An Jesus Christus glauben

An Jesus Christus glauben

Wortverkündigung zu Markus 6,45-52

In der heutigen Wortverkündigung geht es um die Frage, welchen Platz Christus in unserem Leben einnimmt. Vertrauen wir wirklich Christus, oder spielen wir nur Christentum? Ist unser Glaube an den Sohn Gottes das tragende Fundament unseres Lebens, oder gehört es zum Bereich Zeitvertreib, sodass er kein größeres Gewicht in unserem Leben hat als irgendwelche sonstigen Freizeitbeschäftigungen? Angesichts des Abschnittes, unter den wir uns stellen, treten Fragen an uns heran, wie: Sind nicht oft wir es, die meinen, Gott darüber belehren zu müssen, wie und wo es in unserem Leben langzugehen hat? Sind nicht häufig Themen wie unsere Arbeitsstelle, unser Geld oder unsere Altersvorsorge zentraler als das, was wir über Jesus Christus glauben und bekennen? Vertrauen wir nicht sogar manchmal mehr diesen irdischen Aspekten als Jesus selbst? Wer ist dieser Jesus überhaupt?
Genau vor diese Fragen wurden die Jünger in unserem Abschnitt gestellt. Sie hatten bereits viel mit Jesus erlebt. Aber wie ernst nahmen sie ihn und das, was er über sich selbst ausgesagt hatte?
Wie verhält es sich bei uns? Dient Christus lediglich als Projektionsfläche unserer Bedürfnisse, sodass man den Sohn Gottes als ein Mittel zur Verwirklichung der eigenen Zwecke gebraucht?
Das Thema der Predigt lautet: An Jesus Christus glauben. Ich gliedere die Verkündigung in die folgenden Unterpunkte: 1. An Jesus Christus zu glauben schließt falsche Erwartungen aus (Mk. 6, 45.46), 2. An Jesus Christus zu glauben gründet in der Offenbarung des Gottes Israels (Mk. 6,47-51) und 3. An Jesus Christus zu glauben ist mehr als ein Erstaunen über ihn (Mk. 6,51.52).

1. An Jesus Christus zu glauben schließt falsche Erwartungen aus (Mk. 6,45.46)

Die heutige Schriftlesung setzte absichtlich bereits mit dem Hören auf den Bericht über die Speisung der 5000 ein (Mk. 6,34-44). Wir begannen bewusst mit dem Lesen des Ereignisses, das dem Gehen Jesu auf dem See Genezareth unmittelbar voranging.
Aus dem Parallelbericht im Johannesevangelium erfahren wir, dass die Menge nach der Speisung Jesus zum König machen wollte. Sie verfolgte dieses Ziel, weil Christus ihnen Brot gegeben hatte (Joh. 6,15). Offensichtlich hatten die Menschen nicht verstanden, worum es Jesus ging. Er wollte, dass sie ihn als das Brot des Lebens erkennen und so an ihn glauben.
Es ist gut, dass wir vier Evangelien haben. Denn die Berichte der Augenzeugen ergänzen sich. Wenn wir das Markusevangelium und das Johannesevangelium nebeneinander legen, wird die zeitliche Abfolge klar:
Erst erfolgte die Speisung der 5000, dann äußerten die gesättigten Menschen den Wunsch, Jesus zu einem irdischen König über Israel zu machen. Danach folgte die Aufforderung des Herrn an seine Jünger wegzufahren. Im Anschluss daran entließ Jesus die Menschenmenge, und schließlich zog er sich auf einen Berg zurück, um zu beten.
Auffallend ist die Aussage: „Sogleich nötigte Jesus seine Jünger, in das Schiff zu steigen“ (Mk. 6,45). Offensichtlich hatte Jesus es eilig, seine Jünger von dem Ort wegzubringen, an dem die Menschenmenge sich anschickte, ihre Wunschvorstellungen auf ihn zu projizieren.
Die Menschen wollten nicht wirklich zuhören, was Jesus ihnen sagte. Sie wollten nicht an ihn glauben als den, der das Brot des Lebens ist, und als denjenigen, der sein Leben für sie dahingibt, damit sie mit Gott versöhnt werden können. Stattdessen schwebte der Menge ein Leben vor ohne Sorge um die tägliche Nahrung und in politischer Freiheit, also ohne Römerherrschaft.
