse, die nach der Auferstehung Jesu stattgefunden haben. Nachdem Jesus als Auferstandener zuerst Maria begegnet (Joh 20,11–18), tritt er zunächst in der Mitte seiner versammelten Jünger auf (V. 19–23). Doch einer fehlt bei dieser Gelegenheit: Thomas aber, einer von den Zwölfen, genannt Zwilling, war nicht bei ihnen, als Jesus kam (Joh 20,24). Zunächst berichtet der Jüngerkreis Thomas von ihrer Begegnung mit dem Herrn. Doch der will es nicht wahrhaben.[9] Der Zeugenbericht der anderen genügt ihm nicht. Um glauben zu können besteht er darauf, Jesu Narben zu sehen und selbst zu betasten. Acht Tage verstreichen. Wir wissen nicht, was sich während jener Woche in Thomas’ Innenleben zugetragen hat. Vielleicht bittere Enttäuschung. Vielleicht ein Ringen darum, doch noch etwas Hoffnung auf das menschlich Unmögliche zu wahren. Vielleicht findet sich auch der ein oder andere gläubige Leser in solchen geistlichen Zwickmühlen wieder. Dann darfst Du wissen, dass Thomas’ Situation durch Gottes Vorsehung auch für Dich dokumentiert wurde.

Auf ähnliche Weise wie auch schon zuvor erscheint Jesus wieder in der Mitte der Jünger und spricht ihnen Frieden zu (Joh 20,26, vgl. V. 19). Und er wendet sich konkret an Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! (Joh 20,27)[10] Jesus begegnet seinem Jünger genau da, wo es notwendig ist. Sein Umgang mit dem zweifelnden Jünger zeugt von Jesu Langmut und Barmherzigkeit, doch auch von der klaren Verbindung zwischen den historischen Fakten über Jesus und der Antwort des Glaubens. Der christliche Glaube künftiger Generationen (inklusive der Leser des Johannesevangeliums!) beruht auf der bezeugten Wirklichkeit des Herrn Jesus Christus durch die Apostel.[11] Was wir anschließend von Thomas’ Lippen hören, ist eine der wichtigsten christologischen Aussagen des Neuen Testaments: Mein Herr und mein Gott! (Joh 20,28) Ob Thomas nun Jesu Narben berührt hat oder nicht, ist an dieser Stelle gar nicht mehr die Frage. Sein Bekenntnis ist ebenso persönlich wie absolut. Mit diesem Arrangement führt der Autor zur einleitenden Aussage in Johannes 1,1 zurück und bringt uns zum Höhepunkt des Evangeliums.[12] Es ist erstaunlich, dass diese Aussage gerade aus dem Kontext des Zweifels erwächst.[13]

Der Glaube als Antwort auf die Taten Jesu

Jesus spricht im Anschluss an diese Aussage eine Seligpreisung aus für alle, die – anders als Thomas – geglaubt haben, ohne zu sehen. Damit verweist er auf seine künftigen Nachfolger, die nicht dasselbe Privileg haben wie die Zwölf und andere Augenzeugen zu Jesu Lebzeiten. Doch es sind gerade diese, die Jesus als glückselig preist. Damit kann er keinen blinden Glauben meinen, der die Historizität des Geschehens um Jesus dahingestellt sein lässt. Denn dies widerspräche gerade der wiederholten Betonung der Zeichen Jesu im Johannesevangelium, die zum Glauben führen sollen. Es widerspräche auch der Vergewisserung, die Jesus gegenüber Thomas bereithält. Und dennoch sind wir es, die hier für besonderen Segen ausgesondert sind. Wir – die nachösterlichen und nachapostolischen Christusgläubigen aus allen Nationen, die auf das bleibende Zeugnis der ersten Jünger hin glauben. Passend sind hier die Worte aus 1. Petrus 1,8: Ihn [sprich: Jesus Christus] liebt ihr, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt; an ihn glaubt ihr, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht, über ihn jubelt ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude.

Am Ende des Kapitels verweist der Autor des Johannesevangeliums auf „viele andere Zeichen“, die Jesus getan hat und die nicht schriftlich festgehalten wurden (Joh 20,30). Doch der Zweck all des Geschriebenen bindet auch wieder uns mit ein, die wir zum Glauben an Jesus gerufen sind, ohne ihn je gesehen zu haben: Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen. Das ist das große Argument des Evangelisten. Es beruht nicht auf Erzählungen, die aus der Luft gegriffen wurden oder ihren Ursprung im Wunschdenken der Kirche nehmen. Es setzt ihn voraus: Den, der am Anfang und vor allem Anfang war (Joh 1,1; vgl. 1Joh 1,1) und der für uns und unser Heil Fleisch angenommen hat.