Möglicherweise glaubten sie vieles über Jesus, zum Beispiel, dass er ein göttlicher Prophet sei oder dass er Wunder tun könne. Aber trotzdem glaubten sie an einen falschen Erlöser. Sie hatten falsche Erwartungen an Jesus. Genau von dieser Vorstellung suchte Jesus seine Jünger so schnell wie möglich wegzubringen.
Wir sollten nicht überlesen, dass es wenig später heißt, dass auch die Jünger „nicht verständig waren, weil auch ihr Herz verhärtet war“ (Mk. 6,52). Wie leicht hätten auch sie dem Irrtum anheimfallen können, dass Jesus nicht zur Erlösung von Sünde und Schuld gekommen ist, sondern um die irdischen Verhältnisse zu verändern. Vor dieser Irrlehre wollte Jesus seine Jünger schützen. Er wollte sie bewahren vor Leuten, die so taten, als wäre Jesus nicht das, was er über sich selbst aussagte und was er mit seinen Taten zum Ausdruck brachte.
Jesus hatte nichts dagegen, dass auch seine Jünger beeindruckt waren davon, dass er mit wenigen Broten und Fischen 5000 Menschen satt machte. Denken wir auch an die anderen Wunder, die sie miterlebt hatten: Heilung von Kranken, Auferweckung von Toten und – wie wir gleich hören werden – Auf-dem-Wasser-Gehen. Aber darüber hinaus wollte Jesus, dass seine Jünger erkennen, dass er das Brot des Lebens ist. Das ist der Grund, warum er sie nötigte, so schnell wie möglich in das Boot zu steigen und sich von dem Ort der Brotvermehrung zu entfernen.
Entsprechendes will Jesus auch im Blick auf uns. Er will, dass wir an ihn glauben als unseren Heiland und Herrn. Er ist nicht das Mittel zur Erfüllung irgendwelcher irdischer Zwecke. Wenn man zu Jesus betet, zum Beispiel, dass er uns in unserem Studium helfen möge oder dass wir im Anschluss daran eine angenehme, möglichst gutbezahlte Stelle erhalten und dabei den eigenen Erfolg zu unserem Lebensinhalt machen, anstatt Jesus, dann haben wir einen falschen Jesus. Denn dann ist Jesus nicht mehr der Erretter von Sünde. Vielmehr habe ich dann beim Beten meinen Erfolg im Sinn, und Jesus verwende ich lediglich als Mittel zu diesem Zweck. Dann bin ich nicht anders als diejenigen, die Jesus nach der Speisung zum König machen wollten. Aber Jesus Christus will unser Lebensinhalt sein. Er will, dass wir für ihn leben, aber vor allem, dass wir ihm glauben. Dass wir glauben, dass er unser Erlöser ist, der am Kreuz für uns starb und unser Herr, der bestimmt, was in unserem Leben laufen soll.
Diejenigen, die Jesus lediglich als Mittel zum Zweck benutzen, machen aus dem Christentum ein Spiel. Frage: Leben wir für Christus? Können wir mit Paulus sagen: „Christus ist mein Leben und Sterben Gewinn„? (Phil. 1,21). Halten wir uns von dem Wahn fern, so wie Christus seine Jünger von dem Unterfangen fern hielt, ihn zu instrumentalisieren? Halten wir unsere Kinder davon fern? Achten wir darauf, dass ein solcher Irrglaube nicht in unsere Gemeinde einbricht? Wenn falsche Erlöser zu unserem Erlöser werden, sieht es düster für uns aus. Es gibt ganze Kirchen in dieser Welt, für die Christus lediglich als Mittel für ihre eigenen Zwecke rangiert, nämlich um reich zu werden, um viel Geld zu erhalten usw. Sie wollen Jesus dazu haben, dass er ihnen Erfolg, Glück und Gesundheit schenkt. Diese Menschen unterscheiden sich in nichts von der Menge, von der wir hier lesen.
Jesus schickte seine Jünger weg. Er entließ sie. Dann entwich er ihnen und ging auf einen einsamen Berg, um zu beten. Wenn wir in der Bibel davon lesen, dass Jesus sich an einen einsamen Ort zurückzog, um zu beten, geht es meistens um dramatische Situationen in seinem Leben. Denken wir an den Garten Gethsemane. Auch in dem Abschnitt, auf den wir hier hören, geht es spannungsgeladen zu. Die Volksmenge lehnte den wahren Jesus ab. Sie wollten nicht ihn, sondern das Brot zum Essen.
Das ist der Grund, warum Jesus seine Jünger wegschickte: Er machte ihnen auf diese Weise klar, dass er nicht Mittel zum Zweck ist.
Was wir dann ab Vers 47 lesen, ist atemberaubend. Wir kommen zum zweiten Punkt der Predigt:

2. An Jesus Christus zu glauben, gründet in der Offenbarung des Gottes Israels (Mk. 6,47-51)

Jesus schickte seine Jünger in einem Boot nach Bethsaida. Das lesen wir in Vers 45. Das Wunder der Vermehrung der Brote und Fische geschah an der Nordost-Seite des Sees. Bethsaida liegt an der Nordwest-Seite. Da das Ende des Tages angebrochen und es bereits dunkel geworden war, ruderten die Jünger wahrscheinlich an der Küste entlang. Auf diese Weise waren sie davor gefeit, sich zu verirren. Unter den Jüngern waren bekanntlich erfahrene Fischer. Diese Männer kannten den See mit seinen Tücken. Die Strecke, die sie über den See nahe der Küste hätten zurücklegen müssen, beträgt ungefähr 8 Kilometer. Für erfahrene Ruderer war das eine nicht allzu lange Strecke.
Dennoch beginnt Vers 47 mit der Erklärung, dass das Boot „mitten auf dem See“ war. Warum war das so? Der See Genezareth ist bis zum heutigen Tag für plötzlich auftretende starke Nordost-Winde bekannt. Diese fegen unvermittelt über den See. Auf diese Weise muss auch in jener Nacht das Boot abgedriftet sein, sodass die Jünger mitten auf den See gerieten. Sie hatten jede Orientierung verloren.
Jesus hingegen war noch immer auf dem Berg, und er betete. Gleichwohl, so lesen wir in Vers 48, „sah“ er sie. Man muss sich das vorstellen: Es war dunkel, die Jünger trieben mitten auf dem See, Jesus war mehrere Kilometer entfernt auf einem Berg, und dennoch sah Jesus sie. Wie das? Wegen seiner göttlichen Allwissenheit. Was dann in den folgenden Versen berichtet wird, kennen wir als eines der bekanntesten Wunder in der Bibel: Jesus geht auf dem Wasser.
Ich deutete bereits an, dass Jesus in dieser Nacht seinen Jüngern zeigte, warum die Menschen ihn nicht zu einem irdischen König machen dürfen, zumal er ja schon längst König über die ganze Welt ist, ja warum er nicht als Mittel für ihre Zwecke zu missbrauchen ist.
Es heißt, dass er sah, dass seine Jünger „beim Rudern Not litten„, und zwar wegen des Gegenwindes (Mk. 6,48). Zweifellos befanden sich die Jünger in jener Nacht in großer Gefahr. Wer war eigentlich auf die Idee gekommen, nachts über den See an das gegenüber liegende Ufer zu rudern? Ja, es war Jesu Idee. Die Jünger waren seinen Anordnungen gefolgt und befanden sich nun in Lebensgefahr.
Es gibt Christen, die meinen, wenn man Jesus gehorchen würde, werde alles immer glatt verlaufen. Aber die Jünger erfuhren in dieser Nacht etwas völlig Anderes. Sie durchlebten Todesängste. Es war bereits die Zeit der vierten Nachtwache, also etwa zwischen 3 Uhr und 6 Uhr morgens. Die Männer hatten die gesamte Nacht gerudert und sich verzweifelt bemüht, ihr Ziel zu erreichen. Aber davon waren sie sehr weit entfernt.