Dein Glaube ist nicht abstrakt

Wie können wir diese Beobachtungen für unser Glaubensleben konkret fruchtbar machen? Zunächst müssen wir unermüdlich wiederholen, dass das christliche Bekenntnis zu Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist untrennbar mit der Geschichte – ja unserer Geschichte zusammenhängt. Das Evangelium kommt nicht in der Kraft von Fleisch und Blut, doch seine Bedeutung hat mit nichts Geringerem zu tun. Wir sollten also der Versuchung widerstehen, den Glauben vom echten Leben in der echten Welt zu entkoppeln. Die Botschaft vom Reich Gottes in Jesus Christus ist weder ein intellektueller Spielplatz voll reizender Ideen oder philosophischer Träumereien. Sie ist nicht reduzierbar auf ein wertvolles Kulturgut unter anderen, welches das Überleben unserer Zivilisation sichert und unsere Generation vor dem Verfall bewahrt. Außerdem ist es um so vieles realer, lebendiger, mächtiger als die virtuellen Welten, in denen wir heute zu versinken drohen. Diese Botschaft erzählt uns vielmehr die wahre Geschichte der ganzen Welt.[14] Und um mehr als nur eine nette Geschichte zu sein, muss sie wahr sein – geschichtlich wahr. Wenn wir im Gottesdienst gemeinsam das Apostolische Glaubensbekenntnis sprechen, handelt dies nicht nur von abstrakten Dogmen, sondern von echter Geschichte. Graham A. Cole bringt das passend zum Ausdruck und verweist uns auf die praktischen Konsequenzen: „Die narrative Struktur der Schrift und des Glaubensbekenntnisses sollte Christen, vor allem in liturgischen Kirchen, wann immer diese wiederholt werden, daran erinnern, dass der Gott der Schrift und des Glaubensbekenntnisses kein Phantom ist.“[15] Denk einmal darüber nach, wenn Du nächstes Mal zusammen mit allen Heiligen deinen Glauben bekennst.

Das Abendmahl macht die Realität erfahrbar

Ein weiteres praktisches Beispiel, das derselbe Autor anführt, ist die Feier des Abendmahls.[16] Das gehörte und geglaubte Wort der Predigt kommt zu uns auch in sinnlich erfahrbarer Form durch Brot und Wein. Das zeigt, dass der Gott der Schöpfung für uns auch der Gott der Erlösung ist, der in Jesus Christus Mensch wurde und uns in seine Gemeinschaft aufgenommen hat. Wenn das Abendmahl mit Jesu eigenen Einsetzungsworten eingeleitet wird, werden wir zurückversetzt in die Wirklichkeit eines konkreten Moments: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward… (1Kor 11,23 LUT). Dass wir heute in Anbetung und dankbarer Freude neu im Evangelium gestärkt werden dürfen, ist nur durch diesen Moment möglich. Zudem bleibt der Ausblick auf einen noch kommenden Moment, wenn wir das Mahl wieder feiern werden – diesmal in der leiblichen Gegenwart des Auferstandenen, wie er uns selbst versichert (Lk 22,16.18).

Die Hoffnung auf den lebendigen Retter

Der innere Kern des christlichen Glaubens ist also aufs Engste mit historischen Tatsachen verbunden. Eine Leugnung oder Umdeutung dieser Tatsachen mündet zwangsläufig in der Auflösung unserer Hoffnung in Jesus Christus als lebendigem Retter. Wenn wir gemeinsam mit dem Nizänischen Glaubensbekenntnis sagen: „Gott von Gott, Licht vom Licht,“ so handelt es sich dabei nicht um einen anderen Christus als den, der die Aussätzigen berührt und seinen Jüngern die Füße gewaschen hat und der von Pontius Pilatus verurteilt wurde. Gerade weil er der eine Christus ist, der im Fleisch offenbart wurde, wirklich lebte, wirklich starb und wirklich auferstand, können wir von Herzen mit dem vom Zweifel desillusionierten Thomas sagen: „Mein Herr und mein Gott!“

Johannes Damaschke studierte Theologie am Reformed Theological Seminary in Charlotte (US-Bundesstaat North Carolina). Er ist Assistenzpastor der Christ Church in Wiesbaden und leitet dort die deutschsprachige Arbeit der Gemeinde. Gemeinsam mit seiner Frau Emilie hat er zwei Kinder.


[1] Mittlerweile wurden auch in der akademischen Forschung zum Neuen Testament einige Studien vorgelegt, die eine der bedeutenden kritischen Annahmen zur Entstehung der Evangelien infrage stellen. Nach dieser Annahme gehen die Evangelienberichte hauptsächlich auf die Situation der frühen Gemeinde und deren Probleme und Fragen zurück, statt auf die Überlieferungen durch Jesu Augenzeugen (auch „Formgeschichte” genannt). Für einen schon etwas in die Jahre gekommenen übersichtlichen Beitrag dazu siehe Rainer Riesner, Die Rückkehr der Augenzeugen: Eine neue Entwicklung in der Evangelienforschung, Theologische Beiträge 38 (2007): 337–352. Siehe zudem das umfangreiche Werk von Richard Bauckham, Jesus and the Eyewitnesses: The Gospels as Eyewitness Testimonies, Grand Rapids, 2006.