Warum hatte Jesus ihnen die Überfahrt geboten? Warum ließ er sie so lange auf dem See allein? Antwort: Es ist Gnade. Zweifellos ist es unbequeme Gnade, aber es ist und bleibt Gnade. Die Frage lautet: Trauen wir Gott zu, dass er uns auch in den schlimmsten Zeiten unseres Lebens und in Situationen, in denen wir größte Ängste durchmachen, führt und lenkt? Glauben wir, dass er uns gerade auf diese Weise auf ihn ausrichten will? Glauben wir, dass wir im Leid geformt werden, damit wir das werden, was wir sein sollen: Menschen, die dem Sohn Gottes unterstehen und deswegen bei ihm ihre Zuflucht suchen? Gerade wenn wir Mitarbeiter im Reich Gottes sein und den Namen Christi großmachen wollen, lassen Sie uns dankbar sein, wenn der Herr selbst uns davor bewahrt, Jesus als Mittel zum Zweck zu benutzen. Es ist gut, wenn wir dann zurückgepfiffen werden, sodass wir begreifen: Er ist der Herr, und wir sind dazu berufen, ihm zu folgen und ihm zu dienen.
Genau diese Gnade erwies Jesus seinen Jüngern. Nach dieser Nacht war nichts mehr so, wie es zuvor war. Diese Nacht veränderte die Jünger, sodass Petrus am nächsten Tag über Jesus bekennen konnte: „Du hast Worte des ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes„. (Joh. 6,68.69). Diese Nacht veränderte die Jünger, sodass sie im Gegensatz zur Menge Jesus nicht als Mittel zum Zweck missbrauchten, sondern ihm glaubten.
Was war der Grund für diese Veränderung? Christus offenbarte sich ihnen als der Gott Israels. In dieser Nacht tat er ihnen kund, dass er der Gott des Alten Bundes ist.
In Vers 48 lesen wir: „und er wollte an ihnen vorübergehen„. Was kommt darin zum Ausdruck? Hatte der Herr vor, die Jünger zu ignorieren? Oder beabsichtigte er zunächst, an ihnen achtlos vorbeizugehen? Oder soll auf diese Weise vermittelt werden, dass Jesus nur mehr oder weniger durch Zufall die Jünger traf, als er auf dem stürmenden See sozusagen spazieren ging? Nein, ganz sicher nicht. Aber was heißt es dann?
Aus dem zweiten Buch Mose wissen wir, dass Mose Gott anflehte, ihn sehen zu dürfen. Gott jedoch zeigte sich Mose nicht direkt: Stattdessen zog er an Mose vorüber. In 2Mose 33,20-22 heißt es: „Und Gott sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht! Doch sprach der Herr: Siehe, es ist ein Ort bei mir, da sollst du auf dem Felsen stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, so stelle ich dich in die Felsenkluft und will dich mit meiner Hand solange bedecken, bis ich vorübergegangen bin.“
Beim Propheten Elia verhält es sich entsprechend: Gott zog auch an ihm vorüber, als er ihm seine Herrlichkeit am Berg Horeb offenbarte. In 1Könige 19,11 heißt es: „Er aber sprach: Komm heraus und tritt auf den Berg vor den Herrn! Und siehe, der Herr ging vorüber; und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging vor dem Herrn her. Der Herr aber war nicht in dem Wind. Und nach dem Wind kam ein Erdbeben. Aber der Herr war nicht in dem Erdbeben.“
Dass Jesus auf dem See an seinen Jüngern „vorübergehen wollte“, heißt im Licht dieser Aussagen also nicht, dass er die Jünger nicht treffen wollte. Vielmehr wollte er, dass sie erfassen, wer er ist, nämlich derjenige, der im Alten Testament seine Herrlichkeit im „Vorbeigehen“ geoffenbart hatte.
Ein zweiter entscheidender Punkt ist, dass Jesus auf dem Wasser ging. Hiob bekannte einmal Folgendes über Gott und seine Allmacht: „Er allein spannt den Himmel aus und schreitet auf Meereswogen einher. Er machte den Großen Bären, den Orion und das Siebengestirn, samt den Kammern des Südens. Er tut große Dinge, die unerforschlich sind, und Wunderwerke ohne Zahl. Siehe, er geht an mir vorüber, und ich sehe ihn nicht. Er zieht vorbei, und ich bemerke ihn nicht.“ (Hi. 9,8-11).
Das Gleiche, was im Alten Testament über Gott berichtet wird, machte Jesus auch hier: Er ging auf dem Wasser, und er offenbarte so seine Herrlichkeit. Aber im Vergleich zu dem, was im Alten Testament geschrieben steht, war die Situation hier insofern brisanter, als sich die Jünger mitten im Sturm befanden.
Als sie Jesus sahen, meinten sie, ein Gespenst wahrzunehmen. Trotz ihres Wissens über das Alte Testament und trotz ihrer bisherigen Erfahrungen mit Jesus verstanden sie nicht, was passierte. Vielmehr gerieten sie angesichts dessen, was da vor ihren Augen ablief, in Panik. Sie schrien laut vor Angst. Sie verstanden deswegen nicht, was hier geschah, weil sie ihn noch immer nicht wirklich erkannt hatten. Sie sahen Gespenster, anstatt zu erfassen, wer Jesus ist.
Daraufhin sprach der Herr sie an: „Seid getrost, ich bin es, fürchtet euch nicht!“ (Mk. 6,50). Er sagte: „Ich bin es.“ Ich bin! Ich bin, der ich bin. Wer ist derjenige, der auf dem Wasser geht? Wer ist es, der seine Herrlichkeit im Vorübergehen offenbart? Wer ist es, der Kranke heilt, der Tote auferweckt und der die Brote und die Fische vermehrt? Wer ist der, der Macht hat über Sturm und Wellen? Wer vermag der Natur zu befehlen? Wer kann, wie es in Vers 51 geschildert wird, in das Boot steigen und den Sturm sofort stillen? Ist es nicht derselbe, der sein Volk schon einmal errettet hat und der sich schon einmal seinem Volk mit dem Namen Ich bin vorgestellt hat? Erinnern wir uns daran, als Mose barfuß am brennenden Dornbusch stand. Er fragte Gott, was sein Name sei. Gott antwortete: „Ich bin…“ (2Mos. 3,14). Genau das sagt Jesus hier: „Seid getrost, ICH BIN es, fürchtet euch nicht!“

Im Sturm und im Chaos und in der Unterdrückung des Volkes Gottes war ICH BIN da. Da rettete ICH BIN sein Volk und führte es aus Ägypten.
In dieser Nacht, in diesem Boot ist Gottes Volk ebenfalls in großer Bedrängnis, und ICH BIN ist zur Stelle. Jesus kommt seinen Jüngern auf dem Wasser zu Hilfe. In seiner Allwissenheit sah der Sohn Gottes die Jünger bereits vorher. Er, der ICH BIN, der Gott Israels, der König der ganzen Welt ist bei euch.
Die Jünger gerieten auf dem See Genezareth deswegen in diese Not, damit sie genau dieses erfassten. Jesus handelte hier im Sturm mit seinen Jüngern aus Gnade. Er wollte, dass sie ihm glaubten und ihm dienten.
Auf der anderen Seite des Sees wartete bereits die Menschenmenge auf Jesus. Sie begehrten von ihm weiterhin Brot und Macht. Aber diesen Männern auf dem See im Boot wurde durch dieses Ereignis der Same des Glaubens in ihre Herzen gesät. Es ging um die Erkenntnis, dass der Jesus, mit dem sie es zu tun hatten, von Ewigkeit Gott ist. Sie sollten begreifen, dass ihr Jüngersein kein Spiel ist, sondern lebensernst: Jesus ist niemand anders als der ICH BIN. Er ist derselbe wie der Gott, der sich im Alten Bund immer und immer wieder offenbart hatte. Und genau das demonstrierte er ihnen in jener Nacht auf dem stürmischen See, als er an ihnen vorüberzugehen suchte.
Was heißt das für uns? Sind wir bereit, im Gehorsam in Stürme hineinzugehen, und wenn es sein muss, eine Nacht durch zu rudern?
Die Jünger waren an einem wichtigen Moment auf dem Weg der Nachfolge angelangt: Während die Menge Jesus faktisch ablehnte, indem sie ihre eigenen Wünsche in ihn hineinlegte, ging es Jesus darum, dass seine Jüngerschar ihm glaubte. Bitten wir den Sohn Gottes um diesen Glauben, damit wir von ihm verändert werden! Sind wir bereit, dass Jesus uns begegnet, selbst wenn es unbequem ist und weh tut? Das bringt uns zum dritten Punkt:

3. An Jesus Christus zu glauben, ist mehr als Erstaunen über ihn (Mk. 6,51.52)

Unser letzter Punkt ist zugleich der für uns wichtigste. Es geht darum, dass jeder von uns versteht, dass ein Unterschied besteht zwischen über Jesus erstaunt sein und ihm glauben.