[2] Unter kritischen Neutestamentlern glauben heute nur noch wenige, dass der 2. Petrusbrief tatsächlich vom Apostel Petrus stammt. Gute Gründe für diese Autorenschaft bietet: Michael J. Kruger, The Authenticity of Second Peter, Journal of the Evangelical Theological Society 42/4 (1999): 645–671. Online erhältlich hier: https://etsjets.org/wp-content/uploads/2010/06/files_JETS-PDFs_42_42-4_42-4-pp645-671_JETS.pdf. Siehe auch Larry R. Heyler, The Life and Witness of Peter, Downers Grove/Nottingham, 2012, 207–216.

[3] The Nature of Man, in The Collected Works of John Murray, Bd. 2: Select Lectures in Systematic Theology, Edinburgh, 1977, 17. Murray bezieht sich hier auf 1. Johannes 1,3.

[4] Bibelstellen sind, wenn nicht anders angegeben, der Revidierten Elberfelder Übersetzung entnommen.  

[5] Francis Schaeffer, Christliches Leben – was ist das? Die Realität Gottes in unserem Leben erfahren, Neuausgabe, aus dem Engl. übers. v. Lisa Laeppele, Romanel-sur-Lausanne, 2021, 53. Das ganze Buch bietet sehr wertvolle Hinweise auf das Leben im Licht der Wirklichkeit der Auferstehung Jesu.

[6] Vgl. V. Philip Longs Worte: „Göttliche Offenbarung muss sowohl in historischen Ereignissen als auch dem interpretativen Wort, welches uns diese Ereignisse vermittelt, verortet werden.“ The Art of Biblical History, in Foundations of Contemporary Interpretation: Six Volumes in One, Hrsg. Moisés Silva, Grand Rapids, 1996, 394.

[7] Das externe oder äußere Erkenntnisprinzip bezieht sich auf die Quelle unserer Gotteserkenntnis, also seine Offenbarung. Das interne Erkenntnisprinzip meint wiederum den Glauben, durch den wir die Wahrheit dieser Offenbarung empfangen.

[8] In diesem Punkt beziehe ich mich auf Krugers Vorlesungsmaterial zu Hebräer–Offenbarung (Reformed Theological Seminary, Frühling 2024).

[9] In Matthäus 28,17 finden wir noch immer einige unter den Jüngern, die zweifeln. Und auf dem Weg nach Emmaus weist Jesus zwei weitere Jünger gnädig zurecht, weil sie zu schwerfällig sind, den Propheten (und darüber hinaus auch dem Bericht der Frauen, sowie derer, die das leere Grab bezeugten) Glauben zu schenken (Lukas 24,22–25). Thomas ist also in seiner zweifelnden Einstellung kaum ein völliger Ausreißer inmitten glaubensstarker Jünger! Vgl. zudem die kontextualisierenden Anmerkungen in D.A. Carson, The Gospel According to John, Leicester/Grand Rapids, 1991, 656.

[10] Eine sachliche Parallele hierzu finden wir bei Lukas, wo Jesus auf das von Furcht ergriffene Staunen der Jünger antwortet: „Seht meine Hände und meine Füße, dass ich es selbst bin; betastet mich und seht! Denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr seht, dass ich habe“ (Lk 24,39). Beide Stellen verweisen auf die Bedeutung des physisch greifbaren Auferstehungsleibes Jesu.

[11] Charles Kingsley Barrett, Das Evangelium nach Johannes, aus dem Engl. übers. v. Hans Bald, Göttingen, 1990, 549. Barrett verweist in diesem Punkt auf folgende Stellen, die diesen Zusammenhang beleuchten: Joh 1,18.50f; 2,11; 4,45; 6,2; 9,37; 14,7.9; 19,35.

[12] Barrett, Das Evangelium nach Johannes, 549.

[13] So schreibt D.A. Carson: „Der unnachgiebigste Skeptiker hat uns das tiefgründigste Bekenntnis hinterlassen.“The Gospel According to John, 659.

[14] Michael W. Goheen & Craig G. Bartholomew, The True Story of the Whole World: Finding Your Place in the Biblical Drama, rev. Ausg., Grand Rapids, 2020.

[15] Graham A. Cole, The Peril of a ‘Historyless’ Systemtic Theology, in Do Historical Matters Matter to Faith?: A Critical Appraisal of Modern and Postmodern Approaches to Scripture, Hrsg. James K. Hoffmeier & Dennis R. Magary, Wheaton, 2012, S. 59.

[16] Cole, The Peril of a ‘Historyless’ Systematic Theology, S. 68.