Warum sage ich das? In Vers 51 heißt es, dass die Jünger „sich selber über die Maßen erstaunten“. Was Jesus tat, haute sie förmlich um. Als er auf dem Wasser ging und dann beim Betreten des Bootes den Sturm stillte, als er ihnen erschien als der ICH BIN, als Jahwe, als der Gott Israels – das alles versetzte sie in ein gewaltiges Staunen. Es begeisterte sie.
Aber erstaunt zu sein heißt nicht zu glauben. Zum Beispiel kann ich darüber ins Staunen geraten, wie die Rennfahrer beim Motorrad-Grand-Prix mit ungeheuren Geschwindigkeiten die Kurven schneiden und wie sicher sie sich dabei auf die Seite legen. Ich kann beeindruckt davon sein, dass ihre Schutzanzüge so robust gefertigt sind, dass, wenn sie doch einmal stürzen, sie in der Regel keine ernsthaften Verletzungen davontragen. Aber dennoch würde ich mich nicht auf ein Motorrad setzen und solche Rennen fahren, zumal ich nicht der Meinung bin, dass derartige Rennen sinnvoll sind. Außerdem hätte ich die Befürchtung, dass ich mir trotz des Schutzanzuges Verletzungen zuziehen würde.
Das Problem, von dem in Markus 6,51.52 berichtet wird, ist, dass die Jünger zwar erstaunt waren, aber sie waren nicht verständiger geworden.
Wir erwähnten am Anfang der Predigt die neue Ausrichtung auf Christus. Wir sprachen über die Veränderung unseres Lebens, die wir berufen sind anzustreben (siehe zum Beispiel Röm. 12,1.2). Wir betonten, dass der Glaube an Christus keine unverbindliche Freizeitbeschäftigung ist und wir also nicht Christentum spielen dürfen. Wenn der Glaube an Christus uns nicht verändert oder, anders gesagt, wenn wir nicht so an den Sohn Gottes glauben, dass wir verändert werden, dann ist alles, was wir hier im Gottesdienst tun, umsonst. Wir sind dann nicht Leute, die Christus nachfolgen, die seine Jünger sind, sondern dann ist unser Glaube tot.
An Christus zu glauben ist mehr als nur über ihn erstaunt zu sein. Staunen oder für etwas begeistert zu sein, ist bei jedem Hobby möglich. Aber Glauben ist das, worauf ich meine Hoffnung völlig setze, sodass mein Leben dadurch voll und ganz bestimmt ist.
Offensichtlich setzte die Volksmenge ihre Hoffnung auf das Brot, und Jesus war für sie lediglich Mittel zu diesem Zweck. Auch die Jünger bezweifelten, dass Jesus ihnen helfen würde. Sie erblickten zunächst nur ein Gespenst.
Wir können jeden Sonntag in den Gottesdienst gehen. Wir können jeden Tag die Bibel lesen und regelmäßig auf attraktive christliche, bibeltreue Konferenzen fahren. Das sind alles sehr positive Aktivitäten. Aber wenn wir nicht an Jesus als den glauben, der er ist, dann wird er auch für uns nichts anderes als ein Gespenst, als eine Fata Morgana sein. Dann erkennen wir in ihm auf jeden Fall nicht den Bundesgott, der auf dem Wasser zu gehen vermag, um sein Volk in der Bedrängnis zu retten und zu beschützen. Aber genau dieser Gott ist er. Er sieht sein Volk, das sich in der Finsternis mitten auf dem See in einem tobenden Orkan befindet, und er kommt rechtzeitig.
Ich liebe es, über gute Theologie nachzudenken. Oftmals bin ich auf mein Wissen stolz. Aber wenn meine Beschäftigung mit dem Wort Gottes dazu führt, dass ich stolz werde, dann ist bei mir etwas schiefgelaufen. Wir lesen hier im Gottesdienst an jedem Sonntag das Gesetz Gottes. Wir sind aufgerufen, an den Geboten Gottes zu erkennen, was Gott von uns will. Wenn wir durch Gottes Wort nicht verständiger werden und wenn unser Glaube uns nicht verändert, dann läuft etwas schief. Was ist dann unser Glaube wert?
Ich sagte am Anfang, dass es in dieser Predigt um den Glauben an Jesus geht. Die Jünger benötigten Glauben, der sie befähigte, Jesus im Sturm zu vertrauen, dass er sie retten werde, und zu verstehen, dass er der ICH BIN ist. Die Menge benötigte einen Glauben, der sie von dem Wahn abbrachte, Jesus zu einem irdischen Herrscher zu erheben, und der sie veranlasste, an Jesus als das Brot vom Himmel zu glauben.
Doch warum waren auch die Jünger unverständig? Es heißt, dass „ihr Herz verhärtet war“ (Mk. 6,52). Das Herz ist das Zentrum unseres Denkens, Fühlens und Seins. Dass das Herz der Jünger verhärtet war, heißt also so viel wie: Sie konnten und sie wollten nicht an den wahren Jesus glauben. Leider sind oftmals auch unsere Herzen verhärtet, sodass wir nicht auf Christus ausgerichtet sind, der sich uns in seinem Wort geoffenbart hat. Es ist kein Spiel, an Jesus zu glauben, sondern lebensernst.
Vielleicht haben manche diesen, das Leben verändernden Glauben noch nie gelebt und ihr Herz ist noch immer verhärtet. Für alle diejenigen, die sich diesen lebensverändernden Glauben wünschen, habe ich eine gute Nachricht. Auch für alle diejenigen habe ich eine gute Nachricht, die diesen Glauben, der mit Jesus verbindet, bereits haben, aber die so oft feststellen müssen, dass sie trotzdem Christentum oftmals nur spielen, anstatt Jesus wirklich zu glauben. Die Nachricht lautet: Der ICH BIN, der, der einst zu Mose sagte Ich bin, der ICH BIN, er ist zu uns gekommen, er ist Fleisch geworden. Genau das sollten die Jünger in jener Nacht auf dem tosenden See kapieren.
Für alle diejenigen, die sich diesen Glauben wünschen, bleibt nichts anderes übrig, als sich an die Versprechen zu klammern, die ICH BIN, die der ewige Gott von alters her gegeben hat. Ich denke hier zum Beispiel an die Verheißung Gottes durch den Propheten Hesekiel. Dieser Mann verhieß dem Volk Gottes ein neues Herz. Er verhieß ihnen, dass er ihr verhärtetes Herz, das steinerne Herz, wegnehmen will und ihnen dafür ein fleischernes Herz geben will, das ausgerichtet ist auf Gott und so Veränderung des Lebens bewirkt. Gott selbst hat versprochen, dass er ein solches fleischernes Herz in uns schaffen wird.
Wie bekommen wir dieses Herz? Wir bekommen es, indem wir im Glauben dahin blicken, wo der ICH BIN, der Gott Israels, sich selbst geopfert hat, um diese seine Verheißung zu erfüllen. Wir bekommen dieses Herz im Blick auf das Werk Christi am Kreuz. Deshalb lasst uns im Glauben dorthin fliehen. Dort erkennen wir, dass Jesus Gott ist. Dort lernen wir zu verstehen, dass Jesus Christus uns schon liebte, als wir noch Sünder waren. An diesem Kreuz hat Gott in menschlicher Gestalt, hat der ICH BIN die Strafe getragen, die eigentlich die Menschen hätte treffen müssen. Auf alle Versprechen Gottes finden wir in Jesus das Ja und das Amen. Das Ja Gottes finden wir am Kreuz Christi! Wer dieses fleischerne Herz will, der nehme seine Zuflucht zum Kreuz. Wer zu Jesus gehören möchte, wer echten Glauben will, wer verändernden Glauben sucht, der eile im Glauben zum Kreuz. Denn dort, und ausschließlich dort, finden wir die Gnade Gottes.
Am Ende ist es der Glaube an Christus, der den Unterschied ausmacht zwischen der Menge, die Christus zum Brotkönig machen wollte, und den Jüngern, die schließlich erkannten, wer Jesus Christus in Wahrheit ist. Es ist der Glaube an Christus, der den Unterschied ausmacht, ob wir Christus erkennen oder nicht, ob wir uns einen selbstfabrizierten Erlöser basteln oder ob wir bei dem wahren Erlöser unsere Zuflucht nehmen. Christsein ist kein Spaß. Der Glaube an Christus ist kein Spiel. Wir glauben an den, der die Welt geschaffen hat und der aufgrund seiner unvorstellbaren Liebe den Seinen souverän das ganze Heil geschaffen hat.
Amen